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des Instituts der deutschen Wirtschaft

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Arbeitsmarkt Lesezeit 3 Min.

Geringqualifizierte: Wie Unternehmen weiterbilden

Ein Großteil der Unternehmen in Deutschland rechnet damit, dass Geringqualifizierte – also Personen ohne Berufsausbildung – künftig im Job wachsende Herausforderungen meistern müssen. Entsprechend schulen viele Betriebe diese Mitarbeitergruppe gezielt nach. Dabei hat sich ein Format als besonders erfolgreich erwiesen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Ein Großteil der Unternehmen in Deutschland rechnet mit steigenden Anforderungen an Geringqualifizierte.
  • Um die geringqualifizierten Beschäftigten besser dafür zu wappnen, bilden die Unternehmen sie bereits in größerem Umfang betrieblich weiter.
  • Rund 60 Prozent der Betriebe in Deutschland, die Geringqualifizierte beschäftigen, bieten fachbezogene Schulungen für sie an; gut ein Drittel ermöglicht den Erwerb von Führerscheinen.
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Man muss kein Programmierer, Gefäßchirurg oder Philosophieprofessor sein, um zu erleben, dass Arbeit komplex ist und auch immer komplexer wird. Denn die fortschreitende Automatisierung und Digitalisierung macht sich auch in einfachen Tätigkeitsbereichen, wie sie beispielsweise in der Gastronomie, der Logistik oder im Produzierenden Gewerbe vorkommen, bemerkbar. Viele Routinetätigkeiten verlieren an Bedeutung, an ihre Stelle treten vermehrt interdisziplinäre Arbeitsweisen, die höhere persönliche und soziale Kompetenzen sowie eine stetige Lernbereitschaft erfordern.

Was bedeutet das für Geringqualifizierte? Eine Unternehmensbefragung des IW zeigt, in welchen Bereichen Betriebe in den kommenden fünf Jahren steigende Anforderungen für diese Personengruppe erwarten:

Die Hälfte der Unternehmen rechnet damit, dass Geringqualifizierte künftig flexibler sein müssen. Gut 48 Prozent gehen von höheren Ansprüchen in Sachen Kommunikationsfähigkeit aus, 45 Prozent halten mehr Teamfähigkeit für erforderlich.

Steigende Anforderungen erwarten die Unternehmen auch mit Blick auf die PC-Kenntnisse und nicht zuletzt bei Grundbildungsthemen wie dem Lesen, Schreiben und Rechnen. Das dürfte langfristig herausfordernd werden, denn die nachrückenden Jahrgänge verfügen über geringere Kompetenzen in Mathematik und im Lesen, wie die jüngste IQB-Viertklässleruntersuchung gezeigt hat: Der Anteil der Schüler, der die Mindeststandards im Lesen erreicht, hat sich von 2016 bis 2021 um 8 Prozentpunkte verringert.

Zudem kommen viele Beschäftigte in Helferberufen aus anderen EU-Staaten wie Polen, Bulgarien oder Rumänien in die Bundesrepublik. Diese Arbeitskräfte sind oft der Sprache nicht ausreichend mächtig und haben einen großen Bedarf an Grundbildung.

Weiterbildungen oft im Betrieb

Um die geringqualifizierten Beschäftigten besser für die steigenden Anforderungen im Beruf zu wappnen, bilden die Unternehmen sie bereits in größerem Umfang betrieblich weiter (Grafik):

Rund 60 Prozent der Betriebe in Deutschland, die Geringqualifizierte beschäftigen, bieten fachbezogene Schulungen für sie an; gut ein Drittel ermöglicht den Erwerb von Führerscheinen.

So viel Prozent der Unternehmen führten in den vergangenen fünf Jahren diese Weiterbildungsmaßnahmen für Geringqualifizierte durch Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Auch Team-, Kommunikations- und Lernfähigkeit, Flexibilität, Lese- und Schreibfähigkeiten sowie EDV-Kenntnisse werden oft innerbetrieblich vermittelt. Am seltensten stehen Kurse zur Verbesserung der Rechenfähigkeit auf dem Programm, die jedes 16. Unternehmen offeriert. Ein Vergleich zur Befragung aus dem Jahr 2018 zeigt, dass die Grundbildung in den betrieblichen Schulungsmaßnahmen wichtiger geworden ist.

Um die geringqualifizierten Beschäftigten besser für die steigenden Anforderungen im Beruf zu wappnen, bilden viele Unternehmen sie bereits in größerem Umfang betrieblich weiter.

Damit Weiterbildungsangebote wahrgenommen werden, müssen sie passend für die Zielgruppe sein. Viele Geringqualifizierte haben in der Schule eher schlechte Erfahrungen gesammelt und sind deshalb wenig motiviert, Neues zu lernen. Am besten eignen sich daher für sie arbeitsintegrierte Lernformen (Grafik):

Rund 90 Prozent der Unternehmen, die Weiterbildungen für Geringqualifizierte anbieten, halten das Lernen in der Arbeitssituation, in der beispielsweise Kollegen oder externe Trainer die Beschäftigten vor Ort mit Bezug zu den konkreten Anforderungen am Arbeitsplatz schulen, für ein geeignetes Format.

So viel Prozent der Unternehmen beurteilen diese Weiterbildungsformen als sehr oder eher geeignet für Geringqualifizierte Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Der Vorteil dieser Weiterbildungsform ist, dass Erfolge und Lerneffekte schnell deutlich werden und der Nutzen von Weiterbildung unmittelbar erlebbar ist.

Auch Lehrveranstaltungen in Präsenz wie Seminare, Lehrgänge und Kurse halten fast drei Viertel der Unternehmen für zielführend.

Weiterbildungsangebote im Online-Format oder selbst gesteuertes Lernen mit digitalen Medien wird dagegen nur von etwa jedem vierten Unternehmen als geeignet eingestuft, da diese Angebote in der Regel didaktisch nicht auf die Zielgruppe der Geringqualifizierten zugeschnitten sind. Hinzu kommt die Annahme, dass die Betroffenen selbst sich den Umgang mit digitalen Lernmedien oft nicht zutrauen.

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