Industrie ist Treiber für Innovationen
Der weitaus größte Teil aller Patentanmeldungen aus Deutschland geht auf Industrieunternehmen und die mit ihnen eng verbundenen Dienstleister zurück. Am höchsten ist der Patentanteil der Industrie in jenen Bundesländern, in denen die innovativen Branchen des Verarbeitenden Gewerbes besonders stark vertreten sind.
- Im bundesweiten Durchschnitt stammen nach jüngsten Zahlen 86 Prozent aller Patentanmeldungen von Industrieunternehmen und den eng mit ihnen verbundenen Dienstleistern.
- Mit teils über 90 Prozent besonders hoch ist der Patentanteil der Industrie in den westdeutschen Flächenländern Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bayern, im weniger industriell geprägten Ostdeutschland sind die Anteile teils deutlich niedriger.
- Die Ergebnisse beruhen auf einer Auswertung der modular aufgebauten IW-Patentdatenbank. Mit ihr hat das Institut der deutschen Wirtschaft ein Alleinstellungsmerkmal am Markt, erklärt IW-Economist Enno Röben im iwd-Interview.
Konkurrenz belebt das Geschäft – zwingt Unternehmen aber auch dazu, den Wettbewerbern stets um einen Schritt voraus zu sein. Das gilt ganz besonders für die deutsche Industrie, die oft weltweit um Marktanteile ringt. Punkten kann sie dabei angesichts der Rahmenbedingungen am heimischen Standort nur selten mit günstigen Kosten, dafür aber mit modernsten Produkten und Verfahren.
Um diesen Vorteil zu bewahren, müssen hiesige Firmen immer wieder Innovationen hervorbringen. Wie eine Auswertung der IW-Patentdatenbank ergibt, ist die Industrie in der Tat quer durch die Republik das Maß der Dinge, wenn es um neue Produktideen und Technologien geht, die beim Deutschen Patent- und Markenamt, dem Europäischen Patentamt oder der Weltorganisation für geistiges Eigentum angemeldet werden (Grafik):
Im Jahr 2019 – das ist der aktuelle Datenstand – stammten mehr als 86 Prozent aller Patentanmeldungen aus Deutschland von Industrieunternehmen und den mit ihnen eng verbundenen Dienstleistern.
Mit teils über 90 Prozent besonders hoch ist der Patentanteil der Industrie in den westdeutschen Flächenländern Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bayern. Ein Grund dafür ist die Innovationsstärke der Kraftfahrzeugindustrie – keine andere Branche bringt so viele Innovationen hervor –, die in diesen Bundesländern besonders prominent vertreten ist. Unter den Stadtstaaten sticht Hamburg hervor, wo zahlreiche innovationsstarke Unternehmen aus den Bereichen Flugzeug- und Maschinenbau angesiedelt sind.
Mit teils über 90 Prozent besonders hoch ist der Patentanteil der Industrie in den westdeutschen Flächenländern Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bayern.
Die ostdeutschen Bundesländer sind deutlich weniger industriell geprägt, was sich in den entsprechenden Patentanteilen niederschlägt. Am höchsten ist der Wert mit 79 Prozent in Thüringen, wo der Innovationsfokus auf der Optoelektronik im Raum Jena liegt. Sachsen-Anhalt kann dagegen nur 45 Prozent seiner Patentanmeldungen dem Industriesektor zuschreiben.
Die IW-Patentdatenbank ordnet bestimmte industrienahe Dienstleister dem eigentlichen Industriesektor zu. Das ist insofern gerechtfertigt, als viele dieser Dienstleistungsunternehmen exklusiv für Industriekonzerne tätig sind und für diesen im Verbund Innovationen entwickeln. Doch selbst wenn man die industrienahen Dienstleister herausrechnet, bleibt der industrielle Kernsektor mit einem bundesweiten Anteil von mehr als 78 Prozent die treibende Kraft bei den Patentanmeldungen aus Deutschland.
Was ist die Patentdatenbank und warum ist sie für das IW wichtig?
Die Patentdatenbank enthält alle Patentanmeldungen seit 1994, die mindestens eine Schutzwirkung für Deutschland ersucht haben. Die Informationen strukturieren wir in verschiedenen Modulen. So können wir beispielsweise für Erfinder anhand der Zuordnung zu ihrer Kombination aus Postleitzahl und Ort die Daten präzise regional auswerten. Und bei natürlichen Personen ermöglicht der Vorname – meistens – Rückschlüsse auf das Geschlecht und auf das Herkunftsland.
Das Alleinstellungsmerkmal der Patentdatenbank stärkt die Wettbewerbsposition des IW.
Bei den Patentanmeldungen von juristischen Personen schauen wir, ob es sich etwa um eine Universität, ein Forschungsinstitut oder ein Unternehmen handelt – und in letzterem Fall auch, wie groß es ist und zu welcher Branche es gehört.
Durch die Kombination der Module können wir zum Beispiel sagen, wie viele Patentanmeldungen weiblicher Erfinder mit vermutlich ausländischen Wurzeln einem bestimmten Automobilunternehmen zuzuordnen sind. Damit hat die Patentdatenbank, soweit wir wissen, ein Alleinstellungsmerkmal am Markt. Solche Merkmale sind für ein Institut wie das IW wichtig und stärken dessen Wettbewerbsposition.
Woher kommen die Daten und wie regelmäßig werden sie fortgeschrieben?
Wir bekommen vom Deutschen Patent- und Markenamt einmal pro Woche Dateien mit allen neuen Patentanmeldungen zugeschickt, das sind mittlerweile insgesamt etwa acht Millionen Datensätze. Außerdem beziehen wir halbjährlich das Register des Europäischen Patentamts. Mit diesen Daten sind wir stets auf dem aktuellen Stand. Aufgrund der Offenlegungsfristen für Patentanmeldungen bedeutet das, dass wir seit Juni den Patentjahrgang 2019 auswerten können.
Welche Forschungsfragen in Zusammenhang mit der Patentdatenbank stehen künftig auf der Agenda?
Wir sind dabei, die Patentdatenbank um internationale juristische Personen zu erweitern. Auf dieser Basis planen wir dann, die vorhandene Analyse zur deutschen Kfz-Industrie auf die internationale Ebene auszudehnen und zu schauen, wie es um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilfirmen bestellt ist.