Der Informationsdienst
des Instituts der deutschen Wirtschaft

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Verteidigung Lesezeit 3 Min.

Militärische Aufrüstung unter Zeitdruck

Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten hat die sicherheitspolitische Lage für Deutschland verändert. Die Bundesrepublik muss ihre Verteidigungsfähigkeit deutlich verbessern. Mit Geld allein ist es dabei nicht getan.

Kernaussagen in Kürze:
  • Deutschland will seine Verteidigungsausgaben erhöhen. Mit prognostizierten Krediten von 264 Milliarden Euro zusätzlich zum Sondervermögen würde im Jahr 2028 das diskutierte Ausgabenziel von 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreicht.
  • Um die Beschaffung von Waffen und Material zu beschleunigen, müssen das Planungswesen der Bundeswehr reformiert, die Digitalisierung vorangetrieben und Mehrfachzuständigkeiten abgebaut werden.
  • Mittelfristig ist es zudem wichtig, sich besser mit den europäischen Partnern abzustimmen und dadurch Hürden für die gemeinsame Bestellung, Produktion und Lieferung von Waffen und Ausrüstung aus dem Weg zu räumen.
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Mehr Verantwortung, mehr Geld: Die USA wollen schon seit Langem, dass Deutschland und Europa stärker in die eigene Sicherheit investieren. Unter US-Präsident Donald Trump ist aus den Bitten eine klare Forderung mit realen Konsequenzen geworden. Die NATO-Staaten diskutieren daher derzeit, ob sie die jährlichen Ausgaben von 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf 3 bis 3,5 Prozent im Jahr 2028 anheben sollen.

Deutschland hat bereits die finanziellen Weichen für höhere Investitionen in die Verteidigung gestellt. Noch der alte Bundestag beschloss im März 2025, Ausgaben für die Bundeswehr und die äußere Sicherheit oberhalb von 1 Prozent des BIP mit Krediten zu stemmen und von der Schuldenbremse auszunehmen. Dadurch ließe sich die mögliche neue NATO-Vorgabe rechtzeitig erreichen (Grafik):

Mit prognostizierten Krediten von 264 Milliarden Euro zusätzlich zum Sondervermögen würde Deutschland im Jahr 2028 das diskutierte Ausgabenziel von 3,5 Prozent des BIP für die Verteidigung und äußere Sicherheit erreichen.

Finanzierung der deutschen Verteidigungsausgaben in Milliarden Euro Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Das Vorgehen der deutschen Politik birgt allerdings Risiken. Zum einen wirkt sich die Finanzierung auf Pump auf künftige Zinsbelastungen für den Bundeshaushalt aus. Zum anderen verleitet es dazu, die Mittel für Verteidigung im laufenden Haushalt eher zurückzuschrauben, um Geld für andere Projekte zu haben. Da die laufenden Verteidigungsausgaben mittel- bis langfristig eigentlich aus dem Kernhaushalt finanziert werden sollten, würde so bei nominal steigendem BIP eine große Finanzierungslücke klaffen.

Mittelfristig sollte sich Deutschland besser mit den europäischen Partnern abstimmen und dadurch Hürden für die gemeinsame Bestellung, Produktion und Lieferung von Waffen und Ausrüstung abbauen.

Neben der Finanzierung hat die Politik ein weiteres Problem: die Zeit. Die Beschaffung von Waffen und Material dauert zu lange, eine wirkungsvolle Reform des Planungswesens bei der Bundeswehr steht noch aus. Eine schnelle Digitalisierung und der Abbau von Mehrfachzuständigkeiten sind daher unerlässlich. Aber auch fehlende industrielle Kapazitäten spielen eine Rolle.

Um die Probleme zu lösen, bieten sich mehrere Maßnahmen an:

Da die Ausgaben in der Regel erst bei Auslieferung der Rüstungsgüter haushaltswirksam werden, können die kurzfristigen Budgetsteigerungen genutzt werden, um bestehende Rahmenverträge auszuschöpfen und schnell verfügbare Güter zu beschaffen.

Ebenso sollte die Bundesregierung darauf hinarbeiten, dass Unternehmen ihre Produktion hochfahren oder ausweiten, sowie Güter mit langer Bau- und Lieferzeit zügig bestellen, denn Hightech-Systeme wie Satelliten und elektronische Kampfführung benötigen etwa zehn Jahre Entwicklungszeit. Dabei ist es ratsam, nicht immer die „Goldrandlösung“ mit einem kaum zu erfüllenden Leistungskatalog anzustreben, die in der Regel später als geplant fertig und oftmals teurer wird als zunächst veranschlagt.

Mittelfristig ist es zudem wichtig, sich besser mit den europäischen Partnern abzustimmen und dadurch Hürden für die gemeinsame Bestellung, Produktion und Lieferung von Waffen und Ausrüstung abzubauen.

Personalproblem in der Bundeswehr lösen

Neben der materiellen Aufrüstung muss Deutschland auch sein Personalproblem in der Bundeswehr lösen. Ende 2024 zählte die Truppe 181.000 Soldaten – davon nur 61.000 in der Kampftruppe des Heeres – und rund 80.000 zivile Mitarbeiter. Angesichts der für die NATO zugesagten neuen Brigaden braucht die Bundesrepublik bereits nach alter Planung deutlich mehr Personal.

Die von Union und SPD im Koalitionsvertrag vereinbarte Einführung einer freiwilligen Wehrpflicht ist ein erster Schritt zu einer größeren Truppe. Ein stärkeres Werben um neue Rekruten und das Öffnen für Ausländer, die bereits längere Zeit in Deutschland leben, wären weitere.

All das muss ebenfalls unter Zeitdruck geschehen, da sich die USA immer mehr auf den wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Konflikt mit China und damit auf den pazifischen Raum konzentrieren. Größere Truppenabzüge und weniger Unterstützung für Europa sind durchaus wahrscheinlich.

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