Die Nachteile des Berliner Mietendeckels
Sowohl die Linkspartei als auch die SPD und Bündnis90/Die Grünen liebäugeln im Bundestagswahlkampf mit einem Mietstopp. Doch schon der Berliner Mietendeckel ist nicht nur vor dem Verfassungsgericht gescheitert, eine neue Studie des IW zeigt auch: Verlierer eines solchen Markteingriffs sind nicht zuletzt all jene, die eine Wohnung suchen. Und auch so mancher Vermieter musste gravierende Nachteile in Kauf nehmen.
- Der Berliner Mietendeckel – inzwischen vom Verfassungsgericht gekippt – hat zwar die Mieten gesenkt, aber noch viel mehr das Angebot an Mietwohnungen.
- 43 Prozent der privaten Vermieter mussten rückläufige Mieteinnahmen hinnehmen.
- Deshalb hatten die Vermieter auch Probleme mit der Kreditfinanzierung, den Investitionen und dem Vermögensaufbau.
Der Berliner Mietendeckel – offizieller Name: Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin – wurde am 23. Februar 2020 eingeführt und galt rückwirkend ab Juni 2019. Das Bundesverfassungsgericht hat ihn jedoch in einem am 15. April 2021 veröffentlichten Urteil für nichtig erklärt, weil er nicht mit dem Grundgesetz vereinbar war.
Der Berliner Mietendeckel hat das Angebot an Mietwohnungen um mehr als die Hälfte verringert.
Das Gesetz galt grundsätzlich für alle Mietwohnungen in Berlin, ausgenommen waren Wohnungen, die nach 2013 bezugsfertig wurden, Wohnungen in Wohnheimen, Sozialwohnungen und Trägerwohnungen, also solche, die von sozialen Trägern angemietet und an sozial schwache oder behinderte Menschen weitervermietet werden.
Die Auswirkungen des Mietendeckels waren unübersehbar – allerdings gab es neben dem beabsichtigten Effekt sinkender Mieten auch eine unbeabsichtigte Nebenwirkung (Grafik):
Die Mieten für neu zu vermietende Wohnungen in Berlin sanken von Juli 2019 bis Oktober 2020 um rund 10 Prozent – im gleichen Zeitraum ging das Angebot an Mietwohnungen allerdings um mehr als die Hälfte zurück, also fünfmal so stark.
Das IW wollte nun wissen, welche Auswirkungen der Mietendeckel für die Vermieter in Berlin gehabt hat. Dazu wurden von April bis Juni 2021 insgesamt 283 private Vermieter befragt, davon 66 noch vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts und 217 danach. Die wichtigsten Ergebnisse:
Rückläufige Mieteinnahmen. Im Schnitt sind die Einnahmen aus der Nettokaltmiete von 725 Euro je Wohnung im Januar 2020, dem letzten Monat vor Einführung des Mietendeckels, auf 666 Euro im März 2021 gesunken. Allerdings waren nicht alle Vermieter betroffen (Grafik):
43 Prozent der privaten Vermieter in Berlin mussten rückläufige Mieteinnahmen verbuchen – fast genauso viele erzielten unveränderte Einnahmen, rund 15 Prozent konnten sogar höhere Mieten durchsetzen.
Bei den Vermietern, deren Einnahmen zurückgingen, gab es große Unterschiede: 15 Prozent gaben an, mehr als 20 Prozent ihrer Mieteinnahmen verloren zu haben, weitere 14 Prozent mussten ein Minus von 10 bis 20 Prozent hinnehmen, jeweils 7 bis 8 Prozent hatten Mindereinnahmen von 5 bis 10 beziehungsweise bis zu 5 Prozent.
Probleme mit der Kreditfinanzierung. Wohneigentum wird in der Regel zu einem großen Teil mit Immobilienkrediten finanziert – von den Berliner Vermietern hatten noch zwei Drittel Kredite zu tilgen. Immerhin 4 Prozent von ihnen gaben an, dass der Mietendeckel und die damit verbundenen Mindereinnahmen bei ihnen zu einem Kreditausfall geführt haben.
Zwar scheinen 4 Prozent nicht viel zu sein, aber: Die Berliner Senatsverwaltung schätzt, dass rund 40.000 Mieterhaushalte die aufgrund des Mietendeckels entstandene Differenz zwischen gedeckelter Miete und Marktmiete nicht nachzahlen könnten, was knapp 3 Prozent der Mieterhaushalte entspricht.
Während für diese Mieter ein Sicher-Wohnen-Fonds eingerichtet wurde, gab es für die Vermieter keine Unterstützung.
Weitere 15 Prozent der Berliner Vermieter gaben an, durch den Mietendeckel starke Einschränkungen ihres Schuldendienstes zu haben, 17 Prozent sprachen von leichten Einschränkungen.
Geringerer Vermögensaufbau. Ein häufiges Motiv für den Erwerb von Wohneigentum ist die Altersvorsorge, das gilt nicht nur für selbst genutzten Wohnraum, sondern auch für vermieteten.
Für ein Fünftel der Berliner Vermieter hatte der Mietendeckel zur Folge, dass sie Nettoverluste aus ihrem Vermietungsgeschäft zu tragen hatten, für knapp ein Fünftel war ein Vermögensaufbau nicht mehr möglich und für ein Drittel nur noch eingeschränkt.
Geringere Investitionen. Zwar war der Berliner Mietendeckel nicht lange genug gültig, um langfristige Effekte auf das Investitionsverhalten zu haben. Gleichwohl zeigen die Befragungsergebnisse, was passieren könnte, wenn solch ein Eingriff in den Markt dauerhaft erfolgt. So gab gut die Hälfte der Berliner Vermieter an, dass der Mietendeckel ihre allgemeine Investitionsbereitschaft stark gemindert habe. Große Investitionen, zum Beispiel eine umfassende energetische Sanierung, hätten sogar fast 60 Prozent der Vermieter stark eingeschränkt.
Reaktionen auf die Abschaffung des Mietendeckels. Nachdem das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel gekippt hatte, ging es um die Frage von Mietnachforderungen. Ein großer Teil der Berliner Vermieter zeigt, dass ihnen ein sozialverträglicher Umgang mit ihren Mietern wichtig ist. So gaben 29 Prozent von ihnen in der Befragung an, dass sie die Miete grundsätzlich einfordern werden, aber in Einzelfällen Stundungen möglich seien; 11 Prozent wollen in Einzelfällen auf die Nachforderung verzichten und 6 Prozent wollen ihr Recht auf Nachzahlung nicht in Anspruch nehmen.
Nur 32 Prozent der Berliner Vermieter wollen dagegen die Mietnachzahlungen vollständig und ausnahmslos einfordern. Der Rest hat keine Nachforderungen.