Büroimmobilien Lesezeit 4 Min.

Das Büro im Wandel

Während der Coronapandemie schickten zahlreiche Unternehmen ihre Mitarbeiter ins Homeoffice – teils freiwillig, teils staatlich angeordnet. Mittlerweile strömen täglich wieder Millionen Erwerbstätige in die Büros. Ganz beim Alten ist aber längst nicht alles.

Kernaussagen in Kürze:
  • Trotz der vermehrten Arbeit aus dem Homeoffice und flexiblen Arbeitsplatzkonzepten sinkt der Büroflächenbedarf für Unternehmen nicht unbedingt.
  • Ein wesentlicher Grund ist, dass immer mehr Menschen in Deutschland einen Bürojob haben. Das begrenzt die Möglichkeiten, Büroflächen einzusparen.
  • Statt frei gewordene Flächen abzugeben, bauen viele Unternehmen zudem eher einen Teil der klassischen Büros zu kreativen Kommunikations- und Kollaborationsräumen um.
Zur detaillierten Fassung

Verwaiste Büros, leere Flure und verstaubte Schreibtische: Was wie Bilder aus einem Endzeitfilm wirkte, war während der Lockdowns infolge der Coronapandemie in vielen Firmen Realität. Doch auch vor dem Ausbruch des Virus waren voll ausgelastete Büros eher Wunsch als Wirklichkeit:

Laut der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte waren im Jahr 2019 aufgrund von Urlauben, Dienstreisen, Krankheiten und Homeoffice der Mitarbeiter im Schnitt jeden Tag 40 bis 50 Prozent der Schreibtische in Büros nicht besetzt.

Immerhin 13 Prozent aller Erwerbstätigen arbeiteten schon damals zumindest gelegentlich von zu Hause aus, meldet das Statistische Bundesamt. Durch die Pandemie stieg der Anteil dann stark an – auf 25 Prozent im Jahr 2021.

Anstatt durch mehr Homeoffice und flexible Arbeitsplatzkonzepte frei gewordene Flächen abzugeben, bauen viele Unternehmen einen Teil der klassischen Büros zu kreativen Kommunikations- und Kollaborationsräumen um.

Einhergehend mit der vermehrten Arbeit aus dem Homeoffice liegen flexible Arbeitsplatzkonzepte wie Desk-Sharing im Trend. Dabei haben die Angestellten keinen festen Arbeitsplatz mehr, sondern buchen sich nur dann einen Platz, wenn sie tatsächlich ins Büro kommen. An anderen Tagen kann der Schreibtisch von Kollegen genutzt werden.

Das muss aber nicht heißen, dass der Flächenbedarf von Unternehmen insgesamt sinkt. So wurden im Jahr 2020 in Deutschland 2.063 Bauvorhaben zur Errichtung neuer Büro- und Verwaltungsgebäude genehmigt – nur 67 weniger als im Vorjahr. Und im zweiten Pandemiejahr lag der Wert mit 2.159 Baugenehmigungen sogar über dem Niveau von 2019.

Schon seit 2016 wird pro Jahr der Bau von mehr als 2.000 neuen Büroimmobilien bewilligt – eine Marke, die davor zuletzt in den Jahren 2003 und 2008 erreicht wurde. Natürlich gibt es immer eine gewisse Verzögerung, bis die genehmigten Bauvorhaben tatsächlich realisiert werden. Langsam spiegelt sich der Anstieg aber auch im realen Neubau wider (Grafik):

2020 und 2021 entstanden in der Bundesrepublik jeweils rund 3,2 Millionen Quadratmeter Fläche an Büro- und Verwaltungsgebäuden. Das waren 13 Prozent mehr als 2019.

Neu errichtete Fläche an Büro- und Verwaltungsgebäuden in Deutschland, in 1.000 Quadratmetern Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Dafür gibt es mehrere Gründe. Ein wesentlicher ist, dass immer mehr Menschen einen Bürojob haben (Grafik):

Mitte 2022 arbeiteten in Deutschland rund 12,8 Millionen sozialversicherungspflichtig Bürobeschäftigte – gut ein Drittel mehr als zehn Jahre zuvor.

Zahl der sozialversicherungspflichtig Bürobeschäftigten in Deutschland in 1.000 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Damit ist auch der Anteil der Bürobeschäftigten an allen Arbeitnehmern gestiegen. Im vergangenen Jahr arbeiteten knapp 37 Prozent aller Angestellten im Büro, 2012 waren es noch 5 Prozentpunkte weniger. Diese Zunahme gleicht die Möglichkeit, durch Homeoffice und geteilte Schreibtische Büroflächen einzusparen, etwas aus.

Kreatives Miteinander statt Einzelbüros

Gerade in größeren Betrieben ist die Belegschaft darüber hinaus oft recht heterogen, was den Wunsch nach Heimarbeit betrifft: Eltern mit kleinen Kindern mögen das Homeoffice bevorzugen, um ihre Arbeitszeit flexibel gestalten zu können. Neu eingestellte und jüngere Mitarbeiter wollen in der Regel zumindest gelegentlich ins Büro kommen, um die Kollegen kennenzulernen und Anschluss zu finden – ebenso wie ältere Beschäftigte, die aus Gewohnheit und zur Pflege sozialer Kontakte gern in Präsenz tätig sind. Und wieder andere haben in ihren eigenen vier Wänden gar nicht den nötigen Platz oder es fehlt ihnen dort die technische Ausstattung, weshalb sie fast ausschließlich im Unternehmen arbeiten.

Die meisten Firmen haben deshalb mittlerweile eine hybride Mischung aus Büro und individuell wählbarem Arbeitsort etabliert.

Das verändert auch die Art, wie die vorhandenen Büroräume genutzt werden. Sieben von zehn der im Frühjahr 2021 durch die Unternehmensberatung Staufen befragten deutschen Firmen gaben an, dass die Zusammenarbeit in ihrem Betrieb unter der Pandemie gelitten hat. Rund die Hälfte von ihnen nannte als Hauptgrund den fehlenden informellen Austausch.

Immer mehr Unternehmen setzen deshalb bei der Bürogestaltung auf eine Mischform aus traditionellen Schreibtischplätzen und modern gestalteten Räumen mit großzügigen Co-Working-Bereichen und gemütlichen Kaffeeecken, die genau diesen Austausch unter den Mitarbeitern fördern sollen. Das Büro soll als Begegnungsstätte dienen, in der das kreative Miteinander im Vordergrund steht, so die Idee. Anstatt durch mehr Homeoffice frei gewordene Flächen abzugeben, bauen die Unternehmen so einen Teil der klassischen Büros zu Kommunikations- und Kollaborationsräumen um.

Gespaltener Büromarkt

Was heißt das für den Büromarkt? Aufgrund steigender Energie- und Materialkosten kann es gut sein, dass die Zahl der Bauvorhaben wieder zurückgeht. Im Bestand könnte es zudem zu einer Spaltung kommen: Einerseits dürfte die Nachfrage nach modernen, energieeffizienten Gebäuden mit guter technischer Grundausstattung in zentralen Lagen noch einmal wachsen, was das Angebot weiter verknappen und die Mieten in diesem Segment in die Höhe treiben würde. Andererseits werden ältere Objekte voller Einzelbüros in Randlagen in Zukunft wohl öfter leer stehen.

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