Green Jobs: Fachkräfte für die Energiewende
Um den Umstieg auf eine ökologische und energieeffiziente Wirtschaft in Deutschland voranzutreiben, braucht es gut ausgebildete Arbeitskräfte. Viele Berufsprofile im Bereich der Energiewende fußen auf dem dualen Ausbildungssystem. Politik und Unternehmen müssen alles tun, um mehr Fachkräftenachwuchs für die entsprechenden Bildungsgänge zu gewinnen.
- Erwerbstätige im Bereich der erneuerbaren Energien (EE-Erwerbstätige) benötigen für ihre Arbeit überdurchschnittlich oft eine abgeschlossene Berufsausbildung und sie sind besonders oft in einem produktionsorientierten oder baunahen Beruf tätig.
- EE-Erwerbstätige benötigen häufiger als andere Arbeitskräfte technische Fachkenntnisse. Außerdem müssen sie sich überdurchschnittlich häufig in neue Aufgaben einarbeiten.
- Um die Bildungsgänge im Bereich der erneuerbaren Energien attraktiver zu gestalten, sind unter anderem die Schulen gefordert.
Null – das ist der Nettowert an Treibhausgasemissionen, den Deutschland für das Jahr 2045 anstrebt. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, müssen unter anderem deutlich mehr Windkraftanlagen gebaut, Häuser gedämmt, Heizungen saniert und umweltfreundliche Verkehrssysteme ausgebaut werden.
Nur: Wer soll all diese Bau- und Umrüstungsmaßnahmen vornehmen? Schließlich gab es allein im Handwerk im vergangenen Jahr rund 200.000 unbesetzte Stellen. Und der demografische Wandel führt dazu, dass bis 2036 fast 30 Prozent aller Erwerbspersonen, die dem deutschen Arbeitsmarkt heute zur Verfügung stehen, das Renteneintrittsalter erreichen.
Im Jahr 2018 benötigten insgesamt 67 Prozent der Erwerbstätigen im Bereich der erneuerbaren Energien für ihre Arbeit eine abgeschlossene Berufsausbildung oder einen Fortbildungsabschluss; im Schnitt aller Erwerbstätigen betrug dieser Anteil lediglich gut 58 Prozent.
Damit die Arbeitskräfteengpässe die Energiewende nicht ausbremsen, gilt es gegenzusteuern. Dazu ist es wichtig zu wissen, welche Berufe, Tätigkeiten und Qualifikationen für die ökologische Transformation hauptsächlich benötigt werden. Das IW hat für 2018 – neuere Daten sind nicht verfügbar – jene Erwerbstätigen herausgefiltert, die eine Arbeit im Bereich der erneuerbaren Energien ausüben (EE-Erwerbstätige). Im Jahr 2018 waren das 5,3 Prozent aller Erwerbstätigen in Deutschland – und diese Gruppe unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht vom Gros der Beschäftigten:
- Qualifikation und Berufe. Die Erwerbstätigen in „Green Jobs“ haben ihre Kenntnisse überdurchschnittlich oft auf beruflichem Weg erlangt (Grafik):
Im Jahr 2018 benötigten insgesamt 67 Prozent der Erwerbstätigen im Bereich der erneuerbaren Energien für ihre Arbeit eine abgeschlossene Berufsausbildung oder einen Fortbildungsabschluss; im Schnitt aller Erwerbstätigen betrug dieser Anteil lediglich gut 58 Prozent.
Auch mit Blick auf die ausgeübten Berufe unterscheiden sich die EE-Erwerbstätigen von allen anderen. Das ist naheliegend, schließlich geht es bei der Energiewende vor allem darum, die erforderlichen Güter und Anlagen zu produzieren, zu installieren und zu warten. Die Folge (Grafik):
Von den EE-Erwerbstätigen waren 2018 rund 73 Prozent in einem produktionsorientierten oder baunahen Beruf tätig – gegenüber 23 Prozent aller Erwerbstätigen.
Stark vertreten sind dabei Mechatronik-, Energie- und Elektroberufe sowie Berufe der Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik.
- Fachkenntnisse und Anforderungen. Deutlich häufiger als andere Arbeitskräfte benötigen EE-Erwerbstätige technische Fachkenntnisse: 71 versus 34 Prozent. Zudem gibt fast jeder Zweite an, in Mathematik und Statistik firm sein zu müssen – verglichen mit knapp jedem vierten Erwerbstätigen insgesamt.
Mit Fachwissen allein ist es jedoch nicht getan, auch Flexibilität ist eine gefragte Kompetenz:
Von den EE-Erwerbstätigen müssen sich 51 Prozent häufig in neue Aufgaben einarbeiten – im Schnitt aller Erwerbstätigen ist dieser Anteil rund 10 Prozentpunkte niedriger.
Ein Grund für diesen Unterschied dürfte sein, dass sich die Arbeit auf dem Gebiet der Energiewende fortwährend wandelt. So gaben von den im Jahr 2018 befragten EE-Erwerbstätigen 52 Prozent an, dass in den vorangegangenen zwei Jahren in ihrem Arbeitsumfeld neue Maschinen oder Anlagen eingeführt worden sind. Und 42 Prozent mussten sich mit neuen Produkten oder Werkstoffen auseinandersetzen.
Angesichts dessen ist es plausibel, dass die EE-Erwerbstätigen überdurchschnittlich oft an Weiterbildungen teilnehmen – 64 Prozent haben innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Befragung mindestens einen entsprechenden Kurs absolviert.
Ausbildung für Energiewende muss attraktiver werden
Unterm Strich zeigt sich, dass das in Deutschland verankerte System der dualen Berufsausbildung gute Voraussetzungen bietet, um die künftigen Fachkräfte für die Energiewende hervorzubringen. Allerdings war die Zahl der neu begonnenen Ausbildungsverhältnisse in Handwerks- und Produktionsberufen zuletzt rückläufig, der Nachwuchs drängt vor allem in den Dienstleistungssektor.
Es gilt also, die Bildungsgänge im Bereich der Energiewende attraktiver zu gestalten. Dabei sind unter anderem die Schulen gefordert, um beispielsweise im Rahmen der Berufsorientierung mehr Mädchen zu ermutigen, einen Handwerks- oder Fertigungsberuf zu erlernen. So könnten etwa bereits die Grundschulen Elektrikerinnen oder andere Frauen aus Handwerksberufen einladen, den Kindern ihren Beruf vorzustellen.
Generell sollten Schulen und Hochschulen umfassend über Karriereperspektiven und Verdienstmöglichkeiten in den Bereichen Energiewende und Klimaschutz informieren. Die Politik sollte zudem Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen unterstützen – auch durch finanzielle Hilfen –, damit sich Beschäftigte für die weitere Karriere oder den Einstieg in Erneuerbare-Energien-Jobs fortbilden oder an einer Umschulung teilnehmen können.