E-Mobilität: Deutschland ist Patent-Weltmeister
China hat sich seit der Jahrtausendwende rasant zum weltweit größten Produktionsstandort für Automobile entwickelt. Als Forschungsstandort rund um das Auto hat die Volksrepublik allerdings noch Aufholbedarf. Gemessen an der Zahl der Patentanmeldungen für Kraftfahrzeuge hält Deutschland seine Spitzenposition – noch.
- In der Kfz-Forschung hat Deutschland weltweit die Nase vorn: Im Jahr 2020 stammten weltweit die meisten internationalen Patentanmeldungen für Kraftfahrzeuge aus der Bundesrepublik.
- Auch im Bereich des Elektroantriebs steht Deutschland an der Spitze der Patentanmelder.
- China holt allerdings rasant auf – innerhalb von nur zehn Jahren hat sich die Zahl der aus China angemeldeten internationalen Kfz-Patente mehr als versechsfacht.
Jeder dritte Pkw, der 2022 weltweit produziert wurde, rollte in China vom Band. Betrachtet man die gesamte Automobilproduktion – dazu zählen neben Pkw auch Lkw –, kam China im vergangenen Jahr auf einen Marktanteil von etwa 27 Prozent. Der heute mit Abstand größte Produktionsstandort für Automobile hat seine Fertigung von 2000 bis 2022 in etwa verdreizehnfacht. Heute werden in China ungefähr so viele Pkw und Lkw hergestellt wie in Europa und den USA zusammen. Deutschlands Anteil an der globalen Automobilproduktion schrumpfte dagegen von fast 9 Prozent zur Jahrtausendwende auf gut 4 Prozent im Jahr 2022.
Doch wie sieht es mit der dazugehörigen Forschung aus? Um herauszufinden, wie Deutschland in puncto Kfz-Innovationen im internationalen Vergleich performt, haben IW-Wissenschaftler die Patentdaten der weltweit wichtigsten Kfz-Forschungsstandorte verglichen. Es zeigt sich: In Sachen internationale Kfz-Patentanmeldungen steht die Bundesrepublik mit Abstand an der Spitze:
Erfinder aus Deutschland legten im Jahr 2020 – neuere Daten sind nicht verfügbar – rund 6.800 internationale Patentanmeldungen für Kraftfahrzeuge vor.
Die meisten davon kamen von Bosch (25 Prozent), der Volkswagen AG (8 Prozent) und BMW (5 Prozent).
Zum Vergleich: Aus China wurden im selben Jahr 949 internationale Kfz-Patente angemeldet. Im Länderranking liegt die Volksrepublik damit auf Rang sechs. Auf Deutschland folgen vor China noch traditionelle Autoländer wie Japan, die USA, Frankreich und Südkorea. Die sechs Länder zusammen vereinen rund 88 Prozent aller internationalen Kfz-Patentanmeldungen auf sich.
Kein Land meldete 2020 mehr internationale Kfz-Patente an als Deutschland. Auch in der Forschung zum E-Antrieb dominiert die Bundesrepublik das internationale Innovationsgeschehen.
Deutschland forscht zum E-Auto
So weit, so gut. Aber wie steht es hierzulande um die Forschung zum Automobil der Zukunft, dem E-Auto? Auch in diesem Sektor, den man oft vorrangig mit der chinesischen Automobilindustrie verbindet, ist Deutschland besonders forschungsstark (Grafik):
Im Jahr 2020 stammten 29 Prozent der internationalen Patentanmeldungen zum Elektroantrieb von Erfindern aus Deutschland.
Damit steht die Bundesrepublik im Bereich des elektrifizierten Antriebsstrangs an der Spitze der Patentanmelder – mit deutlichem Vorsprung vor Japan (22 Prozent), China (16 Prozent) und den USA (14 Prozent).
China holt bei Kfz-Innovationen auf
Doch auch wenn es China bislang nur auf den dritten Platz schafft: Kein Land entwickelt sich hinsichtlich der Kfz-Innovationen schneller. Im Jahr 2010 wurden aus China gerade einmal 152 internationale Kfz-Patente angemeldet. Zehn Jahre später waren es mehr als sechsmal so viel.
Chinas Vorteil: Während die Kfz-Forschung traditioneller Autoländer etwa seit Mitte des vergangenen Jahrzehnts in einem schwierigen Prozess von herkömmlichen zu elektrischen Antriebssträngen wechselt, hat China die Zeit des Verbrenners in gewisser Weise übersprungen und beginnt im Zeitalter der E-Autos fast bei null. Die Kfz-Forschung in der Volksrepublik fokussiert sich überwiegend auf den Elektroantrieb (Grafik):
Rund 60 Prozent der im Jahr 2020 aus China vorgelegten internationalen Kfz-Patentanmeldungen lassen sich dem elektrifizierten Antriebsstrang zuordnen, nur 7 Prozent dem konventionellen.
Erfinder aus Deutschland dagegen meldeten auch 2020 immer noch etwas mehr internationale Kfz-Patente zu konventionellen als zu elektrischen Antrieben an: Während der Anteil des Elektroantriebs an den internationalen Kfz-Patentanmeldungen 15 Prozent betrug, lag der Anteil des konventionellen Antriebs mit 17 Prozent etwas darüber. Unter den großen Kfz-Forschungsstandorten gilt diese Relation sonst nur noch für Japan.
Die Zahlen zeigen einmal mehr, dass sich Deutschland beim Thema E-Mobilität weiter anstrengen muss, um mit dem Innovationstempo der Konkurrenz mithalten zu können.