Silicon Valley ist weit weg
In Deutschland haben es junge Internet- oder Biotechnologie-Start-ups schwer, an Kapital zu kommen. Kein Wunder also, dass innovative Firmen wie Facebook, Google oder Apple nicht hierzulande, sondern in den USA gegründet wurden. Die deutsche Politik zeigt bislang zu wenig Ehrgeiz, daran etwas zu ändern.
- In Deutschland haben es junge Internet- oder Biotechnologie-Start-ups schwer, an Kapital zu kommen.
- Nicht einmal 700 Millionen Euro betrug das in Deutschland aufgebrachte Wagniskapital im Jahr 2013 – das waren weniger als 0,05 Prozent des Bruttoinlandsprodukts - in Großbritannien und den USA ist der Anteil vier- bis achtmal so hoch.
- Im Jahr 2012 floss mehr als die Hälfte des Wagniskapitals für Internet-Start-ups und ähnliche Firmen nach Berlin.
In den USA, vor allem im kalifornischen Silicon Valley, funktioniert das Rezept bestens: Mit Venture Capital – auf Deutsch: Wagniskapital – beteiligen sich Investoren an jungen Hightech-Firmen und helfen ihnen durch die schwierige Startphase (Kasten). Hierzulande geschieht dies noch viel zu selten:
Nicht einmal 700 Millionen Euro betrug das in Deutschland aufgebrachte Wagniskapital im Jahr 2013 – das waren weniger als 0,05 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. In Großbritannien und den USA ist der Anteil vier- bis achtmal so hoch.
Zudem war in den vergangenen Jahren in Deutschland keine Besserung zu erkennen (Grafik). Im Gegenteil: Der Venture-Capital-Markt hat stark unter der Wirtschafts- und Finanzkrise von 2009 gelitten und sich davon bis heute nicht erholt. Vor allem zur Finanzierung der Expansionsphase stehen nur 200 bis 300 Millionen Euro im Jahr zur Verfügung. Dabei entscheidet sich gerade in dieser Phase, ob ein Start-up den Aufstieg zu einer Technologiefirma von Rang schafft.
Dass in die Früh- und die Gründungsphase mehr Wagniskapital fließt, liegt auch an den dafür vorgesehenen Steuergeldern – etwa dem 300 Millionen Euro schweren Hightech-Gründerfonds, an dem das Bundeswirtschaftsministerium und die Staatsbank KfW beteiligt sind.
Das insgesamt zu geringe Aufkommen an Venture Capital in Deutschland ist vor allem aus einem Grund bedenklich: In den letzten Jahren wurden immer weniger Hightech-Unternehmen gegründet. Dabei sind gerade sie für die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft relevant.
Was an Wagniskapital zusammenkommt, fließt – nicht nur in Deutschland – zu etwa 40 Prozent in die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT). Dabei hat sich der Fokus in jüngster Zeit verschoben – weg von der Hardware hin zur Software und zur Nutzung internetbasierter Technologien, zum Beispiel für Computer- und Smartphone-Spiele. Zweitwichtigstes Ziel für Venture Capital sind die Biotechnologie und weitere Sparten der Gesundheitswirtschaft, die zusammen auf ein Fünftel der Investitionen kommen.
Im IKT-Bereich war zuletzt die Hauptstadt das Maß der Dinge (Grafik):
Im Jahr 2012 floss mehr als die Hälfte des Wagniskapitals für Internet-Start-ups und ähnliche Firmen nach Berlin.
International gesehen ist die Spree-Metropole damit aber noch lange kein neues Silicon Valley – Venture-Capital-Hochburgen außerhalb der USA sind eher London, Tel Aviv und Singapur.
Um es jungen Hightech-Firmen in Deutschland leichter zu machen, müsste sich die Politik stärker ins Zeug legen. Zwar haben CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag ein Venture-Capital-Gesetz angekündigt. Doch der kürzlich vorgelegte Antrag der Regierungsfraktionen lässt wesentliche Punkte außen vor.
Dabei liegen wirksame Verbesserungsvorschläge auf der Hand. So sollten Verluste aus den riskanten Investitionen steuerlich besser verrechnet werden können. Auch gilt es, Mehrfachbesteuerungen des investierten Kapitals bei den Hightech-Firmen, den Venture-Capital-Gesellschaften und den eigentlichen Investoren zu vermeiden. Die Beispiele Großbritannien, Frankreich und Israel zeigen außerdem, dass Steuerermäßigungen für Venture-Capital-Investitionen die Zahl der Hightech-Gründungen steigern.
Venture Capital
Venture Capital – Wagniskapital – ist eine Form des Beteiligungskapitals, das vor allem dazu dient, meist sehr risikoreiche Firmengründungen im Bereich der Hochtechnologie zu finanzieren. Zu diesem Zweck sammeln üblicherweise Beteiligungsgesellschaften Geld von privaten oder auch öffentlichen Investoren. Die Financiers gehen dabei das Risiko ein, ihr Kapital vollständig zu verlieren, wenn die Unternehmensgründung scheitert. Hat die junge Firma allerdings Erfolg, sind hohe Renditen möglich.
Die Venture-Capital-Finanzierung erstreckt sich über mehrere Phasen:
Frühphase („Seed-Finanzierung“). In dieser Phase – vor der eigentlichen Firmengründung – geht es darum, die Ausreifung und Umsetzung einer Idee bis hin zu einem Prototyp zu finanzieren. Auf dessen Basis können die Gründer dann ihr Geschäftskonzept erstellen.
Gründungsphase („Start-up-Finanzierung“). In dieser Phase werden jene Unternehmen unterstützt, die sich im Aufbau befinden oder ihre Produkte noch nicht in ausreichendem Maße vermarkten konnten. Denn während dieser Zeit entstehen fast immer Verluste.
Expansionsphase („Later-Stage-Finanzierung“). Hier wird fremdes Kapital benötigt, um zum Beispiel Produktions- und Vertriebskapazitäten auszubauen oder Übernahmen zu finanzieren – selbst wenn die Firma bereits Gewinne erzielt.
In der Regel endet die Beteiligung der Investoren nach zwei bis sieben Jahren. Dieser Rückzug („Exit“) der Kapitalgeber kann unter anderem erfolgen, indem das Unternehmen an die Börse geht. Alternativ übernehmen andere Investoren die Beteiligung. Kann sich die Firma allerdings am Markt nicht durchsetzen, müssen die Financiers das investierte Kapital abschreiben.