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Händler erreichen Kunden verstärkt online

Die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie treffen auch den stationären Einzelhandel hart. Allerdings haben die Bundesbürger die verbliebenen Shoppingoptionen im vergangenen Jahr durchaus genutzt, sodass einige Handelssparten beachtliche Zuwächse erzielen konnten. Vor allem der Online-Handel hat durch Corona einen zusätzlichen Schub bekommen. Davon profitieren aber nicht nur die großen Internethändler.

Kernaussagen in Kürze:
  • In der Corona-Pandemie shoppen die Bundesbürger verstärkt online – die Umsätze im Internet- und Versandhandel stiegen 2020 um fast 25 Prozent.
  • Zu den Wachstumssparten des Einzelhandels gehörten 2020 unter anderem der Bau- und Heimwerkerbedarf, die Fahrrad- und Campingsparte sowie alles rund ums Haustier.
  • Im Lockdown haben auch kleinere Einzelhändler ihre Kunden verstärkt über digitale Kanäle erreicht.
Zur detaillierten Fassung

Beim Thema Einzelhandel in Corona-Zeiten fällt wohl jedem zunächst ein, was seit einem Jahr nur noch unter erschwerten Bedingungen oder gar nicht mehr geht: sich mit Freunden zum entspannten Einkaufsbummel verabreden, im Lieblings-Fashionstore stöbern, mit dem Verkaufspersonal plaudern und sich ausgiebig beraten lassen. Stattdessen sind die Innenstädte oft verwaist und die Geschäfte zumindest phasenweise dicht.

Ist also die Lage für den Handel in Deutschland durchweg katastrophal? Nein – schließlich ist die Branche äußerst vielfältig und von den Maßnahmen gegen die Pandemie sehr unterschiedlich betroffen. Zudem haben die Bundesbürger das Beste aus der Situation gemacht und den Einkaufsbummel noch häufiger als zuvor ins World Wide Web verlegt (Grafik):

Die Umsätze im Versand- und Internethandel stiegen im vergangenen Jahr um fast 25 Prozent beziehungsweise gut 19 Milliarden Euro.

Umsatzzuwächse im Jahr 2020 gegenüber 2019 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die Deutschen saßen und sitzen in der Pandemie aber nicht nur vor dem Rechner, viele haben die Zeit im Lockdown offenbar genutzt, die eigenen vier Wände mit viel Einsatz zu verschönern. Dies schlägt sich auch in der Einzelhandelsstatistik nieder:

Für Farben, Kleister und sonstigen Heimwerkerbedarf gaben die Bundesbürger 2020 fast 15 Prozent mehr Geld aus, der Umsatz stieg um gut 3 Milliarden Euro.

Dazu passend erhöhte sich auch der Umsatz mit sonstigen Metall- und Kunststoffwaren um annähernd 13 Prozent – zu dieser Warengruppe gehören unter anderem Fenster, Türen, Werkzeuge sowie Schrauben und Nägel.

CoronaTrends: Tapetenwechsel, Kaffeegenuss und Vierbeiner

Der Wunsch, es sich zu Hause gemütlich zu machen, lässt sich aber noch in weiteren Warengruppen an den Zahlen für 2020 ablesen. Gegenüber 2019 legten zum Beispiel die Umsätze mit Vorhängen, Teppichen, Bodenbelägen und Tapeten um mehr als 10 Prozent zu. Zudem haben Erika Mustermann und Otto Normalverbraucher offenbar auch die Haushaltsausstattung auf Vordermann gebracht und sich eine sparsamere Waschmaschine oder den neuesten Kaffeevollautomaten gegönnt. Jedenfalls gehörten die elektrischen Haushaltsgeräte mit einem Umsatzplus von 9 Prozent ebenfalls zu den Wachstumssparten im Einzelhandel von 2020. Auch Glas- und Keramikwaren haben vom Trend zum schöneren Wohnen profitiert.

Die ganze Zeit zu Hause sitzen wollten die Bundesbürger allerdings auch nicht – zumal das oft warme und sonnige Wetter schon im Frühjahr nach draußen lockte. Und so griffen die Verbraucher zu neuen Sport-Outfits, ersetzten den alten Drahtesel durch ein schickes (E-)Bike und legten sich ein Zelt oder gar ein Wohnmobil für den – coronakonformen – Campingurlaub zu. Unterm Strich ließ dies den Umsatz mit den entsprechenden Produkten um gut 14 Prozent beziehungsweise 1,5 Milliarden Euro steigen.

Ein weiterer Trend in Corona-Zeiten war, sich den Wunsch nach einem Haustier zu erfüllen:

Die Neuanschaffung und Versorgung der meist vierbeinigen Lieblinge ließen sich die Deutschen 2020 rund 9 Prozent mehr kosten als im Jahr zuvor – das bedeutete für den Handel ein Umsatzplus von fast 260 Millionen Euro.

Summa summarum haben die zusätzlichen Umsätze in den genannten Sparten sowie die höheren Einnahmen der Supermärkte dem Einzelhandel in Deutschland im Jahr 2020 zu einem Zuwachs von gut 5 Prozent verholfen. Insgesamt setzte die Branche mehr als 634 Milliarden Euro um.

Der Anteil des über digitale Kanäle erzielten Umsatzes im deutschen Einzelhandel hat sich seit 2010 fast vervierfacht.

Die Maßnahmen gegen die Pandemie haben dabei die Entwicklung hin zu mehr digitalen Verkaufskanälen beschleunigt. Nicht nur der Versand- und Internethandel auf den großen Plattformen boomte – auch Einzelhandelsunternehmen, die nur bestimmte Warengruppen anbieten und sich früher auf das klassische Ladengeschäft beschränkten, gehen nun neue Wege. Dies lässt sich belegen, wenn man die Umsätze, die über digitale Kanäle verbucht wurden, gemäß der Abgrenzung des Statistischen Bundesamts für alle Warengruppen aufsummiert (Grafik):

Im Jahr 2020 wurden 15 Prozent des Umsatzes im deutschen Einzelhandel über digitale Kanäle erzielt – zehn Jahre zuvor waren es noch weniger als 4 Prozent.

Umsatz im Einzelhandel insgesamt und im Online-Handel in Millionen Euro Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Allein im vergangenen Jahr erhöhte sich der Anteil des Online-Shoppings um 2,3 Prozentpunkte.

Kundenkontakt per Telefon und E-Mail

Welche Wege der Handel dabei im Einzelnen ging und geht, lässt sich anhand einer Umfrage des Handelsverbands Deutschland vom Januar dieses Jahres nachvollziehen. Um mit dem Lockdown und den damit verbundenen Ladenschließungen zurechtzukommen, haben die Einzelhändler zu diversen anderen Verkaufsoptionen gegriffen (Grafik):

Mehr als drei Viertel der Händler bedienen die Kunden infolge des Lockdowns über Telefon und E-Mail.

So viel Prozent der vom Lockdown betroffenen Händler in Deutschland nutzen diese Verkaufskanäle Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Dieser hohe Wert dürfte nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, dass die Geschäftsinhaber „Click & Meet“ sowie „Click & Collect“ anbieten, bei denen die Kunden feste Termine zum Shoppen buchen beziehungsweise Waren zur Abholung bestellen können.

Drei von fünf Einzelhändlern nutzen im Lockdown Social-Media-Kanäle, um auf ihr Sortiment, besondere Aktionen oder Ähnliches aufmerksam zu machen und so den Umsatz zu sichern. Immerhin gut jeder dritte Einzelhändler verkauft seine Produkte über einen vorhandenen oder neu eingerichteten eigenen Online-Shop. Knapp jeder Vierte platziert sein Angebot auf großen digitalen Marktplätzen wie Amazon; jeder zehnte Händler präsentiert sich auf kleineren, regionalen Online-Marktplätzen.

Damit bietet der E-Commerce den Einzelhandelsunternehmen quer durch die Sparten nicht nur die Chance, trotz Lockdowns weiterhin Umsätze zu erzielen. Auch nach dem Ende der Pandemie könnte eine Strategie, die den klassischen Verkauf über die Ladentheke um digitale Kanäle ergänzt, ein Erfolg versprechender Weg für die Händler sein.

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