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Die Camper-Welle rollt und rollt

Urlaub im Wohnmobil oder Caravan boomt – und das nicht erst seit Corona. Doch die Pandemie hat den Ferien im Freizeitfahrzeug noch einen zusätzlichen Schub verliehen. Für manche Fahrzeugtypen gibt es bereits lange Lieferfristen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Camping findet immer mehr Anhänger. Im Jahr 2020 wurden in Deutschland mehr als 107.000 Freizeitfahrzeuge neu zugelassen – das war fast ein Drittel mehr als im Vorjahr.
  • Die deutschen Caravanhersteller setzten im vergangenen Jahr 12,5 Milliarden Euro um, dieses Jahr peilen sie mit 13 Milliarden Euro einen neuen Rekordumsatz an.
  • Deutschlands Campingplatzbetreiber registrierten 2020 pandemiebedingt allerdings 4 Prozent weniger Übernachtungen als im Vorjahr - insgesamt waren es rund 34 Millionen.
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Im Campingstuhl Ravioli aus der Dose futtern und dabei die Geranien und die Gartenzwerge, die am Rand der Parzelle Wache schieben, fest im Blick – so sah das Campingglück vielleicht früher mal aus. Mittlerweile ist der Standard im Wohnwagen und Wohnmobil allerdings kaum noch zu unterscheiden vom eigentlichen Zuhause: Dachklimaanlage und Fußbodenheizung sorgen zu jeder Jahreszeit für Wohlfühltemperaturen, in der geräumigen Bugküche mit Induktionsfeld und Eiswürfelfach lassen sich ohne Weiteres ganze Schlemmermenüs zubereiten und auch der Sonntagabendkrimi kann dank Satellitenschüssel und Flatscreen bequem auf der Polstersitzgruppe aus Echtholz verfolgt werden, hübsch kuschelig illuminiert von der heruntergedimmten indirekten Beleuchtung.

Camping findet immer mehr Anhänger: Die heimischen Campingplatzbetreiber zählten 2020 knapp 32 Millionen inländische Übernachtungsgäste, ein neuer Spitzenwert.

Camping und auch Glamping, also der Luxusurlaub in Zelt und Freizeitgefährt, finden immer mehr Anhänger. Und längst sind es nicht mehr nur die über 60-Jährigen, die die Branche jahrzehntelang als Zielgruppe im Fokus hatte; umgebaute Kastenwagen, Bullis und Vans werden vor allem von Menschen zwischen Mitte 20 und 30 nachgefragt. Diese Fahrzeuge machen inzwischen fast die Hälfte aller Neuzulassungen von Wohnmobilen aus. Schon seit 2007 erlebt Deutschland eine regelrechte Camping-Renaissance, doch die Corona-Pandemie hat der autarken Urlaubsform noch mal besonderen Aufschwung verliehen (Grafik):

Im Jahr 2020 wurden in Deutschland mehr als 107.000 Freizeitfahrzeuge neu zugelassen – das war fast ein Drittel mehr als im Vorjahr.

So viele Freizeitfahrzeuge wurden 2020 in Deutschland neu zugelassen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Und auch für dieses Jahr rechnet der Caravaning Industrie Verband mit einem Wachstum. Seit Jahresbeginn wurden in Deutschland bereits mehr als 24.000 Reisemobile und Wohnwagen neu zugelassen, das ist ein neuer Bestwert für die ersten drei Monate eines Jahres – und das, obwohl im vergangenen Jahr wegen der befristeten Mehrwertsteuersenkung vermutlich viele Fahrzeugkäufe vorgezogen worden sind.

Wartelisten für Luxuswohnmobile

Die deutsche Freizeitfahrzeugindustrie kann sich über mangelnde Absatzmärkte jedenfalls nicht beklagen: Für viele Modelle gibt es Wartezeiten, für die Auslieferung eines 600.000 Euro teuren Luxuswohnmobils aus deutscher Produktion beispielsweise müssen Kunden bis zu 18 Monate einplanen, Camper haben sogar Lieferfristen von zwei bis drei Jahren. Setzten die deutschen Caravanhersteller im vergangenen Jahr 12,5 Milliarden Euro um, so peilen sie 2021 mit 13 Milliarden Euro einen neuen Rekordumsatz an (Grafik).

So viele Milliarden Euro setzte die deutsche Freizeitfahrzeugindustrie im Jahr 2020 um Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Und wohin mit all den Vehikeln? Pandemiebedingt waren Europas Campingplätze im vergangenen Jahr deutlich schlechter besucht als in den Vorjahren, da die ausländischen Besucher weitgehend ausblieben. Deutschlands Campingplatzbetreiber kamen 2020 mit rund 34 Millionen Übernachtungen noch relativ gut weg, obwohl statt der sonst üblichen 2 Millionen niederländischen Gäste nur 1,2 Millionen kamen (Grafik):

Die Zahl der Campingplatzübernachtungen zwischen April und September 2020 sank in Deutschland gegenüber dem Vorjahreszeitraum nur um 4 Prozent.

Um so viel Prozent ging die Zahl der Campingplatzübernachtungen in der EU zwischen April und September 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zurück Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Grund dafür waren die knapp 32 Millionen inländischen Übernachtungsgäste, ein neuer Spitzenwert. Auch Slowenien, Österreich und Belgien verzeichneten deutliche Zuwächse an inländischen Campingtouristen. In vielen Mittelmeerländern dagegen blieben die Campingplätze oft leer, dort sank die Zahl der Übernachtungen zum Teil um mehr als die Hälfte.

Wie umweltfreundlich ist Campen eigentlich?

Angesichts des Campingbooms machen sich manche mittlerweile bereits Sorgen um die heimischen Platzkapazitäten. So setzt sich ein Bündnis aus ADAC, Caravaning Industrie Verband und Deutschem Tourismusverband für die Schaffung neuer Campingplätze ein. Aus ökologischer Warte macht diese Initiative auf jeden Fall doppelt Sinn: Zum einen entstehen beim Inlandsurlaub weniger Dieselemissionen als bei langen Fahrten mit dem Wohnmobil oder dem angehängten Wohnwagen Richtung Atlantik oder Mittelmeer. Zum anderen ist Caravaning laut Heidelberger Institut für Energie- und Umweltforschung ohnehin die umweltfreundlichere Reisevariante: Sie setze aufgrund der geringeren Schadstoffemissionen der Unterkunftsart weniger CO2 frei als vergleichbare Flugreisen und Hotelübernachtungen.

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