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Deutsche Regionen: Wo das Leben wie viel kostet

Seit Beginn des Ukraine-Kriegs schauen viele Menschen monatlich auf die Inflationsrate. Wie teuer das Leben an ihrem Wohnort im bundesweiten Vergleich ist, wissen die Bürger dadurch aber noch nicht. Das IW und das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung haben deshalb erstmals einen umfassenden Regionalpreisindex erstellt.

Kernaussagen in Kürze:
  • Das IW und das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung haben einen regionalen Preisindex entwickelt.
  • Am höchsten ist das Preisniveau demnach in den großen Wirtschaftszentren wie München, Stuttgart und Frankfurt. Relativ niedrig sind die Preise vor allem in ländlichen Regionen Ostdeutschlands.
  • Die treibende Kraft für die unterschiedlichen Preisniveaus sind die Wohnkosten. Rechnet man diese heraus, ist die deutschlandweite Spanne mit 6 Indexpunkten relativ klein.
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687 Güterklassen, rund 300.000 Daten – auf dieser Grundlage errechnet das Statistische Bundesamt jeden Monat die Inflationsrate. Und dennoch: Um regionale Unterschiede bei den Preisen zu belegen, reicht die Zahl der Informationen bei Weitem nicht aus.

In manchen Bereichen des täglichen Lebens gibt es regionale Rankings, beispielsweise für Wohnkosten. Aber auch hier dasselbe Problem: Eine Aussage über das generelle Preisniveau in einer Region der Bundesrepublik lässt sich damit nicht treffen.

Diese statistische Lücke haben nun das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) und das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in einem gemeinsamen Projekt geschlossen. Ziel der Partner war es, eine valide Datenbasis zu schaffen: Mittels automatisierter Datenerfassung von diversen frei zugänglichen Internetseiten – dem sogenannten Web Scraping – sammelten die Forscher große Informationsmengen. Anschließend gewichteten sie die Daten und erstellten einen Regionalpreisindex. Das Ergebnis (Grafik):

Das höchste Preisniveau in Deutschland hat mit Abstand die Stadt München.

Der Regionalpreisindex erfasst die Verbraucherpreise für einen repräsentativen Warenkorb auf der Ebene der kreisfreien Städte und Landkreise in Deutschland, bundesweiter Durchschnitt = 100 Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die bayerische Landeshauptstadt liegt mehr als 25 Punkte über dem mittleren Indexwert von 100. Und auch um die Millionenmetropole herum sieht es kaum anders aus. Der Landkreis München belegt Platz zwei im Ranking. Die an München grenzenden Landkreise Starnberg (Platz fünf), Fürstenfeldbruck (Platz neun) und Dachau (Platz elf) sind ebenfalls weit vorn verortet.

Generell liegen viele teure Regionen im Süden der Republik:

Acht der zehn Städte und Kreise mit den höchsten Preisindizes sind in Bayern und Baden-Württemberg zu finden. Dazu gesellen sich noch Frankfurt am Main und die Hansestadt Hamburg.

Das unterstreicht wiederum eine andere Erkenntnis – in den größten deutschen Städten sind die Preise überdurchschnittlich. Sechs der sieben einwohnerstärksten Städte rangieren auf den ersten 16 Plätzen, lediglich Berlin auf Position 38 hat ein etwas niedrigeres Preisniveau. Die teuerste Stadt aus den ostdeutschen Bundesländern ist Potsdam auf Rang 29.

Rechnet man die Wohnkosten aus den gesamten Preisdaten heraus, hat der Regionalpreisindex eine Spanne von 104,2 in Stuttgart bis 98,3 im Landkreis Leer in Niedersachsen statt von 125,1 bis 90,5.

Am anderen Ende der Preisskala finden sich vermehrt Regionen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Sieben der zehn Städte und Kreise mit den niedrigsten Preisindizes gehören zu diesen drei Bundesländern. Zu beachten ist dabei, dass die günstigsten 20 Städte und Landkreise beim Preisniveau ganz dicht zusammenliegen.

Und wer ein Faible für den Durchschnitt hat, ist in Braunschweig oder im Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz richtig, denn dort liegt der Indexwert exakt bei 100.

Die Forscher haben sich auch angesehen, welche Bereiche im Wesentlichen für die Preisunterschiede verantwortlich sind. Das Ergebnis ist eindeutig:

Der Faktor Wohnen hat den größten Einfluss auf den Preisindex einer Region.

Rechnet man die Wohnkosten aus den gesamten Preisdaten heraus, hat der Index nur noch eine Spanne von 104,2 in Stuttgart bis 98,3 im Landkreis Leer in Niedersachsen statt von 125,1 bis 90,5.

Ein weiteres Beispiel für die Relevanz der Wohnkosten: Der Voigtlandkreis als günstigster Kreis im Ranking hat 32 Prozent niedrigere Kosten für das Dach überm Kopf als der Durchschnitt, ist bei allem anderen aber nur 0,3 Prozent günstiger.

Insgesamt ist das Preisniveau im Osten 4,3 Prozent niedriger als in den westdeutschen Bundesländern. Dadurch verringert sich die nominale Einkommensdifferenz zwischen Ost und West in der realen Betrachtung. Die unterschiedlichen Preise sorgen somit für gleichwertigere Lebensverhältnisse in Deutschland.

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