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Gleichstellung kommt nicht voran

Trotz gesetzlicher Verpflichtung und entgegen selbst gesteckten Zielen kommt die Bundesverwaltung bei der Gleichstellung nicht wirklich voran: In den 24 obersten Bundesbehörden sind die meisten Vorgesetzten immer noch Männer.

Kernaussagen in Kürze:
  • Im Jahr 2018 beschäftigten 22 der 24 obersten Bundesbehörden weniger Frauen als Männer in Führungspositionen.
  • Sowohl in Deutschland als auch in den USA liegt der Frauenanteil in leitenden Funktionen bei lediglich etwa ein Drittel.
  • Ob die Bundesregierung ihr Ziel erreichen wird, die Führungspositionen des öffentlichen Dienstes bis 2025 zu gleichen Teilen mit Frauen und Männern zu besetzen, ist aus heutiger Sicht fraglich.
Zur detaillierten Fassung

Als Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) im März 2018 unter dem Titel „Führungsmannschaft des BMI komplett“ ein Foto mit neun Männern veröffentlichen ließ, erzeugte er damit eine größere Protestwelle. Die Öffentlichkeit nahm ihm nicht nur übel, dass er acht Staatssekretäre berufen hatte, sondern auch, dass keine einzige Frau darunter war.

Auch sein Parteikollege, Verkehrsminister Andreas Scheuer, hat ausschließlich Männer zu Staatssekretären ernannt.

Zwar gelten mit dem Frauenfördergesetz von 1994 und dem Bundesgleichstellungsgesetz von 2001 seit 25 Jahren gesetzliche Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in der Bundesverwaltung, dennoch sind sie dort nach wie vor unterrepräsentiert – und zwar auf fast allen Leitungsebenen, wie der im Juni veröffentlichte Gleichstellungsindex zeigt (Grafik):

22 der 24 obersten Bundesbehörden beschäftigen weniger Frauen als Männer in Leitungsfunktionen.

So viel Prozent der Leitungsfunktionen in den obersten Bundesbehörden waren 2015 bzw. 2018 mit Frauen besetzt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Dabei ist von den fast 29.000 Beschäftigten in 23 obersten Bundesbehörden – die Mitarbeiter der Bundesbank werden wegen eines anderen Personalsystems hier nicht mitgezählt – etwas mehr als die Hälfte weiblich. Von den Leitungspositionen ist allerdings nur rund ein Drittel mit Frauen besetzt.

Bei den Beschäftigten mit Vorgesetzten- oder Leitungsaufgaben in der Laufbahngruppe des höheren Dienstes werden auch politische Leitungsämter betrachtet, nicht aber das jeweils höchste politische Leitungsamt wie Ministerinnen und Minister, Präsidentinnen und Präsidenten oder vergleichbare Positionen.

Große Unterschiede zwischen den Ministerien

Den größten Zuwachs von Frauen in Führungspositionen gab es bei der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien: Der Anteil der Chefinnen in dieser Behörde stieg zwischen 2015 und 2018 von knapp 39 auf gut 47 Prozent. Den größten Rückschritt hat das Auswärtige Amt gemacht:

Zwischen 2015 und 2018 sank der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Außenministerium um fast 5 Prozentpunkte auf 20,5 Prozent.

Zudem beschäftigen 15 der 23 obersten Bundesbehörden sowie die Bundesbank auch weniger Frauen als Männer im höheren Dienst. Unterrepräsentiert sind weibliche Beschäftigte vor allem im Auswärtigen Amt mit 35 Prozent, im Verteidigungsministerium mit 37 Prozent und beim Bundesrechnungshof mit 38 Prozent.

Nachholbedarf auch in den USA

Machen es andere Länder besser? Der Blick über den Großen Teich zeigt, dass es Frauen in den obersten Behörden der USA ähnlich schwer haben wie hierzulande: Vergleicht man den Anteil der Frauen an den knapp 2.800 Führungspositionen der 23 obersten Bundesbehörden in Deutschland mit jenem an den 7.900 Leitungspositionen in den 75 obersten US-amerikanischen Behörden einschließlich der Ministerien, so fällt auf, dass der Frauenanteil jeweils lediglich etwa ein Drittel beträgt (Grafik).

So viel Prozent der Leitungsfunktionen in obersten Behörden in Deutschland bzw. den USA waren mit Frauen besetzt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Zwar hatte die amerikanische Bundesverwaltung noch unter Präsident Barack Obama 2016 in ihrer Diversity-Strategie das Ziel formuliert, die Chancengleichheit zu erhöhen und besser messbar zu machen, doch an den Zahlen ist noch kein Fortschritt ablesbar.

Deutsche Ministerin besorgt über fehlende Fortschritte

Auch die deutsche Frauenministerin Franziska Giffey zeigte sich nach der Veröffentlichung des aktuellen Gleichstellungsindexes enttäuscht: „Ich sehe mit Sorge, dass sich insgesamt zehn oberste Bundesbehörden in Bezug auf ihren Frauenanteil in Führungspositionen gegenüber dem Vorjahr verschlechtert haben. Nur elf Behörden konnten sich verbessern und bei zweien ist der Frauenanteil an Führungspositionen unverändert geblieben. Das ist kein relevanter Fortschritt.“

Ob die Bundesregierung ihr Versprechen halten wird, bis 2025 die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Leitungsfunktionen des öffentlichen Dienstes zu erreichen, erscheint aus heutiger Sicht fraglich.

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