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Interview: „Städte mit Hochschulen haben einen großen Vorteil“

Jährlich bewertet die IW Consult die Lage und Entwicklung der 71 größten deutschen Städte. Consultant Vanessa Hünnemeyer verrät im Interview, was Spitzenreiter München besser macht als andere, welche Städte durch die Energiekrise Probleme bekommen könnten und wo für die Zukunft das meiste Potenzial schlummert.

Kernaussagen in Kürze:
  • München hat die besondere Kombination aus einer starken Wirtschaft, einem guten Arbeitsplatzangebot und einer hohen Lebensqualität, sagt Vanessa Hünnemeyer, Senior Managerin bei der IW Consult, über den Sieger des Städterankings 2022.
  • Durch die derzeitigen Krisen könnten vor allem Städte mit vielen Beschäftigten in energieintensiven Firmen größere Probleme bekommen.
  • Insgesamt seien kleinere Großstädte im Kommen, vergleichsweise günstiger Wohnraum und Hochschulen vor Ort ziehen Menschen und Unternehmen an.
Zur detaillierten Fassung

München ist wieder an der Spitze des Städterankings. Was macht die Stadt besser als andere?

München hat die besondere Kombination aus einer starken Wirtschaft, einem guten Arbeitsplatzangebot und einer hohen Lebensqualität. München profitiert von einer exzellenten Hochschulinfrastruktur und hat dadurch Vorteile bei der Gewinnung von Fachkräften.

Können andere Städte von München lernen?

Ja. Im Bereich Innovation und Unternehmensgründungen hat München viele Anlaufstellen, unter anderem an der Technischen Universität. In der Region München ist die Zahl der Gründungen bundesweit am höchsten. Die Stadt ist dadurch sehr dynamisch, es kommen konstant neue Impulse in die Wirtschaft. Wissenschaft und Wirtschaft arbeiten eng zusammen. Von dieser Fokussierung können andere Regionen sicherlich lernen.

Seit einigen Jahren erfassen Sie auch die Nachhaltigkeit in Ihrem Ranking. Wie ernst nehmen die Städte ihre Verantwortung in diesem Bereich?

Das lässt sich nicht pauschal sagen. Die Kommunen haben nicht auf alle Indikatoren, die wir erfassen, einen direkten Einfluss. So hängt die Forschungsintensität in erster Linie von den ansässigen Unternehmen ab. An anderer Stelle können die Städte aber gestalten, etwa durch Bauauflagen. In Mannheim, Wolfsburg und Heidelberg werden mehr als 90 Prozent der Neubauten mit alternativen Heizenergien ausgestattet. In Oldenburg, Osnabrück oder Bremerhaven liegt der Anteil unter 25 Prozent.

Wir sehen anhand unserer Dynamikrankings vor allem kleinere Großstädte im Kommen.

Lieferkettenprobleme, Inflation, Energiekrise – welche Städte könnten durch die derzeitigen Krisen Probleme bekommen?

Vanessa Hünnemeyer ist Senior Managerin bei der IW Consult; Foto: IW Medien Die Industrie ist mit ihren Gewerbesteuern das Rückgrat der kommunalen Kassen. Geht es der Industrie schlecht, fließt weniger Geld in den Haushalt der jeweiligen Stadt. Wir haben uns daher den Energieverbrauch der Industrie in den 71 untersuchten Städten angeschaut. In Leverkusen sind 22 Prozent aller Beschäftigten in energieintensiven Unternehmen beschäftigt, in Ludwigshafen am Rhein sieht es ähnlich aus. Hier müssen die Firmen gegebenenfalls unterstützt werden, um den Wohlstand in der Region zu erhalten.

Wagen Sie einen Blick in die Glaskugel – welche Regionen in Deutschland haben für die kommenden Jahre besonders viel Potenzial?

Wir sehen anhand unserer Dynamikrankings vor allem kleinere Großstädte im Kommen. Erlangen, Mainz, Darmstadt und Oldenburg sind vorn dabei. Der Wohnraum ist hier noch vergleichsweise günstig. Wir haben auch einen gewissen Wertewandel in der Gesellschaft. Nachhaltiges Leben wird wichtiger. Ich vermute, dass es in kleineren Großstädten eher möglich ist, das umzusetzen. Einen kleinen Garten beispielsweise bekommt man in Freiburg wahrscheinlich eher als in Berlin. Im Dynamikranking sind die Top 10 zudem alle Hochschulstandorte. Städte mit Hochschulen haben einen großen Vorteil. Sie ziehen junge Menschen an und damit auch Unternehmen. Denn mit Blick auf den demografischen Wandel werden gut ausgebildete Fachkräfte in Zukunft immer wichtiger.

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