Seltene Erden: Chinesisches Druckmittel
Europa ist vollständig vom Import seltener Erden aus China abhängig. Es ist höchste Zeit, in eigene Förderprojekte zu investieren, um das potenzielle chinesische Druckmittel zu entschärfen.
- Rund zwei Drittel der weltweiten Förderung von seltenen Erden entfielen im Jahr 2023 auf China. Das gibt der chinesischen Regierung ein erhebliches Machtinstrument in geopolitischen Konflikten.
- Um unabhängiger zu werden, muss die EU in konkrete Rohstoff- und Recyclingprojekte investieren.
- Die EU-Kommission hat eine Reihe von Förderprojekten als strategisch eingestuft und behandelt diese somit priorisiert – darunter eines in Schweden.
Am Anfang aller industriellen Wertschöpfungsketten stehen natürliche Ressourcen. Viele Länder, darunter Deutschland, haben allerdings wenig eigene Rohstoffvorkommen und sind daher auf Importe angewiesen. In anderen Worten: Wenn die Versorgung mit Rohstoffen stockt, stehen die Bänder in den Fabriken still.
Besonders brisant ist die Lage bei sogenannten seltenen Erden. Diese Gruppe spezieller Metalle wird unter anderem für Hochleistungsmagnete benötigt, die in Elektromotoren, Generatoren oder Windkraftanlagen stecken. Das Problem: Rund zwei Drittel der weltweiten Förderung dieser Metalle entfielen im Jahr 2023 auf China. Das gibt der chinesischen Regierung ein erhebliches Machtinstrument in geopolitischen Konflikten – ein Lieferstopp würde zu großen wirtschaftlichen Schäden in den betroffenen Ländern führen.
Um bei seltenen Erden unabhängiger von China zu werden, muss die EU in konkrete Rohstoff- und Recyclingprojekte investieren.
Die chinesische Regierung setzte diese ökonomische Waffe bereits zweimal ein, 2010 gegen Japan sowie im aktuellen Handelskonflikt mit den USA. Auch die EU muss damit rechnen, dass China die Lieferung von seltenen Erden einschränken könnte, und sollte sich wappnen.
Aktuell existieren hier keine eigenen Förderstrukturen oder gesicherten alternativen Lieferketten. Um unabhängiger zu werden, muss die EU in konkrete Rohstoff- und Recyclingprojekte investieren. Als Vorbild kann Japan dienen: Nach dem ersten Exportstopp von China beteiligte sich das Land am Aufbau einer Seltenerd-Mine in Australien und erhielt als Gegenleistung Förderanteile.
Investitionsmöglichkeiten für die EU gäbe es einige, schließlich liegt rund die Hälfte der wirtschaftlich und technisch förderbaren Vorkommen an seltenen Erden außerhalb Chinas. Die zweitgrößten Reserven gibt es in Südamerika (Grafik):
In Brasilien liegen rund 21 Millionen Tonnen an förderbaren seltenen Erden.
Indien und Australien besitzen ebenfalls größere Vorkommen. Auch Grönland könnte damit beginnen, seltene Erden zu fördern.
Ein Anfang ist schon gemacht: Die EU-Kommission hat eine Reihe von Förderprojekten als strategisch eingestuft und behandelt diese somit priorisiert – darunter eines in Schweden. Doch bis sich daraus tragfähige Alternativen ergeben, bleibt die Abhängigkeit hoch und damit auch das Risiko politischer Erpressung.