Die Konkurrenz in der Volksrepublik schläft nicht
Chinesische Unternehmen sind mittlerweile zu einer echten Konkurrenz für viele deutsche Betriebe geworden. Weil Peking seine Unternehmen umfassend und intransparent subventioniert, wünschen sich viele deutsche Firmen eine robustere Handelspolitik gegenüber China.
- Ein Siebtel der heimischen Unternehmen betrachtet chinesische Firmen als ernste Konkurrenz.
- China wendet eine Reihe von wettbewerbsverzerrenden Maßnahmen an – wie Handels- und Investitionsbarrieren für ausländische Investoren – und subventioniert staatliche und private Unternehmen umfassend und intensiv.
- Deshalb hält jedes vierte deutsche Unternehmen eine robustere Handels- und Investitionspolitik gegenüber Wettbewerbsverzerrungen durch China für eher wichtig, für rund 14 Prozent ist dies sogar sehr wichtig.
„Made in China“ – dieses Label ziert immer mehr Produkte: Im Jahr 2000 lag der Anteil Chinas an den weltweit exportierten Waren und Dienstleistungen bei 3,2 Prozent, 2019 stammten bereits 10,8 Prozent aus der Volksrepublik. Doch auch die Qualität der chinesischen Produkte hat sich verändert. Längst produziert das Land nicht nur massenweise wenig wissensintensive Cent-Artikel, sondern auch technologisch anspruchsvolle Güter. Chinesische Betriebe sind so innerhalb von nur zwei Jahrzehnten zu ernst zu nehmenden Wettbewerbern geworden, auch für deutsche Unternehmen.
Bis 2025 will Peking, dass China technologisch rapide aufholt und in zahlreichen Branchen die globale Innovationsführerschaft übernimmt, in denen die deutsche Wirtschaft bislang stark ist.
Das hat viele Ursachen. Teils basieren sie auf fairem Wettbewerb und Standortvorteilen: So hat China viel dafür getan, den Bildungsstand seiner Bevölkerung zu erhöhen – insbesondere in der Hochschulbildung und dort vor allem in den Ingenieurwissenschaften. Zudem hat Peking viel Geld in den wirtschaftlichen Fortschritt gesteckt. So investiert China laut OECD aktuell im Verhältnis zu seiner Wirtschaftsleistung mehr in Forschung und Entwicklung als einige EU-Staaten. Ein weiteres Plus des Einparteiensystems: Im autokratischen Regime Chinas können Infrastrukturinvestitionen sehr viel schneller realisiert werden als in den meisten westlichen Demokratien, wo Genehmigungsverfahren oft wertvolle Zeit kosten.
China wendet wettbewerbsverzerrende Maßnahmen an
Darüber hinaus wendet China jedoch auch eine Reihe von wettbewerbsverzerrenden Maßnahmen an, um seine Wirtschaft zu schützen und zu stützen. Dazu zählen:
- Handels- und Investitionsbarrieren für ausländische Investoren. Das öffentliche Auftragswesen Chinas ist Geldgebern aus dem Ausland weitgehend verschlossen, Investitionen europäischer Unternehmen in anderen Sektoren sind oft an Joint Ventures geknüpft.
- Direkte und indirekte Subventionen. China subventioniert staatliche wie private Unternehmen sehr umfassend und intensiv, wie Studien trotz weiter herrschender Intransparenz auf Seiten Chinas zeigen. Direkte Subventionen werden dabei mit schwer quantifizierbarer indirekter Förderung verbunden. Denn Produktionsfaktoren wie Arbeit und Kapital sowie Energie, Rohstoffe und viele Metalle werden subventioniert und damit für alle Firmen in China zu billig verfügbar gemacht. Ein Beispiel: In der globalen Aluminiumproduktion wurden laut OECD zwischen 2013 und 2017 in einem Sample von 17 untersuchten Firmen weit mehr als 90 Prozent der erfassten weltweiten Subventionen vom chinesischen Staat vergeben. Chinesische Subventionen haben in einigen Sektoren wie der Solar- und Stahlindustrie zu großen globalen Überkapazitäten geführt.
- Ein forcierter und teils illegaler Technologietransfer. Dazu zählen neben den Joint Ventures in China auch Übernahmen innovativer westlicher Firmen, das rechtswidrige Kopieren sowie Industriespionage.
All dies trägt ebenfalls dazu bei, dass China wirtschaftlich weiter aufschließt. Und diese Entwicklung dürfte durch die sogenannte Made-in-China-2025-Stragegie noch weiter an Fahrt gewinnen: Bis 2025 will Peking, dass China technologisch rapide aufholt und in zahlreichen Branchen die globale Innovationsführerschaft übernimmt, in denen die deutsche Wirtschaft bislang stark ist. Diese Strategie ist wiederum mit umfangreicher finanzieller Förderung verbunden, sodass auch hier die Sorge vor neuen Überkapazitäten besteht.
Es war aber bislang nicht klar, inwieweit deutsche Unternehmen die chinesische Aufholjagd und die Wettbewerbsverzerrungen wirklich spüren. Eine Befragung im Rahmen des IW-Zukunftspanels bringt Licht in dieses Dunkel (Grafik):
Ein Siebtel der heimischen Unternehmen betrachtet chinesische Firmen als ernste Konkurrenz, von den Großbetrieben und den Industrieunternehmen sagt dies sogar knapp ein Drittel.
Auch Unternehmen mit Produktionsstätten im Ausland sowie solche, die mehr als 25 Prozent exportieren, empfinden einen höheren Konkurrenzdruck durch chinesische Betriebe als der Durchschnitt der befragten Unternehmen. Wenig überraschend: Als besonders intensiv wird die chinesische Konkurrenz von jenen deutschen Unternehmen angegeben, die direkte Geschäftsbeziehungen zu China unterhalten. Insgesamt ist der empfundene Wettbewerbsdruck durch chinesische Firmen für deutsche Unternehmen sogar relevanter als der Protektionismus, den China betreibt.
Vier von zehn deutschen Unternehmen wünschen sich innerhalb der kommenden fünf Jahre deshalb eine Reaktion der Wirtschaftspolitik auf den Konkurrenzdruck durch China (Grafik):
Jedes vierte heimische Unternehmen hält eine robustere Handels- und Investitionspolitik gegenüber Wettbewerbsverzerrungen durch China für eher wichtig, für rund 14 Prozent wäre dies sogar sehr wichtig.
Besonders oft plädieren Unternehmen, die die Konkurrenz durch chinesische Firmen als sehr groß bezeichnen, für einen deutlicheren Umgang mit Wettbewerbsverzerrungen: nämlich neun von zehn Betrieben. Zu einer robusteren Handelspolitik gegenüber China zählen eine stärkere Nutzung der bestehenden Handelsschutzinstrumente, ein neues Instrument im EU-Binnenmarkt gegen subventionierte ausländische Unternehmen sowie Einschränkungen im Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen in der EU für Staaten, die ihre Ausschreibungsmärkte anders als die EU noch weitgehend verschlossen halten. Ziel all dieser Maßnahmen ist es, faire Wettbewerbsbedingungen zu gewährleisten.