Städteplanung Lesezeit 4 Min.

Grünflächen in Städten für die meisten Bürger schnell erreichbar

Viele und gut erreichbare Grünanlagen steigern die Lebensqualität eines städtischen Ballungsraums. Die IW Consult hat erstmals ermittelt, wie lange die Bewohner der Metropolregionen in Deutschland brauchen, um zur nächsten Grünfläche zu gelangen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die IW Consult hat erstmals ermittelt, wie lange die Bewohner der deutschen Metropolregionen benötigen, um mit dem Fahrrad die nächstgelegene Grünfläche zu erreichen.
  • Ausgehend vom Wohnort (Life-Green-Index) hat dabei die Metropolregion Hamburg die Nase vorn, vom Arbeitsort aus (Work-Green-Index) sind die Menschen in der Region Rhein-Main am schnellsten in der Natur.
  • Mit dem ungebrochenen Wachstum der Metropolen wird es für sie künftig immer wichtiger, Grünflächen im Stadtbild einzuplanen.
Zur detaillierten Fassung

Städte mit viel Grün sind für ihre Bewohner besonders attraktiv. Zum einen wirken sich Grünflächen positiv auf die städtischen Umweltbedingungen und damit auf die Gesundheit der Bürger aus. Unversiegelte Grünflächen, vor allem solche, auf denen Bäume stehen, verbessern die Luftqualität, sorgen für ein besseres Regenwassermanagement und tragen zur Artenvielfalt bei. Zum anderen steigern sie durch den Erholungsfaktor die Lebensqualität der Bürger.

Da inzwischen der größte Teil der Weltbevölkerung in Städten wohnt, haben Grünflächen auch eine strategische Bedeutung für die heutige Städteplanung. Regionen weltweit bemühen sich schon aus wirtschaftlichen Gründen um ein grünes Image. Denn Unternehmensstandorte stehen im Wettbewerb um Fach- und Führungskräfte, und die lassen sich nun mal am liebsten in Regionen nieder, die eine hohe Lebensqualität bieten. Das gilt insbesondere für die Mitarbeiter der überall gern gesehenen Start-ups. Diese stehen für eine kreative und mobile Unternehmenskultur, zu der es gehört, auch mal im Park nebenan zu arbeiten.

Neuer Ansatz zur Messung der Lebensqualität

Konventionelle Indizes messen zumeist das Verhältnis von Grünflächen zur gesamten Stadtfläche oder auch je Einwohner. Für die Bürgerinnen und Bürger ist es allerdings nicht nur bedeutsam, wie viele Grünanlagen es gibt und wie groß diese sind. Wichtig ist auch deren effektive Erreichbarkeit. Die Europäische Umweltagentur empfiehlt daher als Zielvorgabe für die Stadtentwicklung: Der jeweils nächste Park sollte von jedem Punkt einer Stadt aus nicht mehr als 300 Meter entfernt sein.

In der Metropolregion Hamburg erreichen 80 Prozent der Einwohner mit dem Fahrrad in weniger als drei Minuten vom Wohnort aus die nächste Grünanlage – das ist der beste Wert der acht.von der IW Consult verglichenen Regionen.

Die IW Consult hat vor diesem Hintergrund nun erstmals ganz konkret ermittelt, wie viele Minuten und Sekunden die Bewohner der deutschen Metropolregionen benötigen, um mit dem Fahrrad die nächstgelegene Grünfläche zu erreichen. Unterschieden wird dabei zwischen der Entfernung vom Arbeitsort zur nächsten Grünanlage (Work-Green) auf der einen Seite und dem entsprechenden Weg vom Wohnort ins Grüne (Life-Green) auf der anderen Seite.

Als Grünflächen zählen hierbei nicht nur Wälder und Parks, sondern beispielsweise auch Heideflächen, Strände sowie Sport- und Freizeitanlagen. Betrachtet und verglichen wird insbesondere die Zeit, innerhalb derer 80 Prozent der Menschen die nächstgelegene Grünfläche erreichen. Die wichtigsten Ergebnisse (Grafik):

Ausgehend vom Wohnort hat die Metropolregion Hamburg die Nase vorn – mit dem Fahrrad erreichen hier 80 Prozent der Menschen in weniger als drei Minuten die nächste Grünanlage.

In so vielen Sekunden ist die nächstgelegene Grünfläche für 80 Prozent der Bewohner dieser Metropolregionen mit dem Fahrrad vom Wohn- bzw. Arbeitsort aus zu erreichen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Ein Fünftel der Bewohner benötigt sogar nur eine halbe Minute, um zum nächstgelegenen Park, einem Flussufer oder einem Sportplatz zu gelangen.

Dicht dahinter liegt auf dem zweiten Platz die Metropole Ruhr: Anders als es das über Jahrzehnte zementierte schlechte Image des Ruhrgebiets als graue Industriere-gion vermuten lässt, erreichen dort 80 Prozent der Menschen die nächste Grünfläche in gut drei Minuten.

Der Work-Green-Index

Betrachtet man den Work-Green-Index, schneidet Hamburg dagegen deutlich schlechter ab: Mit rund 240 Sekunden, also vier Minuten, liegt die Metropole auf dem vorletzten Platz. Ein Grund ist, dass viele Arbeitsplätze in der Innenstadt angesiedelt sind, die relativ wenige Grünflächen bereithält.

Erstplatziert in der Kategorie Work-Green ist die Metropole Frankfurt Rhein/Main – weniger als dreieinhalb Minuten brauchen die dort Beschäftigten mit dem Rad zur nächsten Grünfläche.

Zweitplatzierte Städteregion ist wiederum die Metropole Ruhr.

Ein zentraler Unterschied zwischen den Metropolen ist die Verteilung der Grünflächen. Diese hängt stark vom Aufbau der jeweiligen Metropole ab. Im Ruhrgebiet etwa sind die Grünflächen flächendeckend gut erreichbar. Das hängt damit zusammen, dass die Region eine polyzentrische Struktur aufweist, Stadtkerne und Grünflächen sind also relativ gleichmäßig über die Gesamtfläche der Metropole Ruhr verteilt.

Einen Kontrast hierzu bildet die Metropolregion Berlin-Brandenburg. Diese schneidet insgesamt am schlechtesten ab mit dem vorletzten Platz im Life-Green- und dem letzten Platz im Work-Green-Vergleich. Die Region Berlin-Brandenburg ist monozentrisch aufgebaut – mit der Millionenstadt Berlin im Mittelpunkt. Diese ist dicht bebaut und besiedelt, sodass die durchschnittliche Fahrtzeit vom Wohnort in der Innenstadt zu den nächsten Grünflächen mehr als 360 Sekunden beträgt.

Aufgaben für die Städteplanung

Mit dem ungebrochenen Wachstum der Metropolen wird es für sie künftig immer wichtiger, Grünflächen ins Stadtbild einzuplanen. Wenn Städte nachverdichtet werden, weil neuer Wohnraum benötigt wird, besteht zudem die Gefahr, dass Grünflächen zugebaut werden. Für die Städteplanung ist es also elementar, auf ein enges Netz aus Grünflächen zu setzen, sodass alle Bewohner ausreichend versorgt und das nächste Grün weiterhin rasch erreichbar ist.

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