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EU-Klimapolitik könnte Direktflüge verteuern

Die EU plant aus Klimaschutzgründen die Verteuerung des Luftverkehrs. Bislang war dieser beim Erwerb von CO2-Zertifikaten begünstigt. Die schrittweise Einbeziehung aller Wirtschaftssektoren in die CO2-Bepreisung ist jedoch notwendig auf dem Weg zur Klimaneutralität. Die EU-Pläne für den Luftverkehr weisen allerdings einige Schwächen auf.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die EU plant aus Klimaschutzgründen, das Kerosin für von Europa abgehende Flüge schrittweise zu verteuern.
  • Diese Verteuerungen werden aber wohl nur für heimische Airlines gelten, was zu Wettbewerbsverzerrungen führt.
  • Insbesondere nahe gelegene Drehkreuze wie London, Istanbul oder Zürich würden so einen Wettbewerbsvorteil erhalten.
Zur detaillierten Fassung

In seiner jetzigen Form könnte das Vorhaben der EU-Kommission zu starken Marktverzerrungen zuungunsten europäischer Airlines führen. Mit dem Fit-for-55-Programm der EU soll das Kerosin für von Europa abgehende Flüge schrittweise verteuert werden. Ähnlich wirkt die geplante Pflicht zur Beimischung klimaneutral erzeugten Treibstoffs, wenn Maschinen in der EU starten. Diese Verteuerungen werden aber den Planungen zufolge nur für heimische Airlines gelten und sich auf das Gesamtticket bis zur Enddestination des Passagiers beziehen. Das hätte Konsequenzen:

So würde ein Flug mit einem Umstieg außerhalb der EU künftig spürbar günstiger sein als ein kürzerer Direktflug.

Der volle Preiseffekt wirkt also bei Direktverbindungen zu anderen Kontinenten, wie sie gerade von EU-Fluglinien angeboten werden, deren Drehkreuz in der Europäischen Union liegen. Für Airlines aus Nachbarregionen würde hingegen nur der Flug zu ihrem Heimatdrehkreuz verteuert werden, nicht der Weiterflug von dort. Insbesondere nahe gelegene Drehkreuze wie London, Istanbul oder Zürich würden auf diese Weise einen Wettbewerbsvorteil erhalten. Aber auch Flüge der Golf-Airlines über Dubai oder Doha würden im Vergleich zu Direktflügen aus der EU weniger verteuert.

Es ist zu befürchten, dass aufgrund der entstehenden Wettbewerbsverzerrungen durch die EU-Pläne künftig sowohl Passagiere als auch Fracht zu außereuropäischen Airlines abwandern.

Durch die so entstehende Wettbewerbsverzerrung zugunsten außereuropäischer Standorte ist zu befürchten, dass Passagiere und Fracht hin zu den außereuropäischen Airlines abwandern. Dies wäre ein weiterer wirtschaftlicher Schlag für die EU-Airlines, die bereits von der Pandemie und von den Folgen des Ukraine-Krieges stark betroffen sind.

Gerade im Asienverkehr drohen Folgen, da die Konkurrenz wie Turkish Airlines und Emirates zusätzlich zu ihren heute günstigeren Kostenstrukturen einen geografischen Vorteil erhalten.

Die Hubs in Istanbul und Dubai wurden bereits ausgebaut, um Verlagerungen auf der Asienroute abfertigen zu können. Wenn es nicht gelingt, das Vereinigte Königreich, Norwegen und die Schweiz in die EU-Pläne einzubeziehen, droht jedoch auch im Transatlantikverkehr eine Verlagerung, da Flüge über diese Länder auf ihren langen Streckenabschnitten von den Plänen der EU unbelastet bleiben würden.

Günstigeres Kerosin ist schon länger ein Wettbewerbsvorteil

Schon in den vergangenen zehn Jahren konnten insbesondere die Fluggesellschaften aus der Türkei und der Golfregion Marktanteile gewinnen, wobei im Vergleich zur EU günstigeres Kerosin und subventionierte Flughafeninfrastrukturen die Treiber waren. Allein Kerosin macht zwischen 15 und 35 Prozent der Betriebskosten einer Airline aus. Dieser Effekt dürfte sich durch die künftig verpflichtende Beimischung von nachhaltigen Kraftstoffen (SAF) noch deutlich stärker auswirken.

Nachhaltige Kraftstoffe kosten derzeit fünf- bis zehnmal so viel wie fossiles Kerosin.

Wie schnell sich die Verkehrsströme im Luftverkehr an veränderte Wettbewerbsbedingungen anpassen, zeigen die Folgen des Ukraine-Kriegs. Im Zuge der Invasion sperrten die Länder der EU und Russland wechselseitig ihren Luftraum. Deshalb müssen die Airlines der betroffenen Länder auf der Asienroute erhebliche Umwege einplanen. Das hat beim coronabedingt stark ausgelasteten Frachtflugverkehr bereits sichtbare Folgen, da Fluglinien etwa aus China oder vom Persischen Golf von den Umwegen nicht betroffen sind.

Das gesamte Angebot an Flügen auf der Europa-Asienroute ist durch den Krieg deutlich gesunken, russische Anbieter fallen völlig aus (Grafik):

Auch die europäischen Airlines mussten ihre transportierten Frachttonnen um gut 6 Prozent reduzieren.

Angebot an Frachtflugtonnen nach Stammsitz der Airline Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Das hat folgenden Grund: Durch die notwendig gewordenen Umwege steigt der Kraftstoffbedarf deutlich an. Die CO2-Emissionen steigen um 3,16 Tonnen pro zusätzlich verbrauchter Tonne Kerosin. Ein Boeing-777-Frachter benötigt auf der Strecke Frankfurt – Peking jetzt etwa zehn Tonnen Treibstoff zusätzlich.

Da die EU-Frachter aufgrund der Umwege mehr Kraftstoff mitnehmen, sinkt die Zuladung. Asiatische Fluglinien, die von den Umwegen ja nicht betroffen sind, steigerten in der Folge ihr Angebot um etwa 7 Prozent.

Dass die politisch gewünschte Verteuerung das Fliegens auch wettbewerbsneutraler möglich ist, zeigt die deutsche Luftverkehrssteuer (Grafik):

Vor der Corona-Krise lag das Aufkommen aus der Luftverkehrssteuer bei knapp 1,2 Milliarden Euro, ursprünglich sollten die Einnahmen bei 1 Milliarde Euro gedeckelt werden.

So viele Millionen Euro nahm Deutschland an Luftverkehrssteuer ein Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Zum 1. April 2020 wurde die streckenbezogene Abgabe für Starts aus Deutschland noch einmal erhöht, für Kurzstreckenflüge sind nun 12,77 Euro und für Fernflüge bis zu 58,23 Euro fällig. Die Einnahmen brachen aufgrund der Pandemie auf nur 350 Millionen Euro ein, erholten sich aber 2021 mit wieder zunehmendem Flugverkehr.

Die Steuer stellt zwar auch eine überdurchschnittliche Belastung für heimische Fluggesellschaften dar, aber nur, weil diese insgesamt aufgrund ihrer überwiegend von Deutschland abgehenden Flüge mehr als ausländische Wettbewerber zahlen müssen. Pro von Deutschland angetretenem Flug werden in- und ausländische Airlines hingegen gleich stark belastet, da das Ziel des Tickets – und nicht der erste von Deutschland abgehende Streckenabschnitt – über die in drei Entfernungsstufen gestaffelte Abgabenhöhe entscheidet.

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