Der Informationsdienst
des Instituts der deutschen Wirtschaft

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Einkommen Lesezeit 3 Min.

Wer gehört in Deutschland zur Mittelschicht?

Wer in Deutschland zu welcher Einkommensschicht gehört, hängt im Wesentlichen von der jeweiligen Haushaltsgröße und der Erwerbstätigkeit ab. Eine neue IW-Studie zeigt, wo die Grenzen zuletzt verliefen.

Kernaussagen in Kürze:
  • Eine alleinstehende Person musste 2022 in Deutschland zwischen 1.850 Euro und 3.470 Euro im Monat netto zur Verfügung haben, um zur Mittelschicht im engen Sinn zu gehören.
  • Unterm Strich waren etwas weniger als 4 Prozent der Bundesbürger relativ gesehen einkommensreich.
  • Am besten vor finanzieller Not schützt nach wie vor ein Vollzeitjob: Weniger als 6 Prozent der Vollzeitbeschäftigten zählen zur Gruppe der relativ Armen.
Zur detaillierten Fassung

Die Mittelschicht – Politiker nutzen diesen Begriff gern, weil sich damit sehr viele Menschen angesprochen fühlen. Studien haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sich – zu Recht oder nicht – knapp drei Viertel der Bundesbürger selbst mindestens der Mittelschicht zuordnen.

Zuletzt sahen sich 2023 in der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften knapp 56 Prozent als Teil der Mittelschicht im engen Sinn, weitere 17 Prozent fühlten sich der oberen Mittelschicht zugehörig. Doch glauben heißt nicht wissen. Von daher ist es sinnvoll, die Mittelschicht klar einzugrenzen.

Die fünf Einkommensschichten

Das Institut der deutschen Wirtschaft hat anhand verschiedener Kriterien insgesamt fünf Einkommensschichten definiert und wie folgt abgegrenzt:

  1. Relativ arm ist, wer weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens – die Hälfte der Menschen verdient mehr, die andere weniger – zur Verfügung hat.
  2. Die untere Mittelschicht beginnt bei 60 Prozent des Medianeinkommens und endet bei 80 Prozent.
  3. Die Mittelschicht im engeren Sinn verfügt über 80 bis 150 Prozent des Medianeinkommens.
  4. Wer ein Nettoeinkommen von 150 bis 250 Prozent des Medians hat, gehört zur oberen Mittelschicht.
  5. Haushalte mit einem Einkommen von mehr als 250 Prozent des Medians zählen zu den relativ Reichen.

Laut der europäischen Erhebung über Einkommen und Lebensbedingungen lag das mittlere bedarfsgewichtete Nettoeinkommen, welches berücksichtigt, dass das Leben mit mehreren Menschen in einem Haushalt günstiger ist, als wenn jemand allein lebt, in Deutschland im Jahr 2022 – neuere Mikrodaten liegen nicht vor – bei monatlich 2.312 pro Person. Davon ausgehend lassen sich die Einkommensgrenzen für verschiedene Haushaltstypen bestimmen (Grafik):

Eine alleinstehende Person musste 2022 zwischen 1.850 Euro und 3.470 Euro im Monat netto zur Verfügung haben, um zur Mittelschicht im engen Sinn zu gehören.

Zuordnung der Haushaltstypen in Deutschland nach ihrem Nettoeinkommen im Jahr 2022 in Euro Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Für ein Paar mit zwei Kindern unter 14 Jahren lagen die Einkommensgrenzen bei 3.880 Euro und 7.280 Euro. Insgesamt zählten dem IW-Konzept zufolge im Jahr 2022 knapp 48 Prozent der Bundesbürger zur eng definierten Mittelschicht (Grafik).

In die Gruppe der relativ Reichen sortierte sich ein Alleinstehender mit einem monatlichen Nettoeinkommen jenseits von 5.780 Euro ein. Für einen Paarhaushalt ohne Kinder galt das ab 8.670 Euro.

Unterm Strich waren im Jahr 2022 gemäß der IW-Abgrenzung etwas weniger als 4 Prozent der Bundesbürger relativ gesehen einkommensreich.

So viel Prozent der Menschen in Deutschland gehörten im Jahr 2022 dieser Einkommensschicht an Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Hier weichen die objektiv gemessenen Werte deutlich von den gefühlten ab: Im Jahr 2019 schätzten Befragte im sechsten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung den Anteil der Reichen in Deutschland auf 25 Prozent.

Am besten vor finanzieller Not schützt nach wie vor ein Vollzeitjob.

Am anderen Ende der Skala befinden sich von relativer Armut bedrohte Haushalte. Hierzu gehörten im Jahr 2022 Singles mit einem monatlichen Nettoeinkommen von weniger als 1.390 Euro. Für Alleinerziehende mit einem Kind unter 14 Jahren lag die entsprechende Armutsgefährdungsschwelle bei 1.800 Euro im Monat, für Paarhaushalte mit zwei Kindern unter 14 Jahren bei einem Nettoeinkommen von weniger als 2.910 Euro im Monat. Insgesamt galten demnach knapp 15 Prozent der Bundesbürger als von relativer Armut bedroht.

Am besten vor finanzieller Not schützt nach wie vor ein Vollzeitjob:

Weniger als 6 Prozent der Vollzeitbeschäftigten zählen zur Gruppe der relativ Armen.

Auch bei Paarhaushalten mit Kindern, in denen beide Elternteile erwerbstätig sind, ist das Armutsrisiko mit weniger als 4 Prozent gering.

Auffällig hoch ist das Armutsrisiko für alleinlebende Rentner. In dieser Gruppe liegen 27 Prozent unterhalb der entsprechenden Einkommensgrenze. Allerdings geben armutsgefährdete Rentner im Vergleich zu jüngeren Armutsgefährdeten seltener an, unerwartet anfallende Ausgaben nicht aus eigenen Mitteln bestreiten zu können. Sie scheinen demnach ihr Armutsrisiko teilweise durch angespartes Vermögen kompensieren zu können.

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