Infektionsrisiko Lesezeit 2 Min.

Eine Frage der Wohnungsgröße

Menschen, die in einer überbelegten Wohnung leben, haben ein höheres Risiko, sich mit Corona zu infizieren. Während in einigen Ländern Europas fast die Hälfte der Menschen beengt wohnen, sind es in Deutschland vergleichsweise wenige.

Kernaussagen in Kürze:
  • In Deutschland lebten im Jahr 2019 rund 6,4 Millionen Menschen in einer zu kleinen Wohnung, das waren 340.000 Personen mehr als im Vorjahr.
  • Als überbelegt gilt Wohnraum beispielsweise dann, wenn das Wohn- auch als Schlafzimmer genutzt wird.
  • In einigen deutschen Städten sowie in Frankreich und Großbritannien zeigt sich bereits deutlich der Zusammenhang zwischen Wohnverhältnissen und Infektionsrisiko.
Zur detaillierten Fassung

In Deutschland lebten im Jahr 2019 rund 6,4 Millionen Menschen in einer zu kleinen Wohnung, das waren 340.000 Personen mehr als im Vorjahr. Unter beengten Wohnverhältnissen leiden vor allem Alleinerziehende und ihre Kinder, armutsgefährdete Personen sowie Alleinlebende; auch Menschen mit ausländischem Pass leben deutlich häufiger auf engem Raum als Deutsche.

In Frankreich sind erhöhte Ansteckungen mit Covid-19 vor allem darauf zurückzuführen, wieviel Platz eine Person zuhause hat.

Als überbelegt gilt Wohnraum beispielsweise dann, wenn das Wohn- auch als Schlafzimmer genutzt wird oder wenn sich drei oder mehr Kinder ein Zimmer teilen müssen. Dies ist vor allem in den Städten der Fall, wo 2019 jeder achte Einwohner in einer überbelegten Wohnung lebte.

Im europäischen Vergleich kommt Deutschland allerdings noch vergleichsweise gut weg (Grafik):

Die Überbelegungsquote belief sich 2019 hierzulande auf 7,8 Prozent – im Durchschnitt der EU-Staaten betrug sie 17,1 Prozent.

So viel Prozent der Bevölkerung in der EU lebten 2019 in einer Wohnung, die über zu wenige Zimmer im Verhältnis zur Personenzahl verfügt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die Wohnungsgröße ist in Pandemiezeiten von besonderer Bedeutung - nicht nur, weil sich Menschen wegen Ausgangsbeschränkungen und Dauer-Homeoffice besonders oft und lange in ihren eigenen vier Wänden aufhalten. In Frankreich hat die Inserm, das französische Pendant zum Robert-Koch-Institut, festgestellt, dass erhöhte Ansteckungen mit Covid-19 vor allem darauf zurückzuführen sind, wieviel Platz eine Person zuhause hat. Als "zu wenig Platz" bietend gilt eine Wohnung, die weniger als 18 Quadratmeter pro Person aufweist. Wer in solch beengten Verhältnissen lebt, infinziert sich in Frankreich 2,5 mal so oft mit Corona wie Menschen, die großzügiger leben.

Je ärmer die Gegend, desto höher die Sterberate

Auch in Großbritannien ist man dem Zusammenhang zwischen Infektionsrisiko und Wohnverhältnissen schon auf der Spur: So hat man im Vereinigten Königreich festgestellt, dass die Covid-19-Sterberate umso höher ausfällt, je ärmer die Gegend ist, in der die Menschen wohnen.

Und auch in Deutschland lässt sich dieser Bezug herstellen, zumindest für einige Städte: Als die Bremer Gesundheitsbehörde kürzlich Zahlen dazu veröffentlichte, wieviel infektionen es in welchem Stadtviertel gibt, zeigte sich: Es sind die ärmsten und engsten Stadtteile, in denen die meisten Coronainfektionen vorkamen. In Dortmund weisen ebenfalls die Stadtteile, in denen eine Person auf die wenigsten Wohnungsquadratmeter kommt, die höchsten Infektionszahlen auf.

Menschen in überbelegten Wohnungen arbeiten oft in systemrelevanten Berufen

Natürlich ist nicht die Wohnungsgröße an sich ausschlaggebend dafür, ob man sich mit dem Covid-19-Virus infiziert oder nicht. Doch in überbelegten Wohnungen leben in der Regel nun mal Menschen, denen es finanziell nicht sonderlich gut geht. Viele von ihnen arbeiten in systemrelevanten Berufen, die sie zwingen, jeden Tag nach draußen zu gehen. Und wenn sie dann nach Hause kommen, haben sie aufgrund der beengten Wohnverhältnisse oftmals keine Chance, dem Rest der Familie aus dem Weg zu gehen.

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