Firmen investieren mehr denn je in Qualifizierung
In deutschen Unternehmen steht das Thema Weiterbildung so hoch im Kurs wie nie: Fast neun von zehn Firmen haben ihre Mitarbeiter 2019 betrieblich weitergebildet. Allerdings unterscheiden sich die Werte je nach Wirtschaftszweig deutlich. Der Digitalisierungsgrad der Firmen spielt ebenfalls eine zentrale Rolle.
- So viele Firmen wie nie zuvor haben ihre Mitarbeiter 2019 betrieblich weitergebildet.
- Die Mitarbeiter in besonders stark digitalisierten Unternehmen bildeten sich mit 21,2 Stunden am längsten fort.
- Auch finanziell erreichten die Investitionen in die betriebliche Weiterbildung in Deutschland mit 41,3 Milliarden Euro einen neuen Rekordwert.
Das Jahr 2019 war ein Jahr der Rekorde, zumindest mit Blick auf die betriebliche Weiterbildung in Deutschland:
Durchschnittlich 18,3 Stunden bildeten sich Mitarbeiter im vergangenen Jahr beruflich fort – das war exakt eine Stunde mehr als drei Jahre zuvor.
Laut IW-Weiterbildungserhebung hat der Anteil der Firmen, die ihre Mitarbeiter selbst qualifizierten oder qualifizieren ließen, ebenfalls zugelegt (Grafik):
Fast 88 Prozent der befragten Unternehmen investierten im Jahr 2019 in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter.
Der bisherige Höchststand von 86 Prozent datiert auf das Jahr 2013.
Insgesamt und pro Kopf investierten deutsche Unternehmen 2019 in die betriebliche Weiterbildung so viel wie nie zuvor.
Besonders gefragt ist das Lernen im Arbeitsprozess – gut 85 Prozent der Firmen wählen diese Form der Weiterbildung. Erst auf dem zweiten Platz folgen Lehrveranstaltungen, die noch bis 2013 an der Spitze lagen.
Da sowohl mehr Firmen in Weiterbildung investieren, als auch mehr Stunden dafür aufgewendet werden als früher, überrascht es nicht, dass sich die Ausgaben auf eine stattliche Summe addieren:
Die Gesamtinvestitionen in Weiterbildungsmaßnahmen lagen im Jahr 2019 bei 41,3 Milliarden Euro – davon entfielen etwa 21 Milliarden auf die direkten und 20,3 Milliarden auf die indirekten Kosten.
Zu den direkten Kosten zählen beispielsweise die Teilnehmergebühren, Gehälter für interne Dozenten sowie Reisekosten. Indirekte Kosten verursacht die trotz Weiterbildung bezahlte Arbeitszeit, die nicht direkt in die Wertschöpfung des Unternehmens fließt.
Das gesamte Investitionsvolumen in die Weiterbildung ist seit 2016 um 23 Prozent gestiegen; die Pro-Kopf-Ausgaben um knapp 16 Prozent.
Unternehmensnahe Dienstleister investieren am meisten
Besonders viel war die Weiterbildung den unternehmensnahen Dienstleistern – also beispielsweise Banken, Versicherungen und dem Großhandel – wert. Sie ließen sich die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter im Jahr 2019 pro Kopf 1.783 Euro kosten. In der Industrie waren es 1.005 Euro je Beschäftigten. Die gesellschaftsnahen Dienstleister – dazu zählen unter anderem der Einzelhandel und das Gesundheitswesen – investierten 934 Euro pro Person.
Mit Blick auf die Kosten ist es auch interessant zu betrachten, wie sich die vom IW befragten Unternehmen in Sachen staatliche Förderung positionieren: Hier geben 56 der unternehmensnahen Dienstleister an, dass diese Unterstützung in der Regel nicht nötig ist. In der Industrie ist das bei 39 Prozent der Fall. Bei den gesellschaftsnahen Dienstleistern stimmen dem nur noch 29 Prozent zu. Das mag damit zusammenhängen, dass Unternehmen dieser Branche öfter nicht gewinnorientiert arbeiten und entsprechend weniger finanziellen Spielraum haben.
Für alle Branchen gilt: Je mehr geringqualifizierte Mitarbeiter ein Unternehmen beschäftigt, desto eher befürwortet es staatliches Geld für die Qualifizierung.
Staatliche Förderung für bestimmte Personengruppen erwünscht
Fast 73 Prozent der befragten Firmen halten es für wünschenswert, dass der Staat die Weiterbildung bestimmter Personengruppen – etwa älterer Mitarbeiter oder An- und Ungelernter – unterstützt.
Entscheidenden Einfluss auf den Weiterbildungsumfang hat auch, wie digital ein Unternehmen aufgestellt ist. Das IW unterscheidet hier fünf Digitalisierungsgrade (Grafik):
Jene Firmen, die keinerlei neue digitale Technologie einsetzen, kamen 2019 auf knapp 14 Weiterbildungsstunden je Mitarbeiter und Jahr. Die Unternehmen, die an der Digitalisierungsspitze stehen, bildeten ihr Personal im Schnitt mehr als 21 Stunden weiter.
Doch ganz gleich, wie digital die Firmen aufgestellt sind, halten annähernd 80 Prozent steuerliche Erleichterungen bei den Weiterbildungskosten für sinnvoll.
Fehlende Finanzmittel sind allerdings nicht das größte Hemmnis, wenn es um die Weiterbildung der Mitarbeiter geht. Stattdessen nennen die Unternehmen mit jeweils deutlich über 50 Prozent zwei andere maßgebliche Gründe: Zum einen fehlten ihnen im Jahr 2019 schlicht zeitliche Ressourcen für die entsprechende Organisation; zum anderen konnten sie die Mitarbeiter nicht noch länger als bisher im Tagesgeschäft entbehren.