„Wir wollen robuste Partnerschaften hinbekommen“
Seit fast eineinhalb Jahren läuft das Entwicklungsvorhaben „Perspektiven schaffen“ in Ostafrika, das Akteure der Entwicklungszusammenarbeit und Vertreter der deutschen Wirtschaft zusammenspannt. Warum diese Konstellation zu einer Win-win-Situation führt, erläutert Axel Klaphake, Abteilungsleiter Wirtschaft, Soziales und Digitalisierung bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
- Die Unternehmen in Ostafrika stärken und geschäftliche Chancen für deutsche Unternehmen in der Region nutzen – das ist laut Axel Klaphake von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit das Ziel des Projekts „Perspektiven schaffen“.
- Das Projekt richtet sich hierzulande an kleine und mittelständische Unternehmen. Ihnen soll der Markt Ostafrika nähergebracht werden.
- Neben Unternehmenspartnerschaften arrangieren die Initiatoren auch Trainingsmaßnahmen und unterstützen Unternehmensverbände bei ihren Dienstleistungen für kleine und mittelständische Unternehmen vor Ort.
Das Projekt „Perspektiven schaffen: Wirtschaft für Entwicklung – Ostafrika“, für das das Bundesentwicklungsministerium 5 Millionen Euro aufwendet, ist auf etwas mehr als drei Jahre angelegt und läuft Ende 2020 aus. Mit welchem Ergebnis wären Sie zufrieden?
Wenn es optimal läuft, hätten wir dann wirtschaftlich stärkere Unternehmen in den sechs beteiligten ostafrikanischen Ländern sowie neue Geschäftsmöglichkeiten für deutsche Unternehmen in Ostafrika.
Die Leitidee des Projekts ist das Zusammenführen eines afrikanischen und eines passenden deutschen Betriebs, der dann eine Mentorenrolle übernehmen soll. Wie sieht das in der Praxis konkret aus?
Ein Beispiel: In Kenia gibt es ein Fairtrade-Unternehmen, das den Vertrieb für mehr als 3.000 lokale Macadamia-Produzenten managt. Diese Firma hat Schwierigkeiten damit, lückenlos zu überprüfen, ob wirklich alle Nüsse fair produziert werden. Deshalb haben wir sie mit einem deutschen Unternehmen zusammengebracht, das Digitalisierungslösungen für landwirtschaftliche und nahrungsmittelverarbeitende Wertschöpfungsketten entwickelt, also beispielsweise ein nachvollziehbares System des Trackings.
In der deutschen Wirtschaft gibt es ja nach wie vor große Bedenken, in Afrika aktiv zu werden. Unsere Aufgabe ist es, diesen Firmen den dortigen Markt zu erklären und für einen Markteinstieg zu werben.
Sie haben 74 ostafrikanische Firmen für dieses Projekt ausgewählt – nach welchen Kriterien?
Rein formal müssen die Betriebe mindestens zehn Mitarbeiter haben, drei Jahre am Markt und in einer Branche mit hohem Wachstumspotenzial tätig sein, zum Beispiel in der Agrar- und Nahrungsmittelwirtschaft, der Elektroindustrie oder dem Energiesektor. Und natürlich müssen die afrikanischen Unternehmer ein Interesse daran zeigen, von einem deutschen Unternehmen unterstützt zu werden.
Und welche deutschen Unternehmen konnten Sie gewinnen?
Unser Ziel sind nicht Großkonzerne, sondern kleine und mittelständische Unternehmen, die nicht die Ressourcen und vielleicht auch eine gewisse Scheu haben, sich selbst in Ostafrika umzugucken. In der deutschen Wirtschaft gibt es ja nach wie vor große Bedenken, in Afrika aktiv zu werden. Unsere Aufgabe ist es, diesen Firmen den dortigen Markt zu erklären und für einen Markteinstieg in Burundi, Kenia, Ruanda, Südsudan, Tansania oder Uganda zu werben.
Wie viele Kooperationen zwischen afrikanischen und deutschen Betrieben streben Sie an?
Wir wollen robuste Partnerschaften hinbekommen, von denen beide Seiten profitieren. Wir peilen mindestens 20 solcher Paarungen innerhalb dieses Projekts an, aktuell haben wir drei.
Das klingt bescheiden.
Ganz und gar nicht. Geschäftsanbahnungen brauchen Zeit und vor allem Vertrauen. Mit diesem Projekt investieren wir in den Aufbau vertrauensvoller Partnerschaften in herausfordernden Märkten. Insofern stellt dieses Vorhaben, das gemeinsam vom Bundesverband der Deutschen Industrie und der GIZ gemeistert wird, ein interessantes Experiment dar und ist ein ganz tolles Vorhaben, das es so noch nicht gegeben hat. Denn ohne die Einbindung der Privatwirtschaft werden wir unsere Entwicklungsziele nicht erreichen. Zu einer nachhaltigen Entwicklungspolitik gehört es einfach dazu, verstärkt und konkret mit Unternehmern zusammenzuarbeiten.
Wir arrangieren aber nicht nur Unternehmenspartnerschaften, sondern bieten auch Trainingsmaßnahmen an und unterstützen Unternehmensverbände bei ihren Dienstleistungen für kleine und mittelständische Unternehmen vor Ort. Sieben der 74 afrikanischen Unternehmer bringen wir außerdem im April zur Hannover Messe.
Das Projekt „Perspektiven schaffen“ im Überblick
Ostafrika ist ein attraktiver, aufstrebender Markt. Die wachsenden Volkswirtschaften eröffnen den lokalen Unternehmen auch neue Möglichkeiten, mit Firmen aus dem Ausland zu kooperieren. Die deutsche Wirtschaft ist in der Region allerdings bislang unterrepräsentiert.
Das will das Projekt „Perspektiven schaffen: Wirtschaft für Entwicklung – Ostafrika“ ändern. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördern im Rahmen dieser Initiative gemeinsam mit der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC) und dem Ostafrikanischen Wirtschaftsdachverband (EABC) Wirtschaftspartnerschaften zwischen deutschen und ostafrikanischen Unternehmen. Durchgeführt wird das Projekt von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).
Die Palette der ostafrikanischen Unternehmen, die an dem Projekt teilnehmen, reicht von Betrieben mit einer Handvoll Mitarbeitern bis hin zu mittelständischen Unternehmen wie Chillington Rwanda Ltd., das unter anderem Schubkarren und Kleinmaschinen für die Landwirtschaft herstellt.
Die meisten Teilnehmer kommen aus der Lebensmittel- und aus der Textilbranche. Die Sosoma Ltd. aus Ruanda zum Beispiel produziert einen reichhaltigen, gesunden Frühstücksbrei; die New Kigali Designers fertigen Textilien wie Hochzeitskleider, Arbeits- und Sportbekleidung oder Schuluniformen.
Die Firmen unterscheiden sich nicht nur in ihrer Größe und Branchenzugehörigkeit, sondern auch erheblich in ihrem Entwicklungsstand. Während etwa PLASCO Ltd., ein Hersteller von Kunststoff-Pipelines, international tätig und mit modernster finnischer Maschinentechnik ausgestattet ist, müssen andere Betriebe mit mehr als 70 Jahre alten, störanfälligen Maschinen auskommen und entsprechende Produktionsausfälle durch Handarbeit kompensieren.
Um die ostafrikanischen Unternehmen auf die Partnerschaften mit deutschen Firmen vorzubereiten, finden in den teilnehmenden Ländern Managementtrainings statt. Einige davon werden von Trainern der IW Akademie durchgeführt. Sie konzentrieren sich darauf, die ostafrikanischen Manager für wesentliche Aspekte des internationalen Handels zu sensibilisieren und ihnen nötiges Know-how zu vermitteln.
Dabei geht es unter anderem darum herauszufinden, welche Kunden das Unternehmen im Ausland ansprechen will, ob Zertifizierungen für ausländische Märkte benötigt würden oder welche Zollvorschriften zu beachten wären. Auch das Thema digitales Marketing spielt eine große Rolle – wobei viele Firmen aus den ostafrikanischen Ländern keine eigene Homepage haben und existierende Websites oft wenig modern und kaum suchmaschinenoptimiert sind.
All diese Themen kommen nicht nur in den größeren Seminaren zur Sprache, die Experten aus Deutschland besuchen die Manager auch vor Ort in ihren Betrieben, um im Rahmen von Coachings auf konkrete Fragen und individuelle Bedürfnisse noch besser eingehen zu können.
Den Auftakt zur Kooperation mit der IW Akademie bildete im Dezember 2018 ein zweieinhalbtägiger Workshop in Ruanda, an dem 19 Firmen teilnahmen. Im Februar 2019 folgten Trainings in Tansania und Uganda. Als Nächstes sind noch gezieltere Trainings vorgesehen, in denen die Teilnehmer zum Beispiel im Umgang mit Maschinen geschult werden. Zudem gibt es erste Mentoring-Partnerschaften mit deutschen Unternehmen, die feste Ansprechpartner für einzelne ostafrikanische Betriebe sind und sie individuell unterstützen.