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Umland lohnt sich mehr als Metropolen

Trotz Corona-Pandemie zeigt sich der deutsche Wohnimmobilienmarkt noch immer robust. Allerdings scheint die aktuelle Krise das Umland der deutschen Großstädte attraktiver zu machen, wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt.

Kernaussagen in Kürze:
  • Trotz Corona-Pandemie sind die Preise für Eigentumswohnungen auch im zweiten Quartal 2020 merklich gestiegen.
  • Das IW sieht dafür in einer neuen Studie vor allem drei Gründe; unter anderem jenen, dass der Nutzen der eigenen vier Wände höher geschätzt wird als früher.
  • Schon seit einigen Jahren ist die Summe aus Mietrendite und Wertsteigerung von Wohnimmobilien im Umland der Großstädte höher als in den Metropolen selbst.
Zur detaillierten Fassung

Als es im März 2020 in den ersten Lockdown ging, um der Corona-Infektionen Herr zu werden, hätte das wohl kaum jemand für möglich gehalten:

Die Preise für Eigentumswohnungen sind im zweiten Quartal 2020 im Schnitt aller 401 deutschen Landkreise und kreisfreien Städte um 4,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

Viele Beobachter hatten wegen Lockdown, Kurzarbeit und Zukunftsangst fest damit gerechnet, dass die Krise auf den Immobilienmarkt durchschlagen würde. Selbst der Markt für Studentenbuden zeigt sich von der Pandemie laut aktuellen Zahlen unbeeindruckt – trotz Online-Semestern allerorten.

Drei Gründe für den Immobilienboom trotz Pandemie

In einer neuen Studie benennt das Institut der deutschen Wirtschaft dafür drei Gründe:

1. Vor allem in den Ballungsräumen herrscht noch immer ein deutlicher Nachfrageüberschuss nach Wohnraum. Das heißt: In den vergangenen Jahren sind viele Menschen aus dem In- und Ausland in die deutschen Metropolen gezogen; das Immobilienangebot konnte nicht so schnell mitziehen – Neubauten brauchen eben Zeit. Durch Corona ist die Nachfrage jetzt zwar etwas gesunken, doch das Missverhältnis von Angebot und Nachfrage besteht fort.

Die Summe aus Mietrendite und Wertsteigerung zeigt, wo sich der Immobilienkauf vor allem lohnt: Seit ein paar Jahren schlägt das Umland die Metropolen.

So erklärt sich wahrscheinlich auch, weshalb selbst der Markt für Studentenwohnungen noch nicht zusammengebrochen ist: Es sind schlicht andere Nachfragegruppen in die Lücke gestoßen und mieten lieber eine kleine oder schlecht ausgestattete Wohnung als gar keine.

2. Kaufen statt mieten lohnt sich noch immer. Oder anders gewendet: Wohnimmobilien sind fast überall preislich längst nicht so überbewertet, wie viele Kritiker zuvor immer wieder betont hatten. Deshalb ist der Markt in der Krise nicht zusammengebrochen.

3. Der Lockdown und die Erfahrungen mit Homeoffice und -schooling haben den Nutzen der eigenen vier Wände verdeutlicht. Viele sind deshalb bereit, mehr für das Wohnen auszugeben als vor der Krise. Selbst wenn einige Mieter und Eigentümer aktuell Einkommenseinbußen hinnehmen müssen, hat sich ihre Zahlungsbereitschaft für eine Wohnung oder ein Haus erhöht.

Umland ist attraktiver als die Metropolen

Vor allem der letzte Grund hat noch weitere Folgen: Wenn die Menschen deutlich mehr von zu Hause arbeiten als früher, pendeln sie seltener und die Entfernung zum Büro wird unterm Strich unwichtiger.

Gepaart mit dem Trend, dass die deutsche Bevölkerung gern auf immer mehr Quadratmetern lebt (siehe: „Größer wohnen“), macht dies das günstigere Umland gegenüber den Metropolen attraktiver (Grafik):

Seit Sommer 2016 liegt der Total Return – das ist die Summe aus Mietrendite und Wertsteigerung – jener 36 Regionen, die an Deutschlands sieben größte Städte grenzen, über dem Wert in den Metropolen selbst.

Entwicklung des Total Returns - der Summe aus Mietrendite uind Wertsteigerung - in Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Unter Mietrendite versteht man das Verhältnis von Jahresmiete zu Kaufpreis. Sie ist ein Maß dafür, wie schnell sich der Erwerb einer Immobilie amortisiert.

Die Wertsteigerung wiederum misst die prozentuale Veränderung des Kaufpreises gegenüber dem Vorjahr.

Der Total Return ist somit sowohl für Investoren als auch für Selbstnutzer ein geeignetes Maß, um zu entscheiden, wo sie Wohnungen kaufen sollten – und wo eher nicht.

Bis 2013 war der Total Return in Deutschlands sieben größten Städten teils deutlich höher als im Umland. Danach lagen die Metropolen und ihre Speckgürtel dann fast gleichauf – bis es 2016 zur Trendwende kam. Der wesentliche Grund dafür war, dass sich die Kaufpreise in den Städten deutlich erhöht haben, was die Mietrendite dort schmälerte.

Das Umland dürfte weiterhin profitieren

Am aktuellen Rand liegen Stadt und Umland nun gleichauf. Das IW sieht darin aber eher einen singulären Effekt als eine dauerhafte Veränderung – die Preise in den Städten haben sich aufgrund weiterer Zinssenkungen und dem Bestreben vieler Menschen, ihr Vermögen in der Krise wertbeständig abzusichern, noch einmal erhöht.

Das IW geht davon aus, dass in Zukunft weiterhin vor allem das Umland profitiert. Nicht, weil die Preise in den Städten sinken, sondern weil sie langsamer steigen werden als im Umland – aus zwei Gründen:

Erstens ist die Arbeitsmigration deutlich niedriger als früher und es dürfte dauern, bis sie wieder zu alter Stärke zurückfindet. Arbeitsmigranten waren bislang Treiber der Preisentwicklung in den Städten.

Zweitens wollen die Bundesbürger auch weiterhin in größeren Wohnungen leben, was auf dem Land leichter zu realisieren ist als in der Stadt.

In der Summe dürfte das dazu führen, dass sich der Wohnungsmarkt in den Metropolen in den kommenden Jahren entspannt – allerdings nur, wenn die Bautätigkeit dort nicht einbricht.

Der Blick auf den Total Return offenbart aber noch eine weitere Veränderung:

Seit Herbst 2018 übertrifft der Total Return aller Landkreise und kreisfreien Städte sowohl jenen der sieben größten Städte als auch jenen in deren Umland.

Das liegt zum einen daran, dass die Mietrenditen in gewöhnlichen Landkreisen dank niedriger Kaufpreise entsprechend hoch sind. Zum anderen sind die Renditen auch in weiteren Städten wie den Uni-Standorten Leipzig und Freiburg stark gestiegen.

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