Der Informationsdienst
des Instituts der deutschen Wirtschaft

Der Informationsdienst
des Instituts der deutschen Wirtschaft

Fachkräfte Lesezeit 4 Min.

Pfleger, bitte kommen!

In der Pflege ist der Personalmangel besonders eklatant. Und er wird sich aufgrund des demografischen Wandels weiter verschärfen. Bis 2035 werden in Deutschland laut IW-Berechnungen mindestens weitere 130.000 Altenpfleger gebraucht.

Kernaussagen in Kürze:
  • Schon heute fehlt in Deutschland Pflegepersonal. Selbst für den Fall, dass sich der Gesundheitszustand der Bevölkerung verbessert, sind 2035 rund 130.000 zusätzliche Altenpfleger nötig.
  • Um mehr junge Menschen für Pflegeberufe zu begeistern, bedarf es einer umfassenden Strategie.
  • Ansatzpunkte können höhere Löhne für die Beschäftigten, bessere Möglichkeiten zur Weiterqualifizierung und das gezielte Anwerben ausländischer Fachkräfte sein.
Zur detaillierten Fassung

Dass die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, ist nichts Neues. Dass damit auch mehr Pfleger gebraucht werden, ist ebenfalls nur logisch. Und dass es bereits seit vielen Jahren einen eklatanten Mangel an Pflegepersonal gibt, ist auch hinlänglich bekannt. Neu ist, dass das Institut der deutschen Wirtschaft nun Zahlen vorlegt, wie sich der Bedarf an Fachkräften in der Altenpflege – ausgehend vom Jahr 2015 – entwickeln wird (Grafik):

Selbst für den Fall, dass sich der Gesundheitszustand der Bevölkerung verbessert, sind 2035 rund 130.000 zusätzliche Altenpfleger nötig.

So viele Fachkräfte werden in Deutschland in den Jahren bis 2035 in der Altenpflege benötigt Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Wenn sich die Pflegebedürftigkeit der Menschen in Deutschland nicht verändert, erhöht sich der Fachkräftebedarf in der Pflege bis 2035 sogar um 150.000 Personen.

So viel Personal zu finden, wird nicht einfach sein, denn schon heute bestehen in Pflegeberufen große und flächendeckende Engpässe. Im Jahr 2014 kamen in der Bundesrepublik auf je 100 gemeldete offene Stellen in der Altenpflege 42 arbeitslose Pflegekräfte, 2017 waren es nur noch 22. Bei den Altenpflegehelfern ist die Lage zwar etwas entspannter, doch auch in diesem Berufszweig hat sich die Situation in den vergangenen Jahren verschärft: Im Jahr 2014 kamen auf 100 gemeldete Stellen 900 arbeitslose Altenpflegehelfer, 2017 waren es noch rund 380. Da nur etwa jede zweite offene Stelle bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet wird, ist der tatsächliche Personalbedarf in beiden Berufen außerdem deutlich größer, als es diese Relationen offenbaren.

Mehr Auszubildende in der Altenpflege

Dabei gibt es durchaus auch gute Nachrichten aus der Altenpflege. So wächst die Zahl der Beschäftigten und der Auszubildenden in den beiden Berufen Altenpfleger und Altenpflegehelfer:

Die Zahl der sozialversicherungspflichtig beschäftigten Fachkräfte in der Altenpflege ist im Zeitraum von 2013 bis 2016 um 14,5 Prozent auf rund 240.000 gestiegen, die der Helfer um fast 16 Prozent auf annähernd 230.000.

Auch der Nachwuchs interessiert sich zunehmend für diese Branche. Rund 68.000 junge Leute machten im Berufsschuljahr 2016/17 die dreijährige Ausbildung zum Altenpfleger, mehr als 8.000 entschieden sich für die Ausbildung zum Altenpflegehelfer. Zwar lassen sich die Absolventenzahlen nicht einfach aufaddieren, weil viele Altenpflegehelfer nach ihrem Abschluss eine Ausbildung zum Altenpfleger anschließen, doch ein Blick auf die Zahlen der vergangenen zehn Jahre zeigt eine große Dynamik in den Pflegeberufen: So ist die Zahl der Ausbildungsanfänger in der Altenpflege um zwei Drittel gestiegen, in der Altenpflegehilfe betrug das Plus immerhin ein Drittel.

Bereits heute fehlen in der Altenpflege Fachkräfte. Bis zum Jahr 2035 wird sich der Bedarf um 130.000 bis 150.000 erhöhen.

Doch das reicht nicht, um den künftigen Fachkräftebedarf der Branche zu decken. Wie also lässt sich das Problem der vielen Tausend fehlenden Altenpfleger lösen? Eine einfache Antwort gibt es nicht, es bedarf einer umfassenden Strategie (siehe: „Wir wollen ein dickes Paket schnüren“):

  • Höhere Löhne in der Altenpflege sind eine Grundvoraussetzung, um die Attraktivität des Berufs zu steigern. Ein Altenpfleger, der 2016 Vollzeit arbeitete, verdiente im Median monatlich 2.621 Euro brutto – das waren 16 Prozent weniger, als alle Beschäftigten im Median verdienten, und sogar 19 Prozent weniger als das Medianeinkommen der Gesundheits- und Krankenpfleger. Dieses Lohngefälle hat sich seit Jahren kaum verändert.
  • Auch eine Weiterqualifizierung von mehr Pflegehelfern zu Fachkräften würde den Mangel an Altenpflegern lindern. Damit sich auch zeitlich stark eingespannte Pflegehelfer für eine solche Zusatzqualifikation entscheiden, sollte zum Beispiel verstärkt für die Ausbildung in Teilzeit geworben werden. Auch die Förderung der Umschulung zum Altenpfleger durch die Bundesagentur für Arbeit leistet einen wichtigen Beitrag und sollte aufrechterhalten werden.
  • Die sinnstiftende Tätigkeit in Altenpflegeberufen sollte jungen Leuten besser vermittelt werden – beispielsweise durch Kooperationen von Schulen mit Pflegeeinrichtungen oder durch Projektwochen.
  • Die gezielte Rekrutierung von ausländischen Fachkräften für die Pflege findet zwar schon statt, doch der Anteil ausländischer Beschäftigter ist in der Branche nach wie vor unterdurchschnittlich (Grafik):

Von allen Fachkräften in Deutschland sind 8 Prozent Ausländer, in der Altenpflege beträgt der Anteil jedoch nur 5 Prozent.

So viel Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland waren 2013 bzw. 2016 Ausländer Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Da die Altenpflege ein reglementierter Beruf ist, muss zunächst eine Anerkennung der ausländischen Abschlüsse durchgeführt werden. Das ist häufig eine große Hürde. Wichtig wäre es, die Anerkennungsverfahren – vor allem bei Anträgen, die aus dem Ausland gestellt werden – zu erleichtern.

  • Mithilfe eines betrieblichen Gesundheitsmanagements kann die Resilienz – also die psychische Widerstandsfähigkeit – der Pflegekräfte gestärkt werden, sodass trotz der physischen und psychischen Belastungen weniger Fachkräfte aus ihrer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung aussteigen.
  • Die Karrierechancen in der Pflege sollten besser sichtbar gemacht werden. Wer sich weiterbildet und neue fachliche Kompetenzen erwirbt, kann die Leitung einer Station oder einer Pflegeeinrichtung übernehmen.
  • Die Produktivität lässt sich auch in der Pflege noch steigern – etwa, indem Tätigkeiten wie die Dokumentation digitalisiert werden. Dies schafft mehr Zeit für die Arbeit mit den Patienten.

Das könnte Sie auch interessieren

Meistgelesene