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Wie digital sind die Bundesbürger im Alter?

Wie finden sich Bundesbürger ab 60 Jahren digital zurecht? Das untersucht die erste SIM-Studie und zeigt: Bei der Online-Mediennutzung unterscheidet sich Deutschlands ältere Bevölkerung je nach soziodemografischer Gruppe stark. Unabhängig davon sind die älteren Generationen mit ihrer allgemeinen Lebenssituation aber ziemlich zufrieden.

Kernaussagen in Kürze:
  • In der Studie „Senior*innen, Information, Medien“ hat der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest die Mediennutzung älterer Personen in Deutschland untersucht.
  • Ein zentrales Ergebnis: Während 94 Prozent der Haushalte von 60- bis 69-Jährigen einen Internetanschluss haben, ist von den über 80-Jährigen nur etwas mehr als die Hälfte mit dem Web verbunden.
  • Die Gründe für die Nichtnutzung sind hauptsächlich der mangelnde Bedarf, der als gering angesehene Nutzen sowie die fehlende Zeit.
Zur detaillierten Fassung

Wie sich Jugendliche in Deutschland in der Medienwelt bewegen, beleuchtet der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest bereits seit 1998 jährlich in seiner großen JIM-Jugendstudie. Während die „Digital Natives“ mittlerweile ganz selbstverständlich Computer und Smartphone nutzen und quasi im Internet zu Hause sind, haben ältere Generationen oft mehr Probleme mit der Technik.

Je älter die Bundesbürger sind, desto seltener sind sie im Internet unterwegs. Die Gründe für die Nichtnutzung sind hauptsächlich der mangelnde Bedarf, der als gering angesehene Nutzen sowie die fehlende Zeit.

Mit der SIM-Studie – die Abkürzung steht für „Senior*innen, Information, Medien“ – hat der Forschungsverbund nun erstmals eine bundesweite Studie vorgelegt, die die Mediennutzung älterer Personen in Deutschland untersucht. Dafür hat er 3.005 Bundesbürger im Alter ab 60 Jahren befragt. Die Ergebnisse im Einzelnen:

Medienausstattung. Jeder Haushalt verfügt über einen Fernseher; einen Computer und ein Smartphone findet man in jeweils rund drei Vierteln der Haushalte. Mit steigendem Alter nimmt die Technikausstattung allerdings rapide ab (Grafik):

Während 94 Prozent der Haushalte von 60- bis 69-Jährigen einen Internetanschluss haben, ist von den über 80-Jährigen nur etwas mehr als die Hälfte mit dem Web verbunden.

So viel Prozent der Haushalte in Deutschland mit Menschen in diesem Alter hatten 2021 ein/einen... Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei PCs, die in weniger als der Hälfte der Haushalte von über 80-Jährigen zu finden sind. Diese Altersgruppe besitzt auch seltener ein Smartphone – sie greift stattdessen häufiger auf ein Handy ohne Internetzugang zurück.

Dass alle Befragten unabhängig vom Alter einen Fernseher besitzen, unterstreicht die zentrale Bedeutung dieses Mediums für ältere Personen. Im Durchschnitt sieht jeder über 60-Jährige 217 Minuten pro Tag fern. Jede zehnte Person verbringt nach eigenen Angaben täglich sechs Stunden und mehr vor dem Fernseher, rund jeder Vierte immerhin noch zwischen vier und sechs Stunden. Auffällig dabei: Je höher der Schulabschluss, desto geringer die tägliche Zeit vorm TV.

Internetnutzung. Gut vier Fünftel der Personen ab 60 Jahren sind online. Bei genauerer Analyse dieser Gruppe zeigt sich dreierlei (Grafik):

Der prozentuale Anteil von Internetnutzern sinkt mit dem Alter und steigt mit dem Bildungsgrad. Zudem sind Männer häufiger online als Frauen.

So viel Prozent der Bundesbürger ab 60 Jahren aus diesen Gruppen nutzen zumindest gelegentlich das Internet Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die Gründe für ein Leben offline

Die Gründe jener Befragten, die sich für ein Offline-Leben entschieden haben, sind vielfältig. An erster Stelle steht der mangelnde Bedarf: Für neun von zehn der älteren Bundesbürger ohne Internet sind die Informations- und Unterhaltungsangebote von Presse, Radio und Fernsehen ausreichend. Ein weiterer oft genannter Grund ist, dass das Internet weder beruflich noch privat gebraucht wird.

Zwei Drittel geben darüber hinaus fehlende Zeit und mangelnde Lust an, rund der Hälfte ist der mit einer Internetnutzung verbundene Lernaufwand zu hoch und gut 40 Prozent haben Sicherheitsbedenken. Eine geringe Rolle spielen die Kosten – mit ihnen begründet nur knapp jeder Sechste seine Online-Abstinenz.

Genutzte digitale Angebote: Kommunikation dominiert

Auffällig ist, dass auch die Onliner keineswegs das gesamte digitale Spektrum nutzen, sondern sich auf einzelne Anwendungsbereiche beschränken. Am häufigsten werden die digitalen Möglichkeiten zur Kommunikation verwendet – drei Viertel der Bundesbürger jenseits der 60 nutzen mindestens einmal in der Woche WhatsApp oder andere Nachrichtendienste, 71 Prozent schreiben wöchentlich E-Mails.

Zwei Drittel der Befragten bestellen zudem Waren oder Dienstleistungen im Netz – dies nimmt mit steigendem Alter allerdings ebenfalls deutlich ab. Soziale Netzwerke - Messenger-Dienste ausgenommen – spielen in der Internetnutzung älterer Personen nur eine untergeordnete Rolle, rund jeder Fünfte besucht eine solche Plattform zumindest selten.

Lebenssituation. Neben der Mediennutzung legt die SIM-Studie einen zweiten Schwerpunkt auf die Lebenszufriedenheit der älteren Bundesbürger sowie ihre gesellschaftliche Inklusion. Deutlich zu erkennen ist, dass sich die meisten über 60-Jährigen in Deutschland auch unter erschwerten Bedingungen wie der Corona-Pandemie als integrierten Teil der Gesellschaft sehen – weitestgehend unabhängig von sozio-demografischen Merkmalen. So geben gerade einmal 7 Prozent der Befragten an, sie hätten zunehmend das Gefühl, den Anschluss an die heutige Zeit verpasst zu haben; rund drei Viertel stimmen dieser Aussage nicht zu.

Ein gewisser Generationenkonflikt wird allerdings sichtbar: Nur wenig mehr als die Hälfte der Befragten widerspricht der Aussage, immer weniger Verständnis für die Auffassungen der jüngeren Generation zu haben. Zudem geben 15 Prozent an, dass ihr Leben immer komplizierter werde und schwerer zu durchschauen sei.

Alles in allem sind die älteren Bundesbürger aber zufrieden:

Zwei Drittel der über 60-Jährigen bewerten ihre Lebenssituation als sehr gut oder gut, lediglich 4 Prozent halten diese für schlecht oder sehr schlecht.

Es gibt allerdings gewisse Unterschiede zwischen Onlinern und Offlinern: Bei Letzteren fällt die Zufriedenheit im Schnitt etwas geringer aus, nur knapp mehr als die Hälfte bewertet ihre aktuelle Lebenssituation mit einer der zwei Bestnoten – ein Hinweis darauf, dass in dieser Gruppe ein höheres Risiko von sozialer Ausgrenzung besteht.

Kontinuierlicher Unterstützungsbedarf

Um ältere Menschen stärker beim Erwerb digitaler Kompetenzen zu unterstützen und so dafür zu sorgen, dass sie sozial eingebunden sind, sollte die Politik entsprechende Lern- und Beratungsangebote ausbauen. Zwar wird der Anteil der Personen, die das Internet nicht nutzen, immer weiter sinken – schon deshalb, weil auch die internetaffineren Generationen immer älter werden. Doch angesichts der dynamischen technischen Entwicklungen gibt es einen kontinuierlichen Unterstützungsbedarf.

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