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Tarifbindung: So weit reicht der Arm der Tarifverträge

Seit Jahren kämpfen die Gewerkschaften gegen den Mitgliederschwund – zudem ist mittlerweile nur noch rund jeder zweite Beschäftigte in Deutschland tariflich gebunden. Eine IW-Auswertung für das Jahr 2016 zeigt, in welchen Bereichen es besonders hakt.

Kernaussagen in Kürze:
  • Gut die Hälfte aller Arbeitnehmer in Deutschland wurde im Jahr 2016 nach Tarif bezahlt, wie eine Auswertung des Sozio-oekonomischen Panels ergeben hat.
  • Hinzu kommen weitere 10 Prozent der Beschäftigten, deren Arbeitgeber sich an einem Branchentarifvertrag orientieren.
  • Die Branchenunterschiede sind allerdings groß: In den Wirtschaftszweigen Bergbau, Energie und Wasserversorgung sowie Erziehung und Unterricht werden Arbeitnehmer am häufigsten nach Tarif entlohnt, am seltensten im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung.
Zur detaillierten Fassung

Im Gegensatz zum Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, das die Tarifbindung der Betriebe analysiert, werden für das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) die Arbeitnehmer gefragt, ob ihr Lohn einer tariflichen Grundlage entspringt. Berücksichtigt werden Personen, die zum Zeitpunkt der Befragung höchstens 65 Jahre alt, in Vollzeit, Teilzeit oder geringfügig beschäftigt waren oder sich in einer Ausbildung befanden. Für 2016 kommt man anhand von SOEP-Daten zu folgendem Ergebnis (Grafik):

Insgesamt werden rund 53 Prozent der Beschäftigten nach Tarif bezahlt – dazu zählen Flächen- und Haustarifverträge sowie die außertarifliche Bezahlung in Betrieben mit tariflicher Bindung.

So viel Prozent der Beschäftigten wurden im Jahr 2016 tariflich oder in Anlehnung an einen Tarifvertrag bezahlt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Zählt man noch jene Arbeitnehmer hinzu, deren Betriebe zwar nicht tarifgebunden sind, sich aber trotzdem am Flächentarif orientieren, profitieren gut 63 Prozent der Beschäftigten von Tarifverträgen.

Hinter diesen Gesamtzahlen stecken verschiedene Teilergebnisse:

Ost- und Westdeutschland unterscheiden sich in Sachen Tarifbindung noch immer. So werden im Westen fast 39 Prozent der Beschäftigten nach einem Flächentarifvertrag bezahlt, im Osten nur knapp 32 Prozent. Auch bei der außertariflichen Bezahlung hat der Westen mit gut 5 Prozent die Nase um 3 Prozentpunkte vorn. Umgekehrt ist es bei den Firmen- oder Haustarifverträgen. Hier ist der ostdeutsche Anteil mit fast 17 Prozent deutlich höher als der westdeutsche mit rund 10 Prozent.

Männer werden doppelt so häufig außertariflich bezahlt wie Frauen – ein Grund dafür könnte im unterschiedlichen Karrierestreben liegen.

Frauen und Männer unterscheiden sich in der Tarifbindung kaum – mit einer Ausnahme: Mit rund 6 Prozent kommt die außertarifliche Bezahlung bei den Männern fast doppelt so häufig vor wie bei den Frauen. Ein Grund dafür könnte im unterschiedlichen Karrierestreben liegen – während jeder zweite Mann beruflich aufsteigen will, verfolgt nur jede dritte Frau dieses Ziel.

Die Tarifbindung nach Branchen zeigt eine große Bandbreite. Am stärksten ausgeprägt ist sie im Bergbau einschließlich der Energie- und Wasserversorgung, wo fast drei Viertel der Beschäftigten nach Tarif bezahlt werden. Es folgt der Bereich Erziehung und Unterricht mit einer Quote von 71 Prozent. Am geringsten ist die Tarifbindung im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung mit rund 31 Prozent.

Der Erwerbsstatus zeigt keinen großen Einfluss auf die Tarifbindung. Addiert man die drei Formen der tariflichen Bezahlung und nimmt die Orientierung am Flächentarifvertrag hinzu, profitieren jeweils 65 Prozent der Voll- und Teilzeitkräfte sowie fast drei Viertel der Auszubildenden von einem Tarifvertrag. Lediglich bei den geringfügig Beschäftigten fällt die Quote mit knapp 32 Prozent aus dem Rahmen.

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