Der Informationsdienst
des Instituts der deutschen Wirtschaft

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Direktinvestitionen Lesezeit 7 Min.

Deutsche Gewinne – made in China

In den vergangenen Jahren ist immer mehr deutsches Unternehmenskapital nach China geflossen. Doch inwieweit profitiert Deutschland von den Geschäften deutscher Firmen an chinesischen Standorten? Das Institut der deutschen Wirtschaft hat versucht, diese Frage zu beantworten.

Kernaussagen in Kürze:
  • Das IW hat versucht, die Frage zu beantworten, inwieweit Deutschland von den Geschäften deutscher Firmen an Standorten in China profitiert.
  • Von den Gewinnen in Höhe von 15 Milliarden Euro, die deutsche Unternehmen im Jahr 2021 mit ihrem Beteiligungskapital in China erwirtschafteten, schütteten sie 8 Milliarden Euro an ihre Anteilseigner nach Deutschland aus – etwa in Form von Dividenden.
  • Im Vergleich zu anderen Regionen, in denen deutsche Unternehmen investiert haben, sind die Einkünfte aus China allerdings nach wie vor nicht außerordentlich hoch.
Zur detaillierten Fassung

Schon seit geraumer Zeit ringt Deutschland – wie auch andere westliche Nationen – darum, das Verhältnis zu China neu zu justieren. Das gilt vor allem für die wirtschaftlichen Verbindungen. Die generelle Devise lautet: keine Abkopplung, aber weniger Abhängigkeit (siehe Textasten unten).

Die harten Fakten weisen allerdings bislang nicht darauf hin, dass die deutschen Unternehmen eine Kehrtwende im Geschäft mit China hinlegen. Die neuesten Daten der Deutschen Bundesbank zum Kapital, das deutsche Firmen in Produktionsstätten im Reich der Mitte investiert haben, zeigen das Gegenteil:

Mit 102,6 Milliarden Euro haben die deutschen Direktinvestitionsbestände im Jahr 2021 erstmals die Schwelle von 100 Milliarden Euro überschritten.

Im Jahr 2022 sind schätzungsweise weitere 11,5 Milliarden Euro an Direktinvestitionen in Betriebe an chinesischen Standorten geflossen – ebenfalls ein Rekordwert.

Will man dieses Engagement der deutschen Wirtschaft in China bewerten, drängt sich eine Frage auf: Inwieweit profitiert Deutschland von der Produktion deutscher Firmen in Fernost? Ein wichtiger Aspekt dabei: In welchem Ausmaß fließen also Gewinne, die Unternehmen mit ihrem in China investierten Kapital erwirtschaften, nach Deutschland und stärken hier die Wirtschaft?

Von den Gewinnen in Höhe von 15 Milliarden Euro, die deutsche Unternehmen im Jahr 2021 mit ihrem Beteiligungskapital in China erwirtschafteten, schütteten sie 8 Milliarden Euro an ihre Anteilseigner nach Deutschland aus – etwa in Form von Dividenden.

Um hierauf eine Antwort zu finden, hat das IW bei der Bundesbank eine Sonderauswertung der Daten zu den sogenannten Primäreinkommen angefragt. Die Primäreinkommen sind Teil der Leistungsbilanz und erfassen die aus dem Ausland nach Deutschland beziehungsweise den deutschen Unternehmen zufließenden Einkommen. Dazu zählen unter anderem im Ausland erzielte Erwerbseinkommen, Einkünfte aus Wertpapieranlagen sowie Einkommen aus Direktinvestitionen. Auf diese richtet sich im Folgenden der Fokus – aus zwei Gründen:

Erstens machten die Direktinvestitionen im Jahr 2021 mit fast 73 Prozent den weitaus größten Anteil des deutschen Auslandsvermögens in China aus.

Die übrigen 27 Prozent entfielen auf Wertpapier- und sonstige Kapitalanlagen.

Zweitens stammten mehr als 96 Prozent der gesamten Primäreinkommen in Höhe von 15,6 Milliarden Euro, die 2021 von China nach Deutschland flossen, aus Direktinvestitionen. Bei diesen Zuflüssen handelte es sich fast ausschließlich um Einnahmen aus dem in China investierten Beteiligungskapital – Zinserträge, die in der Statistik ebenfalls zu den Direktinvestitionseinkünften gezählt werden, waren marginal.

Die Einnahmen aus dem Beteiligungskapital bestanden wiederum in den vergangenen Jahren überwiegend aus ausgeschütteten Gewinnen (Grafik):

Von den Gewinnen in Höhe von 15 Milliarden Euro, die deutsche Unternehmen im Jahr 2021 mit ihrem Beteiligungskapital in China erwirtschafteten, schütteten sie 8 Milliarden Euro an ihre Anteilseigner nach Deutschland aus – etwa in Form von Dividenden.

Von den Gewinnen, die mit dem von deutschen Unternehmen in China investierten Beteiligungskapital erzielt wurden, entfielen so viele Milliarden Euro auf diese Verwendungszwecke Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Knapp 7 Milliarden Euro haben die deutschen Unternehmen in China reinvestiert.

In den Jahren zuvor war der Anteil der ausgeschütteten an den gesamten Gewinnen aus dem Beteiligungskapital teils noch deutlich höher – 2019 lag er bei fast 76, im Jahr darauf sogar bei gut 80 Prozent.

Politischer Druck aus Peking

Die Frage, ob das größere Gewicht der reinvestierten Gewinne im Jahr 2021 ein vorübergehender Effekt oder ein neuer Trend ist, lässt sich mit den vorhandenen Daten nicht beantworten. Es besteht allerdings die Vermutung, dass die in China tätigen ausländischen Unternehmen aufgrund des politischen Drucks aus Peking ihre Produktion zunehmend lokalisieren und dies aus reinvestierten Gewinnen finanzieren.

Unabhängig davon stellt sich die Frage, ob die Einkommen aus Direktinvestitionen in China eine relevante Größe für Deutschland haben. Für die Antwort gilt es, die obigen Zahlen in den globalen Kontext einzuordnen (Grafik):

In den Jahren 2017 bis 2021 lag der Anteil Chinas an den gesamten Einnahmen, die Deutschland aus dem weltweit investierten Beteiligungskapital erzielte, zwischen gut 11 und rund 15 Prozent.

So viel Prozent dieser Einnahmen, die Deutschland aus dem von deutschen Unternehmen weltweit investierten Beteiligungskapital erzielte, entfielen auf China Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Ähnlich hoch war der Anteil, wenn man nur die Einnahmen aus nach Deutschland ausgeschütteten Gewinnen betrachtet.

Damit erweisen sich Direktinvestitionen in China als überdurchschnittlich lukrativ für Deutschland, beträgt der Anteil des in China angelegten Unternehmenskapitals von zuletzt 114 Milliarden Euro an allen deutschen Direktinvestitionsbeständen im Ausland doch nur gut 7 Prozent.

Dennoch sind die Einkünfte aus Direktinvestitionen in China – ungeachtet eines beachtlichen Wachstums in den vergangenen Jahren – absolut gesehen nach wie vor nicht außerordentlich hoch, wenn man sie mit den Zuflüssen aus anderen Regionen der Welt vergleicht:

Die im Jahr 2021 mit Direktinvestitionen in den EU-Staaten sowie dem Vereinigten Königreich erzielten Gewinne waren mit fast 73 Milliarden Euro nahezu fünfmal so hoch wie die Einnahmen aus China.

Die Erträge aus Beteiligungskapital in den USA blieben mit 10 Milliarden Euro lediglich um 5 Milliarden Euro hinter den in China erwirtschafteten Gewinnen zurück.

Betrachtet man speziell die nach Deutschland geflossenen Einkommen aus Dividenden und anderen ausgeschütteten Gewinnen, zeigt sich ein vergleichbares Bild – den Zuflüssen aus China in Höhe von zuletzt 8 Milliarden Euro stehen gut 5 Milliarden Euro aus den USA, aber fast 34 Milliarden Euro aus Europa gegenüber.

Bestätigte Erkenntnisse – und weiterer Forschungsbedarf

All diese mithilfe der Bundesbankdaten gewonnenen Erkenntnisse wurden durch eine Befragung von 36 großen Unternehmen ergänzt, die stellvertretend für das deutsche Engagement in China stehen – wobei diese Firmen nur zu einem geringen Teil detaillierte Angaben zu den dort erzielten Gewinnen und ihre Verwendung gemacht haben. Tendenziell ist die Bedeutung der in China getätigten Investitionen und erwirtschafteten Gewinne in Relation zum Auslandsgeschäft insgesamt für die vom IW befragten Unternehmen noch etwas höher, als es die Bundesbankdaten für die deutsche Wirtschaft insgesamt zeigen.

Sowohl die in China reinvestierten als auch an die Anteilseigner der deutschen Unternehmen ausgeschütteten Gewinne aus Direktinvestitionen fließen als Primäreinkommen in die deutsche Leistungsbilanz ein. Inwieweit diese Einkommen – mittelbar, indem sie die Produktion am Standort China stärken, oder unmittelbar, indem sie in den heimischen Konsum fließen – in Deutschland die Wirtschaft stärken und Arbeitsplätze schaffen, lässt sich mit den verfügbaren Daten allerdings nicht vollständig klären. Es besteht also weiterer Forschungsbedarf, um die Eingangsfrage erschöpfend beantworten zu können.

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