Unternehmen helfen bei der Wohnungssuche
Nachdem viele Unternehmen ihre Mitarbeiterwohnungen Ende des 20. Jahrhunderts verkauft haben, erlebt die betriebliche Unterstützung bei der Wohnungssuche eine Renaissance. Dabei hat sich das Engagement der Unternehmen im Vergleich zum traditionellen Werkswohnungsbau stark gewandelt.
- Eine IW-Befragung aus dem Jahr 2023 zeigt, dass rund 17 Prozent der Unternehmen in Deutschland ihre Mitarbeiter bei der Suche nach Wohnraum unterstützen.
- Insgesamt bieten die Unternehmen in Deutschland ihren Mitarbeitern rund 675.000 Wohnungen sowie etwa 46.000 Wohnheimplätze an.
- Außerdem helfen Betriebe auch indirekt bei der Wohnungssuche, zum Beispiel durch Tauschbörsen oder finanzielle Unterstützung.
Als Vorreiter des Werkswohnungsbaus gilt die Textilindustrie in England, wo Ende des 18. Jahrhunderts erste Unterkünfte für Arbeitskräfte und deren Familien gebaut wurden. Wenige Jahrzehnte später ließ auch der deutsche Industrielle Alfred Krupp in den frühen 1860er Jahren in Essen Wohnungen und Häuser für seine „Kruppianer“ errichten. Nach zehn Jahren waren bereits rund 2.400 Wohnungen für die Stahlarbeiter fertiggestellt.
Rund 17 Prozent der heimischen Unternehmen unterstützen ihre Mitarbeiter bei der Suche nach Wohnraum, indem sie beispielsweise direkt eine Unterkunft anbieten, Tauschbörsen einrichten oder Makler einschalten.
Die Familie Krupp betrieb den Werkswohnungsbau noch lange weiter, sodass man heute auf insgesamt drei Siedlungsgenerationen zurückschauen kann. Außerdem wurde äußerst vielfältig gebaut: So gab es nicht nur Arbeiterunterkünfte, sondern auch Meisterhäuser für leitende Angestellte. Neben klassischen Einfamilienhäusern entstanden zudem Wohnhäuser mit mehreren abgeschlossenen Wohneinheiten sowie Mehrfamilienhäuser. Und während des Ersten Weltkriegs war ein Teil der vielen zusätzlichen Arbeitskräfte, die Krupp beschäftigte, in eigens errichteten Baracken in sogenannten Notunterkünften untergebracht.
So hängen Wohnungsmangel und Werkswohnungen zusammen
Werkswohnungen blieben lange fester Bestandteil vieler Unternehmen, bis Ende des 20. Jahrhunderts zahlreiche Betriebe in Deutschland ihre Immobilienbestände veräußerten. Dafür waren zwei Gründe ausschlaggebend: Erstens gab es damals so gut wie keinen Wohnungsmangel – die Zahl der jährlichen Baugenehmigungen und Fertigstellungen war doppelt so hoch wie heute – und zweitens hatten die Betriebe kein Problem, Personal zu finden. Das ist heute anders: Qualifizierte Mitarbeiter sind vielfach knapp und bezahlbarer Wohnraum ist insbesondere in den Großstädten und im urbanen Umland schwer zu ergattern.
Kein Wunder also, dass das Mitarbeiterwohnen eine Renaissance erlebt. Die Deutsche Bahn beispielsweise, die in den 1990er Jahren große Teile ihres mehrere Zehntausend Wohnungen umfassenden Bestands veräußerte, bietet ihren Beschäftigten schon länger wieder Unterstützung bei der Unterbringung an, indem sie etwa Belegrechte von Immobilienunternehmen erwirbt oder möblierte Apartments bereitstellt.
Eine IW-Befragung aus dem Jahr 2023 zeigt, dass rund 17 Prozent der heimischen Unternehmen ihre Mitarbeiter bei der Suche nach Wohnraum unterstützen (Grafik):
Während mittelständische Unternehmen häufiger indirekte Maßnahmen wie Tauschbörsen oder finanzielle Unterstützung anbieten, offerieren Großunternehmen ihren Beschäftigten öfter direkt Wohnraum.
Insgesamt bieten die Unternehmen in Deutschland ihren Mitarbeitern rund 675.000 Wohnungen sowie etwa 46.000 Wohnheimplätze an, wobei dieser Wohnraum nicht zwingend den Unternehmen gehören muss. Vielmehr sind hier alle Aktivitäten zusammengefasst, die den Beschäftigten einen direkten Zugang zum Wohnungsmarkt ermöglichen. Diese direkten Unterstützungsmaßnahmen praktizieren häufiger Unternehmen, die in den gesellschaftsnahen Dienstleistungsbranchen tätig sind (9,3 Prozent), im Verarbeitenden Gewerbe ist das Engagement deutlich niedriger (4,4 Prozent). Besonders stark unterstützen Betriebe im Gastgewerbe mit 28,3 Prozent ihre Mitarbeiter direkt; außerdem bieten Unternehmen im Norden ihren Mitarbeitern häufiger Unterstützung an als Unternehmen in anderen Regionen.
Wer profitiert?
Knapp die Hälfte der Betriebe richtet sich mit ihren Angeboten nicht an eine spezielle Zielgruppe, sondern stellt sie allen Mitarbeitern zur Verfügung. Gleichwohl zeigt sich, dass einige Personengruppen häufiger gezielt unterstützt werden (Grafik):
54 Prozent der Unternehmen nennen Fachkräfte aus dem Ausland als die wichtigste Zielgruppe für direkte Wohnungsangebote, gefolgt von Saisonarbeitern (41 Prozent).
Beide Gruppen sind bei der Wohnungssuche eher auf Hilfe angewiesen als andere Mitarbeiter, denn ihnen fehlen in der Regel spezifisches Wissen über lokale Wohnungsmärkte und geeignete Suchstrategien. Zudem benötigen Arbeitskräfte aus dem Ausland zwingend eine neue Wohnung, was für Fachkräfte aus dem Inland nicht immer gilt. So werden Mitarbeiter, die bislang in einer anderen Stadt wohnen, häufiger durch indirekte Maßnahmen wie Tauschportale im Intranet bei der Wohnungssuche unterstützt.