Blockchain-Unternehmen auf dem Vormarsch
Blockchain-Anwendungen gelten als zentrale Zukunftstechnologie. Am häufigsten werden die virtuellen Verschlüsselungsverfahren mit Kryptowährungen wie Bitcoin assoziiert – dabei ist die Technologie mehr als nur das, wie der Blick auf die Blockchain-Unternehmen in Deutschland und der EU zeigt.
- Immer mehr Firmen beschäftigen sich mit Blockchain-Anwendungen – nicht nur im Zusammenhang mit Kryptowährungen.
- Knapp 17 Prozent dieser Unternehmen in der EU sitzen in der Bundesrepublik, mehr als in jedem anderen europäischen Land.
- Es ist davon auszugehen, dass solche Geschäftsmodelle künftig weiter an Bedeutung gewinnen – insbesondere dort, wo die Rahmenbedingungen in Form von Kapitalzugang und attraktivem Gründungsumfeld gut sind.
Blockchain – ein Begriff, bei dem oftmals allenfalls Kenner wissen, was genau dahintersteckt. Die Technologie trat erst mit dem Erfolg von Kryptowährungen wie Bitcoin ins Licht der breiten Öffentlichkeit und gehört zu den „Distributed Ledger Technologies“, auf Deutsch: Technologien verteilter Kassenbücher. Im Gegensatz zur zentralen Verwaltung durch eine Institution haben dabei alle Teilnehmer identische Kopien der Datenbank auf ihrem Rechner.
So basieren digitale Zahlungsmittel wie Bitcoin auf einer Verschlüsselungstechnik („Kryptografie“), die den Zahlungsverkehr im virtuellen Raum absichert. Die Internetwährung besteht aber nicht aus Scheinen und Münzen, sondern aus einer Kette von verschlüsselten Datenblöcken – der Blockchain.
Die Blockchain-Technologie
Vereinfacht gesagt funktioniert die Blockchain-Technologie wie ein von vielen Menschen genutztes digitales Kontobuch mit unendlich vielen Seiten, das von jeder Person, für die Transaktionen vorgenommen werden, separat gespeichert wird und jederzeit eingesehen werden kann. Findet eine neue Transaktion statt, werden die entsprechenden Daten auf einer neuen Seite – einem neuen Block – registriert, gespeichert, sicher verschlüsselt und schließlich dem Buch beziehungsweise der Blockchain hinzugefügt.
Die Datenblöcke liegen dabei nicht auf einem zentralen Server, sondern sind dezentral in einem Netzwerk verteilt, wobei jeder Rechner eine identische Version des virtuellen Kontobuchs besitzt. Dies macht einen zwischengeschalteten Dienstleister – im Falle von Finanztransaktionen zum Beispiel Banken – überflüssig.
Immer mehr Firmen in Deutschland und der EU beschäftigen sich mit Blockchain-Anwendungen. Bei einigen steht die Technologie schon im Geschäftsmittelpunkt.
Der Einsatz von Blockchain-Technologien beschränkt sich aber nicht nur auf Kryptowährungen. Prinzipiell können entsprechende Verfahren überall dort zum Einsatz kommen, wo eine Gruppe von Personen ohne Intermediär Transaktionen abwickeln möchte.
Ein Beispiel dafür sind Smart Contracts – Verträge, die digital geschlossen werden und deren Prozesse durch die technologisch unterstützte Abwicklung optimiert sind. So kann mit einem Smart Contract beispielsweise ein übers Internet bestelltes Produkt exakt in dem Moment bezahlt werden, in dem die Ware den Kunden erreicht.
Blockchain bei Firmen zunehmend im Fokus
Noch steckt die Blockchain-Technologie in den Kinderschuhen, viele Anwendungen sind bislang reine Prototypen oder Betaversionen. Zunehmend beschäftigen sich aber auch Firmen mit den Potenzialen im unternehmerischen Umfeld. Einige Konzerne unterhalten bereits Innovationsabteilungen, in denen Blockchain-Anwendungen entwickelt werden sollen. Bei manchen Unternehmen steht Blockchain sogar schon im Mittelpunkt des Geschäfts (Grafik):
In Deutschland beschäftigen sich aktuell 241 Unternehmen schwerpunktmäßig mit der Technologie.
Zu diesem Ergebnis kommt das Institut der deutschen Wirtschaft in einer Auswertung der Unternehmensdatenbank Crunchbase. Die Anzahl an Blockchain-Unternehmen in der Bundesrepublik steigt immer schneller – 2015 waren erst 71 Firmen in diesem Bereich tätig.
Zudem fällt auf: Sechs von zehn Unternehmen fokussieren sich auf Geschäftsmodelle außerhalb von Kryptowährungen. Ein Berliner Start-up ermöglicht es seinen Kunden auf Basis der Blockchain-Technologie beispielsweise, Oldtimer digital zu verwalten und deren Fahrzeughistorie fälschungssicher mit anderen Nutzern zu teilen. Auch der kürzlich vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegebene digitale Impfpass wird von einem Unternehmen mitentwickelt, das auf Datensicherheit mithilfe von Blockchain spezialisiert ist.
Der Blick über die deutschen Grenzen hinaus bestätigt den Eindruck einer schnell wachsenden Blockchain-Unternehmensszene. EU-weit arbeiten mittlerweile rund 1.400 Firmen primär mit der Technologie – viele davon mit Sitz in Deutschland (Grafik):
Knapp 17 Prozent der Blockchain-Unternehmen in der EU sitzen in der Bundesrepublik, mehr als in jedem anderen europäischen Land.
Da Deutschland die größte Volkswirtschaft der EU ist, mag dies naheliegen. Die weiteren Spitzenplätze zeigen jedoch, dass auch kleine Staaten wie Estland oder Malta als Standort für Blockchain-Firmen in Europa eine große Rolle spielen.
Der Grund: In diesen Ländern herrschen besonders attraktive Bedingungen für Unternehmensgründungen. So ist der Zugang zu Risikokapital einfacher als in anderen Ländern und die staatlichen Regulierungen sind unternehmensfreundlicher. Das führt zu einer florierenden Start-up-Szene, wovon die vielen neu gegründeten Blockchain-Unternehmen – ihres Zeichens ebenfalls häufig Start-ups – profitieren möchten.
Insgesamt sind Unternehmen, die sich primär mit Blockchain beschäftigen, noch ein Nischenphänomen. Es ist aber davon auszugehen, dass derartige Geschäftsmodelle künftig an Bedeutung gewinnen – insbesondere dort, wo die Rahmenbedingungen in Form von Kapitalzugang und attraktivem Gründungsumfeld, beispielsweise günstigem Büroraum, gut sind.
Um das deutsche Blockchain-System stärker zu fördern und auszubauen, gilt es daher, diese Bedingungen weiter zu verbessern. Innerhalb Europas könnten zudem Synergien stärker genutzt werden, indem sich die Unternehmen vernetzen und gemeinsame, länderübergreifende Projekte anstoßen.