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Corona-Pandemie drückt Mietpreise kaum

Bislang trotzen die Büromieten allem Anschein nach der Corona-Krise und auch im Einzelhandel entwickelten sich die Mieten im Jahr 2020 keinesfalls eindeutig negativ. Dafür gibt es verschiedene Erklärungsansätze – teilweise sind es sogar die Folgen der Pandemie selbst, die die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien befeuern.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Büromieten sind im Jahr 2020 an den zwölf wichtigsten deutschen Standorten trotz Corona-Pandemie gestiegen.
  • Bei den Angebotsmieten im Einzelhandel ist das Bild nicht so eindeutig, doch auch hier gibt es längst nicht nur Verlierer.
  • Allerdings muss dieser kurzfristige Befund klar von den mittelfristigen Perspektiven für Gewerbeimmobilien getrennt werden.
Zur detaillierten Fassung

Das Bauchgefühl ist das eine, die blanken Zahlen sind mitunter etwas völlig anderes. Das gilt derzeit auch für die Ergebnisse des Gewerbeimmobilienindex, kurz GIMX, den das IW mit der Online-Plattform ImmoScout24 Gewerbeflächen veröffentlicht. Denn gefühlt war es im vergangenen Jahr nicht weit her mit der Nachfrage nach Büroimmobilien und Einzelhandelsflächen – schließlich drängte die Pandemie Mitarbeiter ins Homeoffice und im Lockdown waren und sind viele Läden geschlossen.

Trotz Lockdown und Homeoffice ist der Mietmarkt für Gewerbeimmobilien in Deutschland nicht zusammengebrochen.

Doch die Fakten – konkret sind es die Online-Inserate für Gewerbeimmobilien – sprechen eine andere Sprache:

Die Angebotsmieten für Büros an den zwölf führenden deutschen Standorten sind 2020 zwischen 3 und 10 Prozent gestiegen.

Preissteigerung hängt stark vom Bürostandort ab

Allerdings zeigt diese Spanne, dass der Trend keinesfalls einheitlich stark ausfiel (Grafik):

In Dresden legten die Mieten für Büroimmobilien binnen eines Jahres um fast 10 Prozent zu. In Stuttgart, Düsseldorf und Dortmund betrug der Anstieg maximal 3 Prozent.

Prozentuale Veränderung der Angebotsmieten im zweiten Halbjahr 2020 gegenüber … Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Noch uneinheitlicher wird der Befund, wenn die Preise im zweiten Halbjahr 2020 mit denen im Halbjahr davor verglichen werden:

In Dresden, Hannover, Düsseldorf und Dortmund stiegen die Büromieten vor allem im zweiten Halbjahr 2020. An den anderen Standorten war das Plus im ersten Halbjahr teils deutlich größer.

München war der einzige der zwölf im GIMX betrachteten Standorte, an dem die Büromieten im zweiten Halbjahr 2020 sanken.

Deutlich differenziertere Entwicklung der Angebotsmieten im Einzelhandel

Im Einzelhandel war der Befund nicht so eindeutig, doch auch hier gab es keineswegs nur Verlierer (Grafik):

Im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2019 lagen die Angebotsmieten für den Einzelhandel im zweiten Halbjahr 2020 an sechs der zwölf untersuchten Standorte teils deutlich höher. Gleichzeitig gab es in fünf Großstädten Preiskorrekturen nach unten – am stärksten in Dortmund mit minus 9 Prozent und in Leipzig mit minus 8 Prozent.

Prozentuale Veränderung der Angebotsmieten im zweiten Halbjahr 2020 gegenüber … Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Wird indes die Mietpreisentwicklung der beiden Halbjahre 2020 verglichen, zeigt sich auch an der vermeintlichen Spitze der Preissteigerungen ein merklicher Dämpfer – in Düsseldorf gingen die Preise in der zweiten Jahreshälfte um 2 Prozent zurück. Andere Standorte – vor allem München, Dresden und Köln – waren im zweiten Halbjahr deutlich teurer als im ersten.

Zwei Effekte verhindern Crash am Mietmarkt

Für diese Ergebnisse des GIMX plausible Erklärungen zu finden, fällt durch die völlig neue Pandemie-Situation nicht leicht. Generell muss berücksichtigt werden, dass der Mietmarkt relativ träge ist. Deshalb wirken sich kurz- und langfristige Effekte unterschiedlich stark aus.

Kurzfristig dürften zwei Effekte zum Tragen kommen:

Konjunkturhilfen. Zwar fließt die staatliche Unterstützung für von Corona geplagte Firmen nicht immer so reibungslos wie erhofft, dennoch federn Kurzarbeitergeld, Überbrückungshilfen und andere Leistungen die Folgen der Krise merklich ab. Entsprechend sind viele Firmen bislang an einer Insolvenz vorbeigeschrammt, was natürlich auch den Gewerbeimmobilienmarkt stützt.

Abstandsgebot. Ob in der Firma oder im Ladenlokal: Abstand zu halten ist das Gebot der Stunde. Deshalb müssen Betriebe für ihre Mitarbeiter und Läden für ihre Kunden viel Fläche vorhalten, selbst wenn zahlreiche Beschäftigte im Homeoffice sind und die Konsumenten nicht in den Läden einkaufen wollen oder dürfen.

Darüber hinaus muss beim GIMX die Datengrundlage berücksichtigt werden: Er wertet die Online-Inserate von Gewerbeimmobilien aus. Und natürlich versuchen Eigentümer, ihre Flächen möglichst teuer loszuschlagen. Ob ihnen das gelingt oder sie Preisabschläge gewähren müssen, kann der Index nicht abbilden.

Nach der Pandemie warten Herausforderungen

Zudem dürfte sich die Lage mittelfristig – nach der Pandemie – ganz anders darstellen als in der kurzen Frist:

Homeoffice. Der Anteil jener, die aus dem Homeoffice arbeiten, dürfte dauerhaft steigen, was den Bedarf an klassischen Büros reduziert.

Online-Shopping. Das Einkaufen im Netz wird einen höheren Stellenwert haben als vor der Krise, was die Innenstädte nachhaltig verändert.

Allerdings ist trotz beider Entwicklungen keineswegs ausgemacht, dass der Gewerbeimmobilienmarkt darunter leiden muss:

Trotz Homeoffice werden sich die Mitarbeiter auch in Zukunft persönlich austauschen wollen. Zudem arbeiten nicht alle gerne von zu Hause aus. Für Vermieter gilt es deshalb, flexible Büroangebote mit größeren Kommunikationsflächen zu schaffen.

Der Einzelhandel sollte seinen Kunden mehr denn je ein Erlebnis bieten, das den Nutzen des Shoppings im Web übertrifft – etwa mit Produkttests vor Ort oder Live-Events. Allerdings braucht es dafür gute Konzepte, die weit über die Immobilienwirtschaft hinausgehen.

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