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Britische Industrie unter ferner liefen

Die britische Regierung verhandelt mit der EU über den Abschluss eines Freihandelsabkommens, sodass der Warenaustausch weitgehend zollfrei und ohne mengenmäßige Beschränkungen erfolgen kann. Dabei wird es auch eine Rolle spielen, dass die britische Wirtschaft vom Dienstleistungssektor dominiert wird – die Industrie dagegen hat weitgehend an Bedeutung verloren.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die britische Industrie steuert nur noch 10 Prozent zur Wertschöpfung des Landes bei.
  • Das britische Defizit im Außenhandel mit industriellen Erzeugnissen belief sich 2018 auf 92 Milliarden Pfund.
  • Können sich Briten und EU nicht auf eine enge Anbindung der beiden Märkte einigen, bekommen vor allem die britischen Autobauer Probleme.
Zur detaillierten Fassung

Wenn in den Medien oder der Politik von den G-7 die Rede ist, dann sind damit die sieben größten Industrienationen gemeint. Dazu gehört auch das Vereinigte Königreich – obwohl das Verarbeitende Gewerbe auf der Insel längst nur noch ein Schattendasein fristet (Grafik):

Gerade einmal 10 Prozent steuerte die britische Industrie 2018 zur gesamten Wertschöpfung des Landes bei – in Deutschland waren es fast 23 Prozent.

... steuerte das britische Verarbeitende Gewerbe 2018 zur gesamten Wertschöpfung des Landes bei - in Deutschland waren es fast 23 Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen

Selbst Länder wie Polen, Tschechien, die Slowakei und Ungarn kommen jeweils auf mehr als 20 Prozent.

Für seine De-Industrialisierung zahlt das Königreich einen hohen Preis (Grafik): Rund 92 Milliarden Pfund – so groß war das britische Defizit im Außenhandel mit industriellen Erzeugnissen im Jahr 2018. Damit hat sich das Defizit binnen 20 Jahren gut verzwölffacht.

Die wichtigste Branche der britischen Industrie ist die Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln mit einem Anteil von knapp 12 Prozent an der gesamten industriellen Wertschöpfung. Es folgen die Herstellung von Metallerzeugnissen mit 8,9 Prozent und die Automobilindustrie mit 8,8 Prozent. Gerade die Autohersteller werden vom Brexit besonders heftig betroffen sein, denn die Branche ist stark in die innereuropäischen Lieferketten eingebunden und zudem sehr exportorientiert:

Rund 80 Prozent der 1,6 Millionen Fahrzeuge, die 2018 im Vereinigten Königreich hergestellt wurden, gingen ins Ausland.

Können sich Briten und EU nicht auf eine enge Anbindung der beiden Märkte einigen, wird die britische Automobilindustrie darunter besonders leiden. Denn es ist schwer vorstellbar, wie multinationale Hersteller von Massenfahrzeugen auf der Insel produzieren sollen, wenn es – das wäre die Alternative – zu Zöllen nach dem Regime der Welthandelsorganisation käme.

Ohne einheitliche Regelungen mit der EU bekommen die britischen Autohersteller große Probleme.

Neben Zöllen droht den britischen Herstellern weiteres Ungemach. Ohne einheitliche Regelungen, eine reibungslose Logistik und die weitere Gültigkeit der Typengenehmigung würden die Vorleistungsverflechtungen empfindlich gestört.

Mit der Typengenehmigung wird sichergestellt, dass ein Fahrzeug, das in einem EU-Mitgliedsstaat für den Verkehr zugelassen ist, nicht noch einmal in einem anderen Mitgliedstaat einer Zulassungsprüfung unterzogen werden muss.

Geschieht das nicht, werden britische Autos teurer – doch beim Handel mit Kraftfahrzeugen hat das Königreich mit der EU schon heute ein Handelsbilanzdefizit.

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