Der Informationsdienst
des Instituts der deutschen Wirtschaft

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Homesharing Lesezeit 5 Min.

Airbnb: Geringere Folgen als gedacht

An Airbnb scheiden sich die Geister rund um den Globus: Die einen lieben die neue Art, den Urlaub zu verbringen, die anderen hassen die Touristen, die in großer Zahl ihr beschauliches Wohnquartier besuchen – manchmal kommt auch beides zusammen. Wie groß der Einfluss von Airbnb in Deutschland mittlerweile ist, hat das IW in einem Gutachten für das Bundeswirtschaftsministerium genauer untersucht.

Kernaussagen in Kürze:
  • Dank des Vermittlungsportals Airbnb wird das kommerzielle Homesharing auch in Deutschland immer beliebter – aber auch umstrittener. Eine IW-Studie hat die Folgen für den Unterkunftssektor und den Wohnungsmarkt untersucht.
  • An den Übernachtungen ausländischer Gäste dürfte Airbnb demnach bereits einen Marktanteil von rund einem Fünftel haben.
  • Für den Wohnungsmarkt ist Airbnb zumindest kein flächendeckendes Problem – selbst in den Hochburgen mit knappem Wohnraum wurden Anfang 2017 nur 0,2 bis 0,6 Prozent aller Wohnungen und Häuser über Airbnb vermietet.
Zur detaillierten Fassung

Ein Apartment in Amsterdam, ein Loft in London, ein Studio in Sydney, eine Bambushütte auf Bali – Airbnb ist überall. Die Plattform spricht mit individuellen Unterkünften aus privater Hand Menschen auf der ganzen Welt an. Auch viele Bundesbürger können sich inzwischen kaum noch vorstellen, ihre Urlaubsbleibe anders zu suchen und zu buchen.

Den Weg für den Erfolg von Airbnb hat das eher idealistische Couchsurfing geebnet, das es schon seit 2003 gibt: Nette Menschen kostenlos bei sich übernachten lassen und dafür selbst im Urlaub bei Einheimischen logieren können – diese Idee kam gerade bei Studenten gut an. Auch die sogenannten Haustauschferien haben viele Fans. Nach Recherchen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) beläuft sich das weltweite Angebote auf gut 400.000 Unterkünfte.

Das alles ist jedoch wenig im Verhältnis zu Airbnb. Die 2008 in den USA gegründete Vermittlungsplattform für kostenpflichtige Privatunterkünfte hat inzwischen die meisten ähnlichen Angebote verdrängt. Sie zählte 2017 allein in den USA 660.000 Angebote, in Frankreich 485.000 – und in Deutschland dürfte mit knapp 100.000 Inseraten durchaus noch Luft nach oben sein.

Doch Airbnb eröffnet nicht nur neue Möglichkeiten, den Urlaub zu verbringen, es hat auch ökonomische Folgen. Wie diese ausfallen, hat das IW in einem Gutachten für das Bundeswirtschaftsministerium zur Sharing Economy gemeinsam mit DICE Consult für den touristischen Unterkunftssektor und den Wohnungsmarkt untersucht:

Im Unterkunftssektor belebt die neue Konkurrenz das Geschäft

Airbnb ist ein ernstzunehmender neuer Player im Übernachtungsgeschäft: So gaben in einer repräsentativen Online-Befragung des IW 95 Prozent der deutschen Sharing-Gäste an, vor der Buchung auch herkömmliche Übernachtungsangebote verglichen zu haben. Dass die Wahl schließlich auf die Sharing-Unterkunft fiel, begründeten 70 Prozent der Befragten mit dem günstigeren Preis (Grafik).

Die wichtigsten Gründe für die Buchung von Sharing-Unterkünften Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Vor allem die Social-Media-affinen Nutzer von Airbnb und Co., die zusätzlich befragt wurden, finden es aber auch gut, dass die Unterkünfte meist eine Küche haben, sie mögen den Kontakt zum Gastgeber und das Lokalkolorit. Welche Rolle der Sharing-Tourismus inzwischen spielt, lässt sich aufgrund der Datenlage jedoch nur sehr grob abschätzen:

Laut IW-Studie hatten Sharing-Unterkünfte im Jahr 2016 einen Marktanteil von knapp 9 Prozent an den Gästeübernachtungen in Deutschland.

Nicht berücksichtigt werden konnten bei dieser Schätzung allerdings andere Beherbergungsbetriebe mit weniger als zehn Schlafgelegenheiten, weil diese statistisch nicht erfasst werden.

Schaut man ausschließlich auf die ausländischen Gäste in Deutschland, hat Airbnb bereits einen Marktanteil von etwa einem Fünftel. Ein Grund dafür ist, dass es auf standardisierten und in vielen Sprachen verfügbaren Internetportalen relativ leicht ist, auch ohne entsprechende Sprachkenntnisse und Erfahrung mit dem lokalen Übernachtungsmarkt eine attraktive Bleibe zu buchen.

Bei ausländischen Gästen hat Airbnb in Deutschland bereits einen Marktanteil von etwa einem Fünftel.

Ebenfalls nur grob veranschlagen lässt sich das Volumen der Übernachtungsausgaben, die auf die Sharing-Gäste entfallen. Rund 3 Milliarden Euro scheinen nach IW-Berechnungen eine realistische Obergrenze zu bilden.

Der Erfolg von Airbnb hat den gesamten Markt für Urlaubsunterkünfte in Bewegung gebracht: Die deutschen Airbnb-Konkurrenten 9Flats und Wimdu haben sich zusammengeschlossen und wurden schließlich von dänischen Ferienhausanbieter Novasol übernommen. Generell nutzen mittlerweile auch professionelle Anbieter verstärkt Sharing-Plattformen.

Eine Studie zum Einfluss von Airbnb auf den Hotelmarkt in Finnland, Norwegen und Schweden hat ergeben, dass die Preise für Hotelübernachtungen mit dem Aufkommen des Homesharings gesunken sind. Nicht ganz klar ist jedoch, ob dies nicht auch Buchungsportalen wie Booking.com zuzuschreiben sein könnte.

Es ist zwar noch nicht untersucht, aber durchaus zu erwarten, dass der Airbnb-Boom die Hotelbetreiber zu Innovationen animiert, um den Gästen einen Mehrwert zu bieten – beispielsweise durch den Ausbau der Spa-Bereiche.

Im Wohnungsmarkt ist der Einfluss von Airbnb lokal begrenzt

Was die Urlauber und Geschäftsreisenden freut, ist der Wohnungssuchenden Leid. So zumindest die inzwischen weit verbreitete Meinung. Obwohl Airbnb in Deutschland noch nicht ganz so populär ist wie in anderen europäischen Ländern, ist es gerade in den Großstädten mit ihrer Wohnungsnot hochumstritten und beispielsweise in Berlin durch das Zweckentfremdungsverbot nur noch eingeschränkt erlaubt.

Ob die Reglementierung nötig ist, steht auf einem anderen Blatt, denn der Druck auf den Wohnungsmarkt durch Airbnb ist kleiner als von vielen wahrgenommen (Grafik):

Die sogenannten ganzen Unterkünfte – das sind vor allem komplett vermietete Wohnungen und Häuser – machen sogar in den zehn deutschen Airbnb-Hochburgen nur 0,22 Prozent bis 0,59 Prozent des Wohnungsbestands aus.

Bedeutung der inserierten Unterkünfte für den Wohnungsmarkt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Oft werden lediglich einzelne Zimmer in der eigenen Wohnung bei Airbnb inseriert. Zudem gibt es nur sehr wenige Vermieter, die mehr als eine ganze Wohnung anbieten, Airbnb also mutmaßlich gewerbsmäßig nutzen. Etwas häufiger kommt dies lediglich in Nürnberg, Dresden und Düsseldorf vor, wo 11 bis 13 Prozent der Airbnb-Anbieter zwei oder mehr Wohnungen offerieren. In Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main und Berlin mit ihren besonders engen Wohnungsmärkten trifft dies jedoch nur auf 4 bis 7 Prozent zu.

Für die Bundeshauptstadt untermauert dies auch eine Studie des Instituts für Stadt-, Regional- und Wohnungsforschung Berlin. Demnach wurden im ersten Halbjahr 2016 lediglich 20 Prozent der Wohnungen auf Airbnb länger als 60 Tage angeboten. Das Berliner Abgeordnetenhaus schließt aus der durchschnittlichen Vermietungsdauer von 28 Tagen im Jahr 2016, dass in den meisten Fällen die eigene Wohnung zur Verfügung gestellt wurde und bewertet das Homesharing daher inzwischen weniger kritisch.

Die Einnahmen, die sich über Airbnb erzielen lassen, können den eingesessenen Bewohnern der gentrifizierten Innenstadtquartiere auch dabei helfen, ihre Wohnungen trotz steigender Mieten zu halten.

Im Gegenteil – es gibt auch gute Gründe dafür, das Sharing gerade in Städten mit knappem Wohnraum und hohen Mieten gutzuheißen. Denn: Die Einnahmen, die sich über Airbnb erzielen lassen, können den eingesessenen Bewohnern der gentrifizierten Innenstadtquartiere auch dabei helfen, ihre Wohnungen trotz steigender Mieten zu halten.

Trotzdem ist nicht auszuschließen, dass es in beliebten Szenevierteln und in einzelnen Straßenzügen größere Probleme mit der Vermietung an Touristen gibt, die ein lokales Eingreifen der Kommunalpolitik rechtfertigen können.

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