M+E-Strukturbericht (Teil 8) Lesezeit 4 Min.

M+E-Industrie muss digitale Potenziale noch besser nutzen

Die Unternehmen der Metall- und Elektro-Industrie sehen in der Digitalisierung eine gute Chance, ihre Wertschöpfung zu steigern. Trotzdem befinden sich viele Betriebe noch am Anfang des Wegs zur Industrie 4.0. Das soll sich bald ändern – die meisten wollen in die Digitalisierung investieren.

Kernaussagen in Kürze:
  • Die Digitalisierung bietet vor allem der Metall- und Elektro-Industrie große Chancen auf ein zusätzliches Wertschöpfungswachstum.
  • Obwohl viele Betriebe die Potenziale sehen, sind bislang wenige von ihnen stark digitalisiert.
  • Hemmnisse sind unter anderem fehlendes Fachwissen, ein unzulänglicher Breitbandausbau und Unsicherheiten beim Datenschutz.
Zur detaillierten Fassung

Die Digitalisierung verändert die Gesellschaft und die Arbeitswelt in rasantem Tempo. Und sie bietet – da sind sich Experten einig – der deutschen Wirtschaft die Möglichkeit, ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit und damit auch ihre Wertschöpfung zu steigern. Die Ansatzpunkte für die Unternehmen reichen dabei von einer besseren Vernetzung der gesamten Wertschöpfungskette über neue Geschäftsmodelle bis hin zur Erschließung neuer Märkte.

Für die Metall- und Elektro-Industrie ist die Digitalisierung von besonderem Interesse – schließlich attestieren Analysten ihr größere Chancen auf zusätzliches Wirtschaftswachstum als fast allen anderen Branchen: Im Fahrzeugbau soll sich durch die Umstellung auf Industrie 4.0 die Auslastung der Produktionsanlagen deutlich erhöhen, was die Produktivität steigen ließe. Einer Studie des Bundeswirtschaftsministeriums zufolge wird der Maschinen- und Anlagenbau bis 2020 durch die Digitalisierung zusätzliche Umsätze zwischen 20 und 30 Milliarden Euro pro Jahr erwirtschaften.

Diese optimistische Sicht teilen auch die im IW-Zukunftspanel befragten M+E-Unternehmen (Grafik):

Mehr als 60 Prozent der M+E-Betriebe erwarten, dass sich die Digitalisierung positiv auf ihre Wettbewerbsfähigkeit auswirkt.

So viel Prozent der M+E-Unternehmen erwarten diese Auswirkung der Digitalisierung auf ihre Wettbewerbsfähigkeit Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Besonders zuversichtlich sind die Unternehmen im Maschinenbau. Mehr als zwei Drittel blicken optimistisch in die digitale Zukunft. Bereits heute setzen die Unternehmen verstärkt auf digitale Geschäftsmodelle oder erproben die digitale Transformation in der Praxis. Auch in anderen Branchen gibt es positive Beispiele: So werden in der Elektroindustrie IT-Systeme intensiv zur Produktionsplanung genutzt. Im Fahrzeugbau setzt man auf digitalen Datenaustausch mit Kunden und Lieferanten sowie auf digitale Steuerungen der internen Logistik.

Doch trotz dieser Erfolge befinden sich viele M+E-Betriebe noch in einem frühen Entwicklungsstadium hin zu einem digitalen Unternehmen. So geben nur etwas mehr als 5 Prozent an, über einen hohen Digitalisierungsgrad zu verfügen. Viele sehen sich selbst noch am Anfang (Grafik):

Knapp 46 Prozent der befragten M+E-Unternehmen schätzen ihre eigene Digitalisierung als „eher gering“ oder „gering“ ein.

So schätzen die M+E-Unternehmen ihren Digitalisierungsgrad ein Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Es gibt also in einzelnen Branchen und Betrieben der M+E-Industrie noch einen Nachholbedarf in Sachen Digitalisierung. Das haben auch die Betriebe erkannt und zeigen Bereitschaft, künftig stärker in die Digitalisierung zu investieren: Während heute gut 83 Prozent Geld für digitales Arbeiten in die Hand nehmen, wollen dies in fünf Jahren 96 Prozent tun.

Das Volumen könnte sich ebenfalls deutlich erhöhen. Während derzeit nur gut 11 Prozent der befragten Unternehmen mehr als
5 Prozent ihres Umsatzes in die Digitalisierung investieren, haben dies für das Jahr 2022 bereits 41 Prozent vor. Jeder zwölfte Betrieb plant Investitionen von mehr als 10 Prozent des Umsatzes.

Die Unternehmen der Metall- und Elektro-Industrie erkennen die Chancen der Digitalisierung. Jedoch befinden sich viele Betriebe noch am Anfang des Wegs zur Industrie 4.0.

Mehr Geld auszugeben wird aber nicht reichen, um die Metall- und Elektro-Industrie in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Es gilt auch, die Hemmnisse in den Unternehmen abzubauen. So gab im IW-Zukunftspanel mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen fehlendes Fachwissen als große Hürde auf dem Weg in die Digitalisierung an. Die Belegschaft muss also entsprechend geschult und in die digitalen Prozesse eingebunden werden. Gut 55 Prozent der Betriebe wissen außerdem nicht, wie die Digitalisierung ihnen wirtschaftlich nutzen soll. Beratungen durch externe Experten könnten helfen, Unklarheiten zu beseitigen und Chancen aufzuzeigen. Der Staat ist ebenfalls gefordert:

Rund 48 Prozent der befragten M+E-Unternehmen nennen die unzulängliche Breitbandinfrastruktur als großes oder mittleres Hindernis für ihre Digitalisierung.

Die vielen mittelständischen Betriebe, die oftmals fernab der urbanen Zentren angesiedelt sind, benötigen schnellen Internetzugang, um sich optimal entwickeln zu können.

Online-Geschäft noch ausbaufähig

Zusätzlich treibt die Unternehmen das Thema Datensicherheit um. Fast die Hälfte der Befragten nennt dies als Hemmnis.

Online ist die M+E-Industrie durchaus präsent. Mehr als 80 Prozent der Betriebe haben eine eigene Website – in der Gesamtwirtschaft sind es nur 70 Prozent. Allerdings schlägt sich dies nicht im digitalen Geschäft nieder. Im Jahr 2015 erzielte die M+E-Industrie rund ein Fünftel ihrer Umsätze durch digitale Verkäufe. Damit lag sie unter dem Durchschnitt des Verarbeitenden Gewerbes. Dort wird knapp ein Viertel online eingenommen. Auch die Gesamtwirtschaft liegt in diesem Bereich vor der M+E-Industrie. Ein Grund hierfür: Die M+E-Unternehmen stellen Investitionsgüter her, die vielfach nur mit fachkundiger persönlicher Beratung geordert werden können. Deshalb bildet die Automobilindustrie die Ausnahme: Knapp 37 Prozent der Fahrzeuge wurden 2015 online vertrieben. Alles in allem werden aber die Möglichkeiten von E-Commerce bislang noch nicht ausgeschöpft.

Das gleiche Bild ergibt sich im Bereich Social Media. Nur knapp jedes dritte Unternehmen nutzt Plattformen wie Facebook, Twitter oder Instagram, um sich zu präsentieren. In der Elektroindustrie tritt immerhin fast die Hälfte durch moderne Kommunikationswege mit Kunden oder potenziellen Käufern in Kontakt.

Eine Kombination aus stärkerer medialer Präsenz und verbesserten internen Abläufen durch digitales Arbeiten ist für eine erfolgreiche Zukunft der M+E-Industrie unverzichtbar. Diesen Weg müssen die Betriebe nun gehen.

 

Gutachten

Dieser Beitrag basiert auf dem Gutachten „Vierter Strukturbericht für die M+E-Industrie in Deutschland“, das die IW Consult im Auftrag des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall erstellt hat. Download unter gesamtmetall.de

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