Der Informationsdienst
des Instituts der deutschen Wirtschaft

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Interview Lesezeit 5 Min.

„Gesundheit ist der wichtigste Glücksbringer“

Schon immer haben die Menschen darüber gerätselt und philosophiert, was Glück ist. Die Glücksforschung dagegen ist relativ neu. Was diese Disziplin inzwischen herausgefunden hat, darüber sprach der iwd mit den Autoren des Buches „Glück für alle?“. Dominik Enste ist Verhaltensökonom und Geschäftsführer der IW Akademie, Lena Suling ist dort Referentin für den Studiengang „Behavioral Ethics, Economics and Psychology“ und Theresa Eyerund leitet das IW-Projekt „Zukunft der Arbeit“.

Kernaussagen in Kürze:
  • Glück lässt sich zu einem gewissen Grad objektiv erfassen, sagt Theresa Eyerund. Glückliche Menschen seien meist produktiver, engagierter und hätten eine höhere Gedächtnisleistung.
  • Politische Stabilität und ein demokratisches System sowie eine möglichst geringe Arbeitslosenquote können das Glück von Bürgern positiv beeinflussen, ergänzt Dominik Enste.
  • Auch für Unternehmen spielt die Zufriedenheit der Mitarbeiter eine wichtige Rolle, sagt Lena Suling. Führungsstil und Betriebsklima können einen großen Einfluss darauf haben
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Glück ist zweifellos ein schönes Wort, doch was bedeutet es eigentlich, glücklich zu sein?

Eyerund: Mit dieser Frage beschäftigen sich die Menschen seit jeher, und wir alle wissen, dass die Antwort nicht nur subjektiv ist, sondern auch mal so, mal so ausfallen kann – je nach Lebenssituation. Doch es gibt auch objektive Faktoren. Glückliche Menschen haben beispielsweise mehr Energie: Sie sind meist produktiver, engagierter und haben eine höhere Gedächtnisleistung. Außerdem fühlen sich glückliche Menschen nicht nur gesünder, sie sind es auch. Glück kann also vor Krankheiten schützen und das Leben verlängern. Umgekehrt gilt: Gesundheit ist der wichtigste Glücksbringer.

Wie wird das Glück wissenschaftlich überhaupt gemessen?

Suling: Es gibt einmal die Möglichkeit, es objektiv zu messen, etwa die Konzentration von Stresshormonen wie Kortisol im Blut. Oder auch durch die Befragung von nahestehenden Personen. Gängiger ist jedoch die Befragung der Personen selbst. Dabei gibt es zwar einige Schwierigkeiten, valide Ergebnisse zu bekommen, doch mittlerweile wissen wir, dass solche Befragungen die verlässlichsten Daten liefern.

Arbeitslosigkeit ist der größte Unglücksfaktor und reduziert das Wohlbefinden im Schnitt sogar mehr als eine Scheidung, Trennung oder gar der Tod des Partners.

Antworten die Menschen denn ehrlich – oder beschönigen sie eher?

Enste: Es gibt natürlich zufällige Stimmungseinflüsse, zum Beispiel überschätzt jemand seine Situation, wenn er zuvor Geld gefunden hat. Aber wenn man fünfmal die gleiche Frage stellt, nur eben auf unterschiedliche Art, dann bekommt man verlässliche Ergebnisse. Deshalb fragen wir auch nicht direkt nach dem persönlichen Glücksgefühl – das betrifft eher die momentane Stimmung –, sondern ganz allgemein nach der Lebenszufriedenheit insgesamt.

Kann der Einzelne denn seine Lebenszufriedenheit erhöhen?

Eyerund: Ja, in gewissem Umfang durch seine Lebensführung. Soziale Kontakte zum Beispiel haben einen starken positiven Einfluss. Dabei zählt aber mehr die Qualität der Beziehungen als die Anzahl der sozialen Kontakte. Wir sind am glücklichsten, wenn wir mit Freunden und Familie zusammen sind, mit Vorgesetzten oder allein eher weniger.

Und was bedeutet die Ehe fürs Glück?

Eyerund: Grundsätzlich sind Menschen ohne Partner signifikant weniger glücklich als solche in einer festen Beziehung. Doch selbst eine Hochzeit bedeutet nicht immer das ewig andauernde, pure Lebensglück: Zwar steigt die Zufriedenheit kurz vor und nach der Heirat. Doch nach einem Jahr sinkt sie meist wieder auf ihr Ursprungsniveau.

Pech in der Liebe, Glück im Beruf?

Enste: Das müsste man einmal untersuchen – aber im Ernst: Die Erwerbstätigkeit genießt in unserer Gesellschaft einen hohen Stellenwert und ist zentral für eine hohe Lebenszufriedenheit. Das zeigt sich besonders deutlich, wenn sie weg ist: Arbeitslosigkeit ist der größte Unglücksfaktor und reduziert das Wohlbefinden im Schnitt sogar mehr als eine Scheidung, Trennung oder gar der Tod des Partners. Nach diesen Ereignissen steigt die Lebenszufriedenheit nach einiger Zeit wieder an – bei Arbeitslosigkeit bleibt sie dagegen dauerhaft niedriger.

Sollte Glück dann auch bei uns ein Staatsziel werden, wie in Bhutan?

Theresa Eyerund (v.l.), Dominik Enste und Lena Suling haben zusammen das Buch "Glück für alle? - Eine interdisziplinäre Bilanz zur Lebenszufriedenheit" geschrieben; Foto: IW Medien Eyerund: Die Idee ist natürlich schön, aber man darf die Gefahren nicht übersehen. Glückspolitik kann schnell in eine Art Glücksdiktatur münden. Das Glück vieler Menschen würde auf Kosten Einzelner angestrebt werden und wäre möglicherweise ein willkürlicher Eingriff in die persönlichen Freiheitsrechte. Dies vermindert dann die Lebenszufriedenheit. Staaten, die ihren Bürgern viele Freiheiten einräumen, weisen dagegen durchschnittlich eine größere Zufriedenheit auf.

Enste: Es gibt aber auch Wege, wie die Politik positiv auf das Glück der Bürger einwirken kann, ohne sie in ihrer Freiheit einzuschränken. Dazu gehören politische Stabilität und ein demokratisches System sowie eine möglichst geringe Arbeitslosenquote. Diese Faktoren können zur höheren Lebenszufriedenheit entscheidend beitragen. Die Soziale Marktwirtschaft hat sich in dieser Hinsicht als gutes System erwiesen.

Welche Staaten haben denn besonders viele glückliche Einwohner? Und was genau machen diese Staaten besser?

Suling: Wie so oft sind die skandinavischen Länder ganz vorne, doch was einzelne Staaten konkret besser machen, lässt sich schwer sagen – da spielen kulturelle Einflüsse und Werte eine große Rolle.

Trotzdem gibt es auffallende Unterschiede zwischen individualistischen und kollektivistischen Ländern.

Eyerund: Das stimmt, und der Grund dafür ist, dass die Menschen in individualistisch geprägten Ländern wie den USA dazu neigen, optimistischer zu sein. Sie messen dem Glück per se eine höhere Bedeutung bei als Menschen in kollektivistischen Ländern wie Japan, wo das Wohl der Gesellschaft einen größeren Stellenwert hat als das persönliche Glück.

Können auch Unternehmen Nutzen aus dem Glück ihrer Mitarbeiter ziehen?

Suling: Die Zufriedenheit der Beschäftigten ist heute für die Unternehmen eine wichtige Ressource. Denn es wird ja immer schwieriger, Mitarbeiter zu gewinnen und langfristig zu binden. Ein hoher Lohn ist für potenzielle Kandidaten kein ausreichendes Kriterium mehr, sich für einen Job zu entscheiden. Der Führungsstil und damit letztlich das Betriebsklima können dagegen erheblichen Einfluss auf die Zufriedenheit haben.

Das hört sich gut an. Aber was genau können die Firmen dafür tun?

Suling: Natürlich müssen die Unternehmen die entsprechenden Rahmenbedingungen vorgeben, dazu gehören eine bessere Einbindung der Mitarbeiter, mehr Eigenverantwortung und eine Kultur des Vertrauens. Doch das A und O ist das persönliche Verhältnis zwischen Führungskraft und Mitarbeiter.

Enste: Wichtig ist vor allem eines: Kollektivität statt Wettbewerb unter den Mitarbeitern. Das haben inzwischen sogar die Unternehmen in den USA, dem Mutterland des Wettbewerbs, verstanden. Dort haben vor ein paar Tagen fast 200 Chefinnen und Chefs neue Grundsätze der Unternehmensführung definiert: Künftig soll nicht das Wohl der Aktionäre im Vordergrund stehen, sondern das der Mitarbeiter und der Gesellschaft.

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