Der Informationsdienst
des Instituts der deutschen Wirtschaft

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Fachkräfte Lesezeit 3 Min.

So unterstützen Betriebe bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse

Deutschland braucht Fachkräfte aus dem Ausland. Ein wichtiger Schritt, damit Menschen aus anderen Ländern in den deutschen Arbeitsmarkt integriert werden können, ist die Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse. Wie gut das für die Unternehmen bereits funktioniert und welche Maßnahmen den Prozess verbessern können, hat das IW untersucht.

Kernaussagen in Kürze:
  • Rund jedes sechste Unternehmen in Deutschland hat bislang Erfahrungen mit der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen gemacht.
  • Die deutschen Firmen greifen den ausländischen Beschäftigten beim teils komplexen Anerkennungsverfahren gezielt unter die Arme, etwa indem sie die benötigten Unterlagen beschaffen und vorbereiten.
  • Um die Vorteile des Anerkennungsverfahrens bekannter zu machen, sollten betriebliche Netzwerke geschaffen und Erfahrungsberichte zugänglich gemacht werden.
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Abschluss ist nicht gleich Abschluss. Dieses Prinzip gilt in der Arbeitswelt vor allem beim Blick über die Grenzen. Da sich Ausbildungen und Studiengänge zwischen den Ländern teils erheblich unterscheiden, sind Anerkennungsverfahren wichtig, um Fachkräften die Chance auf einen Job außerhalb ihres Heimatlands zu geben. Für Deutschland ist dies besonders relevant, denn die hiesige Wirtschaft ist aufgrund des demografischen Wandels auf den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland angewiesen:

Im September 2024 fehlten nahezu 450.000 qualifizierte Fachkräfte auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Knapp vier von zehn offenen Stellen konnten rein rechnerisch nicht mit vorhandenen Fachkräften besetzt werden.

Die Situation dürfte sich noch verschärfen, schließlich wird in den nächsten zehn Jahren knapp jeder vierte Beschäftigte den Arbeitsmarkt altersbedingt verlassen.

Für die Unternehmen ist die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen zwar auch aus formalen Gründen wie den Einreisevoraussetzungen wichtig, doch „weiche“ Faktoren wie Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten oder eine engere Mitarbeiterbindung spielen eine größere Rolle.

Um den Effekt über qualifizierte Zuwanderung abfedern zu können, sind zwei Faktoren besonders wichtig: Zum einen sollten ausländische Berufsabschlüsse in Deutschland möglichst schnell und unkompliziert anerkannt werden. Zum anderen gilt es, die Unternehmen für das Thema zu sensibilisieren, sie umfassend zu informieren und ihr Interesse für die Thematik zu wecken. Dies kann nur mit vorheriger Bestandsaufnahme effektiv funktionieren. Das Institut der deutschen Wirtschaft hat daher im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums erstmalig Unternehmen in Deutschland zum Thema ausländische Berufsabschlüsse befragt. Erste Erkenntnis:

Gut jedes sechste Unternehmen in Deutschland hat bislang Erfahrungen mit der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen gemacht.

Von ihnen hatten oder haben knapp 63 Prozent Mitarbeiter mit ausländischer Qualifikation beschäftigt. Gut 22 Prozent dieser Firmen verfügen über spezifische Erfahrungen mit der Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland. Die meiste Erfahrung mit der Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen haben mittlere Unternehmen ab 50 Beschäftigten und große Firmen mit einer Belegschaft von mehr als 250 Personen.

Die Gründe, warum die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen für Unternehmen wichtig ist, gehen über formale Anforderungen wie Einreisevoraussetzungen oder die Beschäftigung in reglementierten Berufen hinaus. Vielmehr spielen „weiche“ Faktoren eine zentrale Rolle (Grafik):

Für gut 72 Prozent der Firmen ist Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten und den Bewerbern ein starkes Motiv. Fast ebenso viele hoffen, durch die Anerkennung der Berufsabschlüsse die Fachkräfte langfristig an das eigene Unternehmen zu binden.

So viel Prozent der Unternehmen in Deutschland geben an, dass ihnen eine Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen ihrer Mitarbeiter und Bewerber aus diesen Gründen wichtig war Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die deutschen Firmen greifen den ausländischen Beschäftigten beim teils komplexen Anerkennungsverfahren gezielt unter die Arme und zeigen damit, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst sind (Grafik):

Etwa sieben von zehn Unternehmen, die Erfahrungen mit ausländischen Berufsabschlüssen haben, beschaffen die nötigen Unterlagen und bereiten sie vor.

So viel Prozent der Unternehmen in Deutschland ergreifen diese Maßnahmen, um ihre Mitarbeiter bei der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen zu unterstützen Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Ähnlich viele Firmen bieten ihren neuen Fachkräften Weiterbildungen an, um die volle Gleichwertigkeit der Qualifikation mit dem deutschen Äquivalent zu erreichen.

Breite Informationsangebote nötig

Auch wenn diese Ergebnisse positiv stimmen, dürfen sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass die meisten Unternehmen in Deutschland noch keine Berührungspunkte mit ausländischen Berufsqualifikationen hatten. Dies ließe sich mit verschiedenen Maßnahmen ändern:

Netzwerke. Ein bilateraler Austausch zwischen Unternehmen sorgt dafür, dass vorhandenes Wissen stärker verbreitet wird. Bestehende Netzwerke sollten explizite Treffen zum Thema ausländische Berufsabschlüsse organisieren.

Plattformen. Umfassende Informationen zu ausländischen Ausbildungen finden sich etwa im BQ-Portal, dem Informationsportal des Bundeswirtschaftsministeriums zu ausländischen Berufsabschlüssen. Unternehmen sollten noch stärker auf solche Angebote aufmerksam gemacht werden.

Best Practice. Erfahrungsberichte von Unternehmen, die bereits erfolgreich ausländische Fachkräfte integriert haben, können auf den Plattformen veröffentlicht werden. Das motiviert möglicherweise Firmen, die bisher noch nicht aktiv sind. Zusätzlich stärkt es das Image der porträtierten Betriebe.

Modellprojekte. Die Politik sollte innovative Modellprojekte fördern, um so standardisierte Verfahren und Anpassungsqualifizierungen zu entwickeln. Denn ein großer Wunsch der Unternehmen ist eine beschleunigte und einheitliche Anerkennung der Abschlüsse.

Ansprechpartner. Da viele Unternehmen noch unsicher beim Anwerben ausländischer Fachkräfte sind, braucht es mehr regionale Ansprechpartner.

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