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Befristeter Kaufanreiz

Um die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns zu mildern, hat die Bundesregierung die Mehrwertsteuersätze vorübergehend gesenkt. Ziel ist eine spürbare Zunahme des Konsums. Sollte die Mehrwertsteuer deshalb dauerhaft reduziert werden?

Kernaussagen in Kürze:
  • Mit der Mehrwertsteuersenkung verzichtet die Regierung auf Einnahmen von rund 20 Milliarden Euro - aber nur, wenn die Bundesbürger ihr Einkaufsverhalten nicht ändern.
  • Ob der Plan, den Konsum anzukurbeln, aufgeht, lässt sich abschließend erst nach dem Weihnachtsgeschäft beurteilen.
  • Auch wenn dauerhaft geringere Mehrwertsteuersätze für die Verbraucher eine gute Nachricht wären – sie würden den finanziellen Spielraum des Staates an anderer Stelle einschränken.
Zur detaillierten Fassung

Steuersenkungen sind in den vergangenen Jahren in Deutschland so gut wie nicht vorgekommen. Daher war es schon überraschend, dass die Regierung im Rahmen ihres Konjunkturpakets den regulären Mehrwertsteuersatz von 19 auf 16 Prozent und den ermäßigten Satz von 7 auf 5 Prozent gesenkt hat – befristet von Juli bis Dezember 2020. Ausschlaggebend ist dabei immer der Erhalt der Ware: Wer zum Beispiel heute ein Auto bestellt, das aber erst im Januar nächsten Jahres ausgeliefert wird, muss dann wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer zahlen.

In der arg gebeutelten Gastronomie gelten besondere Regeln (Grafik). Für den Verkauf von Speisen sind bis Ende des Jahres nur 5 statt 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig. Im ersten Halbjahr 2021 gilt dann der ermäßigte Satz von 7 Prozent, bevor ab Juli 2021 wieder die regulären 19 Prozent fällig werden.

Mehrwertsteuersätze in Deutschland während der Corona-Krise in Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Staat riskiert Mindereinnahmen – und hofft auf mehr Konsum

Der Staat verzichtet durch den halbjährigen Steuerrabatt auf Einnahmen von rund 20 Milliarden Euro – aber nur, wenn die Bundesbürger ihr Einkaufsverhalten nicht ändern. Genau darauf aber setzt die Politik: Wenn die Bundesbürger mehr einkaufen und größere Anschaffungen wie ein neues Auto vorziehen, dann wird es am Ende nicht so teuer. Denn mehr Umsatz bedeutet für den Finanzminister eben auch mehr Steuereinnahmen.

Auch wenn dauerhaft geringere Mehrwertsteuersätze für die Verbraucher eine gute Nachricht wären – sie würden den finanziellen Spielraum des Staates an anderer Stelle einschränken.

Inwieweit dieser Plan aufgeht, lässt sich abschließend erst nach dem Jahreswechsel beurteilen. Schließlich kommt noch das Weihnachtsgeschäft, auf das viele Händler traditionell setzen. Immerhin strömen bereits jetzt wieder mehr Menschen in die Innenstädte. Und:

Der Handelsverband Deutschland schätzt, dass die Steuersenkung im Einzelhandel aufs Jahr gerechnet zu 0,5 Prozent mehr Umsatz führt – das entspricht rund 4 Milliarden Euro.

In den Supermärkten dürfte die Steuersenkung allerdings wenig Wirkung erzielen, denn sie ist für die Kunden kaum spürbar – wer vorher für einen Einkauf 40 Euro bezahlt hat, spart nun knapp 75 Cent. Zudem werden ab Anfang 2021 langlebige Produkte vermutlich weniger stark nachgefragt, wenn der Steuersatz wieder steigt.

Befristung der Mehrwertsteuersenkung wichtig

Sollte die Senkung deshalb verlängert oder gar dauerhaft eingeführt werden? Dafür spricht, dass davon insbesondere Haushalte mit geringem Einkommen profitieren würden, da Güter des täglichen Bedarfs von allen mehr oder weniger gleichermaßen gekauft werden.

Doch diese Überlegungen lassen außer Acht, dass gerade die Befristung der Steuersenkung konjunkturpolitisch entscheidend ist – sonst gäbe es keinen Anreiz, einen Kauf vorzuziehen.

Auch wenn dauerhaft geringere Mehrwertsteuersätze für die Verbraucher eine gute Nachricht wären – sie würden den finanziellen Spielraum des Staates an anderer Stelle einschränken. Längst überfällige Steueränderungen wie die Abschaffung des Solidaritätszuschlags und der konsequente Ausgleich der kalten Progression könnten dann auf der Strecke bleiben.

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