Wie sich der Zollkonflikt auf die Weltwirtschaft auswirkt
Mit seiner Zollpolitik hat US-Präsident Donald Trump die Weltwirtschaft geschockt. Deutschland und die EU würden die derzeit noch ausgesetzten Zölle stark treffen. Die Staatengemeinschaft sollte daher auf Verhandlungen setzen, gleichzeitig aber auch mit schmerzhaften Gegenmaßnahmen drohen.
- Die angekündigten US-Zölle auf Waren aus 75 Ländern verstoßen gegen die Regeln der Welthandelsorganisation und sind zudem höchst fragwürdig berechnet.
- Sollten die Zölle in Kraft treten, würde das Bruttoinlandsprodukt in vielen Ländern in den kommenden Jahren deutlich sinken, auch in Deutschland.
- Deutschland und die EU sollten auf Verhandlungen mit den USA setzen, zeitgleich aber auch für die USA schmerzhafte Gegenmaßnahmen vorbereiten.
Es ist eine Abkehr von allem, wofür die USA in den vergangenen Jahrzehnten wirtschaftspolitisch standen. US-Präsident Donald Trump hat mit seinem Zollrundumschlag am selbst ernannten „Tag der Befreiung“ der Welt den Handelskrieg erklärt.
Auf Warenimporte aus allen Ländern gilt seit dem 5. April ein Basiszoll von 10 Prozent. 75 Staaten, mit denen die USA ein relativ großes Handelsdefizit haben, wurden mit weiteren Zöllen bedacht, die allerdings – bis auf die Ausnahme China – derzeit noch ausgesetzt sind. Die Logik der Trump-Administration: Die USA werden durch ihre Handelspartner ungerecht behandelt. Das sollen die sogenannten reziproken Zölle ausgleichen.
Falsche Berechnung
Das Vorgehen verstößt gleich gegen mehrere Regeln der Welthandelsorganisation, unter anderem gegen die Zollobergrenzen. Darüber hinaus ist die Berechnung der Zölle aus ökonomischer Sicht nicht haltbar, da die Administration Trump zum Beispiel eine Elastizität von 0,25 unterstellt, das heißt, nur ein Viertel der durch die neuen Zölle verursachten Handelskosten würden auf die Preise in den USA überwälzt. Die Praxis lehrt etwas anderes:
Rechnet man mit konservativ geschätzter Elastizität von 0,75, würden etwa für die EU statt des von der Trump-Administration ermittelten Zusatzzolls von 39 Prozent nur 13 Prozent zu Buche stehen.
Zudem ist der Ansatz der Berechnung realitätsfern, weil er Veränderungen von Wechselkursen, Exporten und anderen ökonomischen Größen ignoriert.
Auch das Ziel der USA, das Handelsbilanzdefizit durch Zölle zu mindern, ist nicht zu erreichen, solange die USA selbst hohe Überschüsse in der Kapitalbilanz erzielen. Dabei greifen ökonomische Grundprinzipien: Die Zahlungsbilanz, bestehend aus der Leistungsbilanz mit vor allem Waren und Dienstleistungen sowie der Kapitalbilanz, ist aufgrund der doppelten Buchführung immer ausgeglichen.
Statt einer Senkung ist zu erwarten, dass sich das Handelsdefizit der USA aus Ländern mit hohen auferlegten Zöllen in Staaten mit niedrigen Zollsätzen verlagert. Dieser Effekt war schon in Trumps erster Amtszeit und dem damaligen Konflikt mit China zu sehen.
Der eskalierende Handelskonflikt zwischen den USA und China ist ein Risiko für die Weltwirtschaft.
Ungeachtet der anscheinend wenig durchdachten Zollpolitik müssen sich die betroffenen Länder mit den Konsequenzen beschäftigen. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat die ökonomischen Schäden durch die angedrohten Zölle mithilfe des Oxford-Modells geschätzt. Staaten, die stark exportorientiert sind und aus denen große Teile der Ausfuhren in die USA gehen, würden demnach besonders leiden (Grafik):
In Vietnam dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) durch die amerikanischen Zölle zwischen 2025 und 2028 schätzungsweise um 5,2 Prozent im Jahresdurchschnitt sinken. Sollte das Land Gegenmaßnahmen ergreifen, könnte das Minus sogar 6,3 Prozent pro Jahr betragen.
Auch das BIP anderer asiatischer Staaten wie Malaysia und Südkorea wäre überdurchschnittlich stark betroffen. Für Deutschland hat das IW ein Minus von jahresdurchschnittlich 1,2 Prozent ohne und 1,6 Prozent mit Gegenmaßnahmen für die vier Jahre bis 2028 errechnet, für die gesamte EU wären es jeweils 0,2 Prozentpunkte weniger. Auch in den USA selbst würde die Wirtschaftsleistung sinken, wenn auch nur im Falle von Gegenmaßnahmen stärker als im Durchschnitt aller Länder.
Ein weiteres Risiko für die Weltwirtschaft ist der eskalierende Handelskonflikt der USA mit China. Das gegenseitige Hochschaukeln führt inzwischen zu absurd hohen Zöllen auf beiden Seiten. Nur für sich betrachtet ist das für Deutschland bereits ein Problem (Grafik):
Nach IW-Berechnungen würde das BIP hierzulande jahresdurchschnittlich um 1 Prozent über die Jahre 2025 bis 2028 niedriger ausfallen, sollten sich die USA und China dauerhaft mit Zöllen von 125 Prozent belegen.
Kühler Kopf, klare Kante
Angesichts all der potenziell massiven Verwerfungen durch die US-Zollpolitik gilt es für Deutschland und die EU, kühlen Kopf zu bewahren. Der Schritt, auf Verhandlungen zu setzen und gleichzeitig mit einem eigenen Zollpaket Stärke zu demonstrieren und eine Drohkulisse aufzubauen, ist richtig. Die EU sollte zudem ihre Gegenmaßnahmen mit anderen Staaten abstimmen, um im Fall der Fälle den Schaden für die USA zu maximieren.
Außerdem sollte sich die Staatengemeinschaft mit ihren potenziellen Zöllen nicht auf den Warenhandel beschränken, denn hier sitzt sie aufgrund ihres großen Überschusses gegenüber den USA am kürzeren Hebel. Im Dienstleistungshandel ist es jedoch genau andersherum. Besonders groß ist das Defizit mit 125 Milliarden Euro bei den „Gebühren für die Nutzung von geistigem Eigentum“. Schätzungsweise drei Viertel dieser Summe dürften Zahlungen von US-Tochterfirmen in der EU an ihre Mutterkonzerne in den Vereinigten Staaten sein. EU-Firmen würden von Abgaben in diesem Bereich demnach kaum direkt getroffen. Allerdings wäre ein solcher Schritt Neuland. Daher ist zu prüfen, wie er sich auf die europäische Wirtschaft auswirken würde.