Mammutaufgabe Transformation der Wirtschaft
Die deutsche Wirtschaft muss eine Reihe von großen Herausforderungen bewältigen. Wie sich die Unternehmen im damit verbundenen Transformationsprozess selbst einschätzen und welche Wege sie für einen gelungenen Wirtschaftswandel sehen, hat das IW untersucht.
- Knapp jedes dritte Unternehmen in Deutschland fühlt sich von allen vier Megatrends der Transformation betroffen. Der Anteil steigt mit der Größe der Belegschaft.
- Die größte Hemmnisse sind aus Sicht der Betriebe fehlende Fachkräfte, eine mangelhafte digitale Infrastruktur und hohe Kosten für den Umbau.
- Von der Politik erwarten sie eine ganze Reihe an Maßnahmen, um die Transformation zu unterstützen. Am wichtigsten sind den Unternehmen Investitionen ins Bildungssystem.
Die Aufgabe für die deutsche Wirtschaft ist nicht gerade leicht. Sie soll digital und klimafreundlich werden. Gleichzeitig muss sie mit den Auswirkungen des demografischen Wandels im Land sowie dem zunehmenden Protektionismus in der Welt zurechtkommen. Alle vier Bereiche – Digitalisierung, Dekarbonisierung, demografischer Wandel und Deglobalisierung – sind dabei keine kurzfristigen Trends, sondern langfristige Veränderungsprozesse.
Um die damit verbundenen Aufgaben angehen zu können, ist es zunächst wichtig zu bewerten, wie stark das eigene Unternehmen von diesen vier D betroffen ist. Das IW hat Unternehmen in Deutschland um ihre Einschätzung gebeten (Grafik):
29 Prozent der Firmen in Deutschland sehen sich von allen vier D betroffen. Knapp 8 Prozent geben an, keine Auswirkungen der Trends zu spüren.
Dabei zeigen die Daten: Je mehr Mitarbeiter ein Unternehmen hat, umso eher ist es von allen vier D betroffen. Exportstarke Branchen wie der Maschinenbau, die Elektroindustrie und der Fahrzeugbau müssen ebenso überdurchschnittlich oft mit Auswirkungen aller vier Trends zurechtkommen.
Die größte Relevanz hat für die befragten Unternehmen die Digitalisierung. Auf 86 Prozent von ihnen hat sie einen Einfluss. Dabei fühlen sich die Firmen im Großen und Ganzen gut gerüstet:
Auf die Frage, wie gut ihr Unternehmen in Sachen Digitalisierung aufgestellt ist, gaben sich sechs von zehn Betroffenen auf einer Skala von 0 (völlig unzureichend) bis 100 (optimal) mindestens 60 Punkte.
Bezüglich der größten Hürden bei der Digitalisierung bewerten die Unternehmen mehrere Antworten nahezu identisch, darunter fehlende Fachkräfte, komplexe rechtliche Vorgaben sowie eine unzureichende digitale Infrastruktur.
Der wichtigste Hebel, damit die Transformation der Wirtschaft langfristig gelingt, liegt für die Unternehmen in Deutschland in Investitionen in das Bildungssystem.
Schaut man auf die einzelnen Branchen, ist das Bild differenzierter. Von den unternehmensnahen Dienstleistern sieht nur gut ein Drittel ein Hemmnis in der Verfügbarkeit von digitalen Fachkräften, während es in der Branchengruppe Energie-, Wasserversorgung, Entsorgung knapp 75 Prozent sind. In der beschäftigungsstarken Metall- und Elektro-Industrie ist etwa jedes zweite Unternehmen von diesem Hemmnis betroffen.
Die Dekarbonisierung bereitet den Unternehmen ebenso Probleme. Anders als beim Thema Digitalisierung spielt hier die Finanzierung die größte Rolle:
Knapp die Hälfte der Unternehmen in Deutschland empfindet die Umstellung auf klimaneutrale Prozesse als zu teuer.
Auch hier gilt: Die größeren Unternehmen unterstreichen diese Aussage deutlich öfter als die kleineren Betriebe.
Hohe Energiekosten und teure Vorleistungen bremsen 45 Prozent der Firmen auf ihrem Weg zu mehr Klimaschutz. Die Belastung ist hier vor allem für die kleineren Betriebe mit weniger als 50 Mitarbeitern hoch.
Auch hinsichtlich der Deglobalisierung sehen sich betroffene Unternehmen durch hohe Energiekosten in ihren Gegenmaßnahmen eingeschränkt. Neben dem Kostenfaktor sind fehlende digitale Prozesse das größte Hindernis, um sich an die neuen Gegebenheiten bestmöglich anpassen zu können.
Die Unternehmen haben in der IW-Befragung aber auch die ihrer Meinung nach entscheidenden Punkte für eine gelingende Transformation genannt. Dafür bewerteten sie verschiedene Faktoren auf einer Skala von 0 (völlig unwichtig) bis 100 (unbedingt erforderlich). Dabei erwies sich ein Faktor als besonders bedeutsam (Grafik):
Im Median – eine Hälfte gab weniger, die andere mehr Punkte – bewerteten die Firmen die Forderung, der Staat solle mehr ins Bildungssystem investieren, mit 96 Punkten.
Dahinter ballt sich eine Reihe von Maßnahmen mit einem Median von 75 beziehungsweise 74 Punkten. Der Staat wird dabei genauso in die Verantwortung genommen – etwa mit der Forderung nach mehr Förderung – wie die Unternehmen selbst, die zum Beispiel auf allen Ebenen mehr Bereitschaft zur Veränderung zeigen sollten.
Die Vielfalt der geforderten Maßnahmen unterstreicht nochmals die komplexe Aufgabe, vor der die deutsche Wirtschaft in ihrer Transformation steht. Sowohl die einzelnen Bereiche als auch ihr Zusammenspiel erfordern eine klare Strategie mit gezielten Maßnahmen. Dabei sind Unternehmen und Politik gleichermaßen gefragt.