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Schöner wohnen: Mehr Platz, mehr Grün, mehr Breitband

Die Pandemie hat vor allem bei Mietern neue Vorstellungen darüber geweckt, wie sie gern wohnen würden. Sollten diese Wünsche realisiert werden, könnte dies den ländlichen Raum deutlich aufwerten, glaubt Johannes Ewald, Immobilienspezialist der IW Consult.

Kernaussagen in Kürze:
  • Da der Großteil des beruflichen Alltags und der Freizeit seit gut einem Jahr zu Hause stattfindet, hat dies dazu geführt, dass sich die Wohn-Wunschvorstellungen der Bundesbürger merklich geändert haben, sagt Johannes Ewald, Immobilienexperte der IW Consult und Mitautor der Studie "Wohnen in Deutschland 2021".
  • So äußerten knapp 80 Prozent der Mieter mit Erwerbsplänen noch vor zwei Jahren den Wunsch, das Eigenheim maximal 30 Kilometer entfernt vom Arbeitsplatz kaufen oder bauen zu wollen. Heute sagen das nur noch etwa 65 Prozent der Mieter.
  • Sollte auch nach der Pandemie der Trend anhalten, den Wohnort vom Arbeitsort zu entkoppeln, könnte das zudem die Verkehrsinfrastruktur von Städten entlasten, so Ewald.
Zur detaillierten Fassung

Während der Pandemie wurde es für viele Leute normal, im Homeoffice zu arbeiten. Gerade Bürobeschäftigte besuchten und besuchen ihren eigentlichen Arbeitsplatz oft nur noch in Ausnahmefällen. Dass der Großteil des beruflichen Alltags und der Freizeit seit gut einem Jahr zu Hause stattfindet, hat dazu geführt, dass sich die Wohn-Wunschvorstellungen der Bundesbürger merklich geändert haben. Die Studie „Wohnen in Deutschland 2021“, die durch die Gruppe der Sparda-Banken veröffentlicht und in Kooperation mit dem Institut der deutschen Wirtschaft, seiner Beratungstochter IW Consult sowie dem Institut für Demoskopie Allensbach erstellt wurde, zeigt beachtliche Präferenzänderungen in der Bevölkerung auf.

45 Prozent der Befragten haben während der Corona-Pandemie ihre Vorstellungen über die eigene Wohnsituation verändert. Unter Mietern äußern sogar 60 Prozent den Wunsch nach Veränderung.

45 Prozent der Befragten haben während der Corona-Pandemie ihre Vorstellungen über die eigene Wohnsituation verändert, also über die Art und Weise, wie sie gerne leben möchten. Unter Mietern äußern sogar 60 Prozent den Wunsch nach Veränderung. Im Gegensatz zu Wohneigentümern ist der Wunsch bei Mietern oft dringlicher. Jeder Fünfte dachte wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie über einen Umzug nach. Jeder Zehnte hat sich konkret nach einer neuen Wohnmöglichkeit umgeschaut.

Ein Grund dafür ist, dass die Corona-Pandemie unsere Sicht auf die Attraktivität von Wohnimmobilien verändert. Während die Entfernung zum Arbeitsplatz für aktuell kaufinteressierte Mieter stark an Bedeutung verloren hat, ist eine schöne Wohngegend ein wichtiger Faktor im Entscheidungsprozess geworden.

Drei von vier Bundesbürgern wünschen sich, in den eigenen vier Wänden zu leben

Viele Menschen in Deutschland schätzen den Erwerb einer Immobilie weiterhin als sehr attraktiv ein. Zwei Drittel der Bevölkerung sehen im Kauf oder Bau eine lohnende Investition, drei Viertel haben den Wunsch, in den eigenen vier Wänden zu leben. Die Hälfte der Mieter würde sich finanziell stark oder sehr stark einschränken und die Mehrheit hält niedrige Zinsen für einen Vorteil beim Immobilienkauf – im Vergleich zu 2008 spart man für eine durchschnittliche Investition in Höhe von 354.000 Euro über 130.000 Euro an Zinszahlungen.

Die hohen Kaufpreise und die mit dem Erwerb von Eigentum verbundenen Kosten sind allerdings für 60 Prozent der Bevölkerung Gründe, die gegen den Kauf einer eigenen Wohnimmobilie sprechen. Mit durchschnittlich fast 4.800 Euro pro Quadratmeter ist es in den sieben Metropolen besonders teuer. In deutschen Städten kostet der Quadratmeter Wohneigentum mit durchschnittlich rund 3.400 Euro je Quadratmeter fast die Hälfte mehr als auf dem Land, wo im Schnitt 2.300 Euro fällig sind. Gleichzeitig sind die Preise in den Städten und insbesondere in den Metropolen seit 2005 stärker gestiegen als auf dem Land.

Städte ziehen vor allem junge Leute an

Aber nicht nur die Kostenstrukturen führen dazu, dass in den Städten häufiger zur Miete gewohnt wird als auf dem Land. Auch Lebensweg und Familienstatus erklären die höhere Eigentümerquote abseits der urbanen Ballungsräume. Insbesondere für junge Menschen zwischen 18 und 29 Jahren haben Städte einen besonderen Reiz. Der Zuzug von jungen Leuten ist ungebrochen, sie wollen dort nicht nur von vorhandenen Hochschulen und Berufsausbildungsmöglichkeiten profitieren, sondern auch individuelle Lebensmodelle realisieren sowie Kultur und Nachtleben erleben.

Johannes Ewald ist Referent bei der IW Consult; Foto: IW Medien In den späteren Lebensphasen der Familiengründung zieht es die 30- bis 49-Jährigen aus den Städten ins ländliche Umland. Statt Urbanität wird mehr bezahlbare Wohnfläche für die Familie wichtig. Für knapp drei Viertel der Bevölkerung sprechen auch die freieren Gestaltungsmöglichkeiten der eigenen Immobilie für Wohneigentum. Von den Mietern, deren Wohnvorstellungen sich aufgrund von Corona verändert haben, geben 42 Prozent an, sich insgesamt mehr Platz zu wünschen. Etwa ein Drittel hätte jeweils gerne einen (größeren) Garten oder (größeren) Balkon. Eine eigene Immobilie im günstigeren Umland einer Stadt könnte das bieten.

Mit dem Wohnen auf dem Land respektive im Umland von Städten ist das Pendeln zum Arbeitsplatz in die Stadt eine notwendige Folge. Über 40 Prozent der Beschäftigten arbeiten in Städten, aber lediglich ein knappes Drittel der Bundesbürger lebt auch in diesen. Die Corona-Pandemie hat auch unsere Einstellung für das tägliche Pendeln zur Arbeit verändert. Knapp 80 Prozent der Mieter mit Erwerbsplänen äußerten vor zwei Jahren noch den Wunsch, das Eigenheim maximal 30 Kilometer entfernt vom Arbeitsplatz kaufen oder bauen zu wollen. Heute sagen das nur noch etwa 65 Prozent der Mieter. In Erwartung von mehr Homeoffice wären Mieter bereit, für weniger Tage am Arbeitsplatz auch mal etwas weiter zu pendeln.

Im ländlichen Raum ist schnelles Internet besonders wichtig

Das birgt Chancen nicht nur für das direkte Umland von Ballungsgebieten, sondern auch für den ländlichen Raum. Sollte auch nach der Pandemie der Trend anhalten, den Wohnort vom Arbeitsort zu entkoppeln, könnte das zudem die Verkehrsinfrastruktur von Städten entlasten. Für das Wohnen im Umland spielt im Übrigen die digitale Infrastruktur eine Schlüsselrolle. Eine leistungsfähige digitale Anbindung ist wichtig, um unter anderem den Anforderungen für das Arbeiten von zu Hause gerecht zu werden.

Vielerorts ist das noch ein Problem. Je kleiner die Kommune, desto höher ist der Anteil der Befragten, die angeben, dass sie gerne in einer Gegend mit schnellerem Internet wohnen würden: In Ballungsräumen geben das 24 Prozent der Befragten mit geänderten Wohnvorstellungen an. In kleineren Gemeinden steigt der Anteil auf 40 Prozent. Das zeigt, wie wichtig der Breitbandausbau vor allem im ländlichen Raum ist.

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