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„Für Staatseingriffe braucht es klare Regeln“

Um die Wirtschaft in der Corona-Krise zu stabilisieren, können staatliche Interventionen durchaus gerechtfertigt sein. Diese müssen aber auf klaren Kriterien beruhen, betont IW-Ökonom Christian Rusche. Zudem dürfe der Staat nicht vergessen, die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu verbessern.

Kernaussagen in Kürze:
  • In der Corona-Krise können staatliche Impulse durch Kredite oder Kapitalspritzen helfen, wettbewerbsfähige Unternehmen am Markt zu halten.
  • Es ist aber wichtig, bereits im Vorfeld klare Regeln für Staatseingriffe zu entwickeln.
  • Darüber hinaus gilt es zur Krisenbewältigung aber auch, die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern.
Zur detaillierten Fassung

Unternehmen in Staatseigentum und direkte Eingriffe in wirtschaftliche Abläufe sind mit den Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft nur schwer zu vereinbaren. Dennoch können Eingriffe bis hin zu einer Staatsbeteiligung in einer Krise geboten sein. Der konjunkturelle Einbruch infolge der Corona-Pandemie ist ohnehin eine Besonderheit, denn er ist nicht auf Fehlverhalten des Staates oder der Unternehmen zurückzuführen. In der aktuellen Krise treffen zudem viele negative Faktoren zusammen – Lieferketten waren oder sind gestört, die Unternehmen halten sich mit Investitionen zurück, die Verbraucher geben weniger Geld aus. Die starke Verunsicherung führt darüber hinaus zu einer geringeren Kreditvergabe an neue und etablierte Unternehmen. Somit gefährdet die Krise auch jene Firmen, die eigentlich gesund sind, und neue Unternehmen schaffen es gar nicht erst in den Markt.

Staatliche Impulse zur Krisenbewältigung

In einer solchen Situation können staatliche Impulse durch Kredite oder direkte Kapitalspritzen helfen, der Wirtschaft neue Zuversicht zu geben und wettbewerbsfähige Unternehmen am Markt zu halten.

Es ist wichtig, Regeln für Staatseingriffe zu entwickeln – diese Regeln sollten bereits im Vorfeld einer Unternehmensbeteiligung oder Ähnlichem beschlossen werden.

Christian Rusche ist Economist für Industrieökonomik und Wettbewerb im Institut der deutschen Wirtschaft; Foto: IW Medien Doch weil die finanziellen Mittel des Staates nun einmal endlich sind, gibt es ein Abwägungsproblem. Einerseits sollen die Wirtschaft stabilisiert und Härten für Beschäftigte vermieden werden. Andererseits darf der Modernisierungsprozess der Wirtschaft nicht aufgehalten werden und der Staat kann nicht alle von der Krise Betroffenen retten. Das wäre auch nicht sinnvoll – in einer Marktwirtschaft müssen Unternehmen, deren Produkte nicht mehr gefragt sind, auch scheitern können.

Folglich ist es wichtig, Regeln für Staatseingriffe zu entwickeln. Um willkürliche oder zufallsbedingte Entscheidungen zu vermeiden, sollten diese Regeln bereits im Vorfeld einer Unternehmensbeteiligung oder Ähnlichem diskutiert und beschlossen werden.

 

Sicherheitsinteressen und Netzwerkrelevanz als Kriterien

Eine sinnvolle Voraussetzung für staatliche Interventionen wäre, dass das betreffende Unternehmen ein tragfähiges Geschäftsmodell hat, das nur krisenbedingt vorübergehend nicht funktioniert. Weitere Kriterien sind Sicherheitsinteressen des Staates – wenn ein Unternehmen zum Beispiel über eine zukunftsweisende Technologie verfügt oder sicherheitsrelevante Software entwickelt – oder die Versorgungssicherheit. Darunter fällt auch das Kriterium der Netzwerkrelevanz, das etwa bei der Lufthansa-Beteiligung zur Geltung kam. Ein wichtiger Grundsatz ist aber auch, dass solche Eingriffe in den Markt erst dann infrage kommen, wenn bestehende Hilfen wie Kurzarbeit oder alternative Finanzierungsmöglichkeiten bereits ausgereizt sind.

Wettbewerbsverzerrungen vermeiden, Rahmenbedingungen verbessern

Und auch wenn sich der Staat schließlich an einem Unternehmen beteiligt, gilt es, ökonomische Verzerrungen weitgehend zu vermeiden. Dies bedingt, dass entsprechende Hilfen prinzipiell allen Wettbewerbern in einem Markt zustehen. Zudem darf der Staat die Beteiligung nicht dazu nutzen, aus seiner Sicht sozialpolitisch wünschenswerte Entscheidungen durchzusetzen, die das Unternehmen ansonsten nicht getroffen hätte. Schließlich sollte der Staat Strategien für den schnellstmöglichen Wiederausstieg aus dem Unternehmen entwickeln.

Über all diese Regeln hinaus gilt es zur Krisenbewältigung aber auch, die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern. Hilfreich wäre es zum Beispiel, die Infrastruktur zu modernisieren, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, die steuerliche Forschungsförderung großzügiger zu gestalten oder die Abschreibungsregeln zu reformieren.

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