Kfz-Branche Lesezeit 4 Min.

Autohersteller bauen Führung bei Patenten aus

Die deutschen Autobauer haben ihren Vorsprung bei den Patentanmeldungen in den vergangenen Jahren gegenüber anderen Branchen stark ausgebaut, wie eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt. Die technologischen Schwerpunkte haben sich dabei verschoben. Besonders in den Bereichen Elektronik und Digitalisierung konnten die Hersteller zulegen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Autohersteller haben ihre führende Rolle bei den Patenten ausgebaut. Zwischen 2005 und 2016 konnten sie die Zahl ihrer Patentanmeldungen von etwa 9.800 auf mehr als 16.700 steigern.
  • Die Patenteinreichungen für den konventionellen Antrieb sind gemessen an allen Anmeldungen der Branche stark zurückgegangen, im Bereich Elektrik, Elektronik und Sensoren konnten die Autobauer zulegen.
  • Im Vergleich zu ihren Zulieferern ist die Automobilindustrie in Deutschland in ihrer Patentaktivität deutlich breiter aufgestellt.
Zur detaillierten Fassung

Fortschritt und Innovationskraft sind in Deutschland seit Jahrzehnten eng mit der Automobilindustrie verbunden, denn die Hersteller investieren kräftig in die Forschung:

Im Jahr 2017 beliefen sich die Innovationsausgaben der Automobilindustrie in Deutschland auf 47,4 Milliarden Euro.

Damit war sie für mehr als ein Viertel aller Investitionen der deutschen Wirtschaft in Forschung und Entwicklung verantwortlich.

Dass sich diese Ausgaben lohnen, zeigt eine Auswertung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) auf der Basis von Daten des deutschen Patent- und Markenamts.

Demnach waren im Jahr 2016 rund 47 Prozent aller Patentanmeldungen von Unternehmen in Deutschland auf die Kfz-Branche zurückzuführen. Die Wissenschaftler beziehen in ihre Betrachtung neben der Autoindustrie auch Hersteller von anderen landgebundenen, straßentauglichen Kraftfahrzeugen vom Mähdrescher bis zum Panzer ein. Diese machen aber nur einen ziemlich geringen Anteil an den Anmeldungen aus.

Automobilindustrie baut führende Position aus

Nicht dabei sind Patentanmelder mit Sitz im Ausland, wie etwa der US-Autobauer Ford, der seine Patente über eine Gesellschaft in Michigan anmeldet. Ebenfalls ausgeschlossen sind Anmeldungen für Schienenfahrzeuge oder Gabelstapler.

Unter dem Strich haben die Autohersteller ihre führende Position ausgebaut (Grafik):

Im Vergleich zu 2005 konnte die Automobilindustrie ihre Patentanmeldungen bis 2016 um gut 70 Prozent steigern.

Patentanmeldungen in Deutschland im Überblick Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

In absoluten Zahlen bedeutet dies einen Sprung von etwa 9.800 auf mehr als 16.700 Anmeldungen.

Bemerkenswert ist das auch mit Blick auf die deutsche Gesamtbilanz. Denn unterm Strich ist die Zahl der Erstanmeldungen, an denen mindestens ein Anmelder aus Deutschland beteiligt war, zwischen 2005 und 2016 nur um 3,4 Prozent gestiegen – konkret von rund 37.800 auf 39.100. Ohne die Stärke der Kfz-Branche hätte es folglich einen deutlichen Rückgang gegeben.

Das IW hat darüber hinaus analysiert, in welchen Technologiesparten die Patente der Kfz-Branche angemeldet wurden. Dazu wurden acht verschiedene Technologiebereiche festgelegt. Die erste Erkenntnis: Insgesamt stieg die Zahl der Patentanmeldungen zwischen 2005 und 2016 in allen acht Bereichen um mindestens 14 Prozent. Aus der genauen Auswertung der Verteilung lassen sich zudem Rückschlüsse auf die Ausrichtung der Kfz-Branche ziehen (Grafik).

Seit 2008 ist der Anteil der Patenteinreichungen für den konventionellen Antrieb gemessen an allen Anmeldungen der Branche stark zurückgegangen. Im Jahr 2016 war er mit 26,7 Prozent 6,4 Prozentpunkte niedriger als acht Jahre zuvor.

So viel Prozent der Patentanmeldungen in der Autoindustrie entfielen auf diese Bereiche Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Im Gegensatz dazu ist der Anteil des Bereichs Elektrik, Elektronik und Sensoren deutlich gestiegen – von 2005 bis 2016 um 8,2 Prozentpunkte. In absoluten Patentzahlen bedeutet dies ein Plus von gut 170 Prozent. Dieser Technologiebereich konnte im Betrachtungszeitraum das bei Wei-tem stärkste Wachstum verbuchen.

Im Vergleich zu 2005 konnte die Automobilindustrie ihre Patentanmeldungen bis 2016 um gut 70 Prozent steigern.

Neben Erfindungen zur elektronischen Datenverarbeitung gehören zu diesem Cluster schwerpunktmäßig Sensoren, aber auch Bauteile zur Wandlung von chemischer in elektrische Energie sowie die Steuerungs- und Regelungselektronik. All dies wird im Wesentlichen für die Batterietechnik benötigt. Tatsächlich sind unter den 15 meistverwendeten Technologieklassen der Kfz-Industrie drei, die sich der Batterietechnik zurechnen lassen. Zwei weitere befassen sich mit Hybridantrieben.

In den Bereichen Digitalisierung und Sonstige Patente sind viele Zukunftsthemen dem autonomen Fahren zuzurechnen. Es zeichnet sich eine Verschiebung von den klassischen hin zu elektrifizierten Antriebssträngen ab.

Autobauer breiter aufgestellt als ihre Zulieferer

Bei der Bewertung der Daten muss man berücksichtigen, dass die Patentanmeldungen die Forschungsleistungen der Vorjahre abbilden. Bedingt durch eine 18-monatige Frist bis zur Offenlegung der Patentschrift lassen sich Daten auch nur mit zusätzlicher Verzögerung erfassen. Das erste Umdenken hat bei den Autoherstellern also bereits vor Beginn des Dieselskandals im September 2015 stattgefunden. Der anschließende durchgreifende Strategiewechsel der großen Autobauer dürfte sich deshalb in den kommenden Jahren in der Patentstatistik deutlich bemerkbar machen und die angesprochene Verschiebung weiter verstärken.

Unterscheidet man bei den aktuellen Daten zwischen Herstellern und Zulieferern, lassen sich weitere Erkenntnisse gewinnen:

Die Autobauer sind in ihrer Patentaktivität deutlich breiter aufgestellt als ihre Zulieferer.

Ein Viertel ihrer Anmeldungen im Jahr 2016 entfiel auf den Bereich Elektrik, Elektronik und Sensoren. Aber auch Segmente wie Fahrzeugkomponenten oder Anordnungen, Verfahren und Werkzeuge waren Schwerpunkte der Hersteller. Patente im Bereich der konventionellen Antriebsstränge kamen dagegen – anders als man es von Autobauern erwartet – nur auf einen Anteil von 14,5 Prozent.

Im Gegensatz dazu hatten von den Patentanmeldungen der zehn umsatzstärksten Zulieferer 2016 noch mehr als 36 Prozent einen Bezug zum konventionellen Antriebsstrang. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Getriebetechnik. Die weniger umsatzstarken Zulieferer wiesen dagegen einen deutlich geringeren Anteil in dieser Kategorie auf.

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