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Das Risiko einer gemeinsamen Einlagensicherung

Zwei Säulen der Bankenunion stehen bereits, die dritte – eine gemeinsame europäische Einlagensicherung – hat die EU-Kommission gerade in Arbeit. Ein gemeinsamer Topf wäre jedoch ein Spiel mit dem Feuer, wie eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt.

Kernaussagen in Kürze:
  • Ende 2017 enthielten die Bilanzen der Banken in der Eurozone immer noch 759 Milliarden Euro an faulen Krediten, drei Viertel davon entfielen auf systemrelevante Großbanken, wie eine Studie des IW ergeben hat.
  • Am stärksten sind die Banken in Zypern, Griechenland und Italien betroffen.
  • Damit die geplante gemeinsame Einlagensicherung der Euroländer nicht zum Transfermechanismus verkommt, sollten die notleidenden Kredite abgeschrieben und die Banken rekapitalisiert werden – dies würde in Zypern und Griechenland mit Abstand am teuersten.
Zur detaillierten Fassung

Die Bankenaufsicht in der Eurozone wird seit November 2014 von der Europäischen Zentralbank wahrgenommen und das einheitliche Verfahren zur Abwicklung insolvenzgefährdeter Kreditinstitute kann seit 2016 angewendet werden. Damit stehen zwei Säulen der europäischen Bankenunion. Die dritte vereinbarte Säule, die länderübergreifende Einlagensicherung, ist jedoch noch nicht eingeführt. Status quo sind harmonisierte Regeln und Mindeststandards für eine jeweils nationale Einlagensicherung – die aber längst noch nicht überall umgesetzt sind.

Ein gemeinsamer Topf, aus dem die Guthaben der Sparer im Fall einer Bankeninsolvenz abgesichert wären, ist allerdings höchst umstritten, weil er Risiken vergemeinschaften würde, die zu einem guten Teil aus der Zeit der alten nationalen, weniger strengen Bankenaufsicht datieren. Trotzdem sind sich die beiden großen europäischen Player, Deutschland und Frankreich, mittlerweile offenbar einig, dass der europäische Einlagensicherungsfonds früher oder später kommen soll. Das ist möglicherweise ein Spiel mit dem Feuer. Denn:

In den Bankenbilanzen schlummerten Ende 2017 immer noch 759 Milliarden Euro an faulen Krediten – darunter 566 Milliarden Euro in den Büchern der 76 systemrelevanten Großbanken im Euroraum.

Um die Risiken besser einschätzen zu können, hat das Institut der deutschen Wirtschaft untersucht, welche Banken und Länder wie stark von notleidenden Krediten betroffen sind. Als notleidend gelten Kredite, deren Raten seit mehr als 90 Tagen nicht mehr beglichen werden und bei denen sich abzeichnet, dass sie aufgrund finanzieller Schwierigkeiten der Schuldner abgeschrieben werden müssen.

Die wichtigsten Ergebnisse des IW-Stresstests

1. In acht der 76 systemrelevanten Banken sind mindestens 25 Prozent aller Darlehen als faul einzustufen. Diese besonders gefährdeten Banken sitzen in Griechenland, Italien und Zypern.

Mit einem Bestand von 7,5 Milliarden Euro an notleidenden Krediten zählte Ende 2017 auch die HSH Nordbank noch dazu. Sie wird ihre Bücher jedoch nach eigenen Angaben im Zuge der Privatisierung um 6,3 Milliarden Euro bereinigen: Vor allem Schiffsfinanzierungen und anderen Darlehen aus der Zeit vor 2009 werden an eine Zweckgesellschaft der Investoren ausgelagert, danach hat die HSH Nordbank weniger als 2 Prozent faule Kredite in ihrem Portfolio.

2. Auf die acht angeschlagenen Geldhäuser konzentriert sich knapp ein Fünftel aller Kredite, die vermutlich abzuschreiben sind.

3. Während die ohnehin weniger stark betroffenen Finanzinstitute ihren Anteil an notleidenden Darlehen in den vergangenen Jahren verringern konnten, hatten die gefährdeten Geldhäuser Schwierigkeiten, ihre ausfallgefährdeten Kredite abzubauen.

Wo die faulen Kredite die schwerste Bürde sind ...

Doch in welchen Euroländern stecken die Banken besonders tief in der Bredouille und könnten deshalb die gemeinsame Einlagensicherung als Erstes in Anspruch nehmen? Die Liste wird von alten Bekannten angeführt, den ehemaligen Krisenländern (Grafik):

Im kleinen Zypern beliefen sich die notleidenden Kredite der Großbanken Ende 2017 zwar nur auf 7,5 Milliarden Euro – dies waren allerdings fast 40 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und damit mehr als in jedem anderen Euroland. Notleidende Kredite der Banken in den Euroländern Ende 2017 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

In Relation zur Wirtschaftsleistung sind auch die systemrelevanten Banken in Griechenland und mit Abstrichen in Italien, Spanien und Portugal überdurchschnittlich stark belastet. Für Zypern kommt erschwerend hinzu, dass auch kleinere Banken auf so vielen faulen Krediten sitzen, dass fast das gesamte BIP des Jahres 2017 nötig wäre, um alle Löcher zu stopfen. Griechenland müsste dazu 60 Prozent seines BIP einsetzen, in allen anderen Ländern wäre es weit weniger.

Zypern müsste fast sein gesamtes Bruttoinlandsprodukt des Jahres 2017 aufwenden, um die Löcher der heimischen Banken zu stopfen.

Ein Spezialfall ist Italien: Dort sind aufgrund der langen Rezession sehr viele Großbanken von notleidenden Krediten betroffen. Diese summierten sich Ende 2017 auf 189 Milliarden Euro. Gemessen am einstigen weit höheren Niveau haben die italienischen Banken beachtliche Fortschritte beim Abbau erzielt. Trotzdem stellen die hohen Altlasten bei einer gemeinsamen Einlagensicherung ein großes Risiko für die besser aufgestellten Kreditinstitute dar.

... und wo die Kosten der Bankensanierung am stärksten zu Buche schlagen

Damit größere Umverteilungen in der gemeinsamen Einlagensicherung nicht schon programmiert sind, sollten sämtliche Großbanken vor der Einführung einer europäischen Einlagensicherung so weit stabilisiert werden, dass sie den Topf auf absehbare Zeit nicht anzapfen müssen. Das Institut der deutschen Wirtschaft sieht die Geldhäuser dann auf der sicheren Seite, wenn ihr Anteil an notleidenden Krediten weniger als 3 Prozent beträgt und zugleich ihre bilanzielle Eigenkapitalquote den aktuellen Durchschnittswert von etwas weniger als 7 Prozent nicht unterschreitet.

Einige Großbanken in der Eurozone müssten dazu Kredite im großen Stil abschreiben – oder versuchen, diese zu verkaufen. Das allerdings wäre mühsam und würde viel Zeit erfordern, weil die Interessenten nicht gerade Schlange stehen. Zwar haben viele Banken hohe Risikorückstellungen für den Ausfall der notleidenden Kredite gebildet. Sie reichen jedoch nicht, um alles auszugleichen. Deshalb muss das bilanzielle Eigenkapital bei sehr hohen Abschreibungen so weit aufgestockt werden, dass die Quote von 7 Prozent wieder erfüllt ist. Dass dies ein teils extrem teures Unterfangen werden würde, liegt auf der Hand. Wie teuer, zeigen Simulationsrechnungen des IW (Grafik):

Zypern müsste von 2019 bis 2022 jedes Jahr rund 2,4 Prozent seiner Wirtschaftsleistung dafür aufbringen, seine Banken fit für die dritte Säule der Bankenunion zu machen. Kosten, um die systemrelevanten Großbanken in der Eurozone für eine europäische Einlagensicherung fitzumachen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die griechischen Banken würden vier Jahre lang 2,0 Prozent des heimischen BIP beanspruchen. Die drittgrößte Last hätten die Niederländer zu schultern: Sie müssten 1,2 Prozent ihres Inlandsprodukts darauf verwenden, ihre Banken zu rekapitalisieren. In diesem Fall liegt das jedoch nicht an notleidenden Krediten, sondern daran, dass die vergleichsweise großen niederländischen Banken zu geringe Eigenkapitalquoten haben.

Akzeptiert man diese immensen Kosten, könnte der Anteil der gut aufgestellten Banken in der Eurozone – das sind jene mit weniger als 3 Prozent notleidenden Krediten – von derzeit 32 auf 54 Prozent steigen. Es gäbe dann aber immer noch drei Banken, die mehr als 25 Prozent an faulen Krediten in ihren Bilanzen hätten.

Alles in allem geht es nicht um Peanuts – sondern um Summen, die es ratsam erscheinen lassen, die länderübergreifende Einlagensicherung in eine fernere Zukunft zu verschieben. Ohne vorherige Bereinigung der Altlasten verkäme der gemeinsame Topf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Transfermechanismus.

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