Leere Meere
Seit 1978 wird in der EU die Fischerei mittels Fangquoten gesteuert. Doch obwohl viele Fischarten seit Jahrzehnten nicht mehr beliebig aus den Meeren geholt werden dürfen, gelten einige als hoffnungslos überfischt.
- 1978 wurden in der EU erstmals Fangquoten für Fisch und Meerestiere eingeführt.
- Die Quoten sollen der Erhaltung und Wiederauffüllung der Bestände dienen.
- Doch nach wie vor gelten viele Fischsorten als überfischt.
Im Jahr 2020 – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – landete die deutsche Fischereiflotte mehr als 181.000 Tonnen Fisch und Meerestiere an. Wie viel Kabeljau, Hering und Makrele die Fischer aus dem Meer holen dürfen, regeln die sogenannten Fangquoten: Sie geben die Menge an, die von einer Fischart in einem festgelegten Gebiet und Zeitraum gefischt werden darf. Welchem EU-Land wie viel zugestanden wird, regeln die Mitgliedsstaaten mittels der Gemeinsamen Fischereipolitik – und das schon seit Ende der 1970er Jahre.
Eigentlich sollen die Fangquoten dafür sorgen, dass der Bestand an Meereslebewesen mindestens gleich bleibt oder sich sogar erholt. Das hat in der Vergangenheit allerdings nur bedingt funktioniert.
Die erste Verordnung zur Festlegung von Maßnahmen, die der „Erhaltung und Bewirtschaftung der Fischbestände durch Aufstellung von Fangquoten“ dienen sollten, trat am 1. Januar 1978 in Kraft. Und obwohl es damals mit Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Irland, Italien, den Niederlanden, Luxemburg und dem Vereinigten Königreich erst neun MItgliedsstaaten gab, wurden bereits in dieser Ratsverordung Ausnahmen für einzelne Länder und Regionen gemacht: So hatte man beispielsweise für Schottland Bestimmungen vorgesehen, die „den lebensnotwendigen Interessen der lokalen Bevölkerung Rechnung tragen, die in diesem Gebiet in besonderem Maße von der Fischerei abhängt“.
Schon 1978 sollten die Fischfangquoten der Erhaltung und Wiederauffüllung der Bestände dienen. Ein Blick auf einzelne damalige Quoten dürfte so manchen Fischer zu Tränen rühren (Grafik):
1978 durfte Deutschland 45.012 Tonnen Seelachs aus der Nordsee holen, in diesem Jahr ist der Fang in diesem Gewässer für heimische Fischer auf 4.307 Tonnen Seelachs limitiert.
Ähnlich sieht es beim Kabeljau aus: Vor 44 Jahren war es deutschen Fischern und Flotten erlaubt, 22.449 Tonnen Kabeljau in der Nordsee zu angeln, dieses Jahr sind es nur 1.236 Tonnen. Doch nicht alle Fangquoten sind derart drastisch gesunken. Die Quote für die Nordsee-Scholle ist für Deutschland in diesem Jahr sogar um ein paar Tonnen höher, als sie es in der ersten Aufstellung von 1978 war.
Und was hat die Quotenregelung in puncto nachhaltiger Fischerei gebracht? Eigentlich soll sie dafür sorgen, dass der Bestand an Meereslebewesen mindestens gleich bleibt oder sich sogar erholt. Das hat in der Vergangenheit allerdings nur bedingt funktioniert – die Fischbestände sind so dezimiert wie noch nie. Das liegt allerdings nur zum Teil an der Fischerei, denn auch die Erderwärmung und die Umweltverschmutzung führen dazu, dass die Populationen der Meeresbewohner schrumpfen. Genutzt hat die Einführung von EU-Fangquoten im Jahr 1978 manchen Arten jedenfalls kaum: In der Ostsee gibt es in diesem Jahr deshalb sogar einen De-facto-Fangstopp für Heringe und Dorsche – sie dürfen nur noch in sehr geringen Mengen als Beifang in den Netzen landen.