Binnenschifffahrt Lesezeit 2 Min.

Schwere Zeiten für die deutsche Schifffahrt

Durch die Sommerhitze und ausbleibenden Regen sind die Pegelstände in Deutschlands Wasserstraßen dramatisch gesunken. Das Niedrigwasser schränkt die Schifffahrt ein und behindert den Transport von Industriegütern, darunter auch die wegen des Ukraine-Kriegs wichtig gewordene Kohle.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Pegelstände des Rheins sind so niedrig wie seit 2018 nicht mehr.
  • Das Niedrigwasser schränkt die Schifffahrt ein und behindert damit auch den Transport von Kohle, die bei der Stromerzeugung eigentlich aushelfen sollte.
  • Der Wassermangel verschärft folglich die durch den Ukraine-Krieg bedingten Engpässe in der Energieversorgung.
Zur detaillierten Fassung

Die Hitzewelle rollt über Deutschland und lässt die Pegelstände der Flüsse sinken. Besonders betroffen ist der Rhein – die bedeutendste Binnenwasserstraße Europas (siehe auch „Deutschlands längste Wasserstraßen“).

Auf dem Fluss werden große Mengen Getreide, Chemikalien, Mineralien oder Kohle transportiert, doch wegen des niedrigen Wasserstands fahren die Schiffe derzeit mit weniger als der Hälfte der üblichen Ladungsmenge.

Nirgendwo ist die Fahrtrinnentiefe derzeit so niedrig wie in der Engstelle Kaub bei Koblenz: Mitte August fiel der Pegelstand unter die kritische Marke von 40 Zentimetern. Darunter ist es für viele Frachter nicht mehr wirtschaftlich, den Fluss zu befahren.

Wegen der geringeren russischen Gaslieferungen soll Kohle bei der Stromerzeugung aushelfen. Nun ist der Kohletransport aber vom eingeschränkten Schifffahrtsverkehr betroffen.

Der Rekord beim Niedrigwasser ist gerade einmal vier Jahre alt: Der Rheinpegel in Köln lag im Oktober 2018 bei 67 Zentimetern, der Normalwasserstand des Flusses liegt bei 3,21 Metern. Das allgemeine Niedrigwasser hat laut Schätzungen von Ökonomen damals einen Einbruch von etwa 0,4 Prozent der Wirtschaftsleistung verursacht. Allein durch den niedrigen Pegel des Rheins entstand 2018 ein wirtschaftlicher Schaden von etwa 5 Milliarden Euro.

Ähnliche konjunkturelle Einbrüche könnte es in diesem Jahr geben, sollte der Wasserstand des Rheins den Transport großer Gütermengen verhindern. Schon seit einigen Jahren sinkt die Fördermenge auf deutschen Wasserstraßen (Grafik):

Rund 195 Millionen Tonnen an Industriegütern wurden 2021 über deutsche Flüsse und Seen verschifft – 2019 wurden noch rund 205 Millionen Tonnen an Waren übers Wasser befördert.

So viele Millionen Tonnen Güter wurden auf Binnenwasserstraßen in Deutschland verschifft Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die wichtigsten Güter im Binnenschiffsverkehr sind Rohstoffe. So wurden 2021 etwa 51 Millionen Tonnen Erze, Steine und Erden transportiert, mehr als 34 Millionen Tonnen Kokerei- und Mineralölerzeugnisse und rund 23 Millionen Tonnen Erdöl, Erdgas und Kohle.

Kohletransport von Niedrigwasser betroffen

Ausgerechnet bei Letzterer ergibt sich jetzt ein Problem: Wegen der geringeren russischen Gaslieferungen soll Kohle bei der Stromerzeugung aushelfen. Nun ist der Kohletransport aber vom eingeschränkten Schifffahrtsverkehr betroffen. Der Energiekonzern Uniper zieht bereits in Betracht, die Stromproduktion aufgrund der niedrigen Pegel in einigen Steinkohlekraftwerken zu reduzieren.

In Frankreich werden derweil Atomkraftwerke abgeschaltet, da das Kühlwasser aus den Flüssen fehlt. Fest steht:

Der Wassermangel verschärft die durch den Ukraine-Krieg bedingten Engpässe in der Energieversorgung, die Industrie und Verbraucher ohnehin schon spüren.

Problematisch ist das Niedrigwasser auch, da die geringeren Transportmengen auf bereits angespannte Lieferketten treffen. Und eine eingeschränkte Produktion treibt letztlich die Preise – zumal auch gestiegene Transportkosten zu einem Aufwärtstrend bei den Erzeugerpreisen führen. Zwar können die meisten Unternehmen auf die Straße oder Schiene ausweichen, doch diese Transportwege sind erheblich teurer. Außerdem stellt sich die Frage, wer die zusätzlichen Lastwagen fahren soll. In Deutschland fehlen derzeit bis zu 80.000 Lkw-Fahrer.

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