Kobalt wird zum kritischen Rohstoff
Mit ihrer neuen Batterieverordnung hat die Europäische Union Quoten festgelegt, zu wie viel Prozent Batterien aus wiederverwerteten Rohstoffen bestehen sollen. Das Vorhaben ist wichtig, gerade mit Blick auf die Elektromobilität. Eine IW-Studie zeigt allerdings, dass die Ziele hoch gesteckt sind – vor allem bei einem Element.
- Laut EU-Batterieverordnung sollen die Akkus für E-Autos künftig teilweise aus recycelten Rohstoffen bestehen.
- Ob es dafür genug Kobalt geben wird, ist laut IW-Prognose fraglich; bei Nickel und Lithium ist die Lage etwas entspannter.
- Generell dürfte der Bedarf an entsprechendem Recyclingmaterial in den kommenden Jahren um ein Vielfaches steigen.
Ohne eine leistungsstarke Batterie fährt kein Elektroauto und viele von ihnen sind auf Rohstoffe wie Nickel, Kobalt und Lithium angewiesen.
Die Nachfrage nach entsprechenden Elementen wird laut einer Studie des IW in den kommenden Jahren rasant steigen:
Im Vergleich zum Jahr 2020 werden 2030 voraussichtlich achtmal so viel Kobalt und zehnmal so viel Nickel sowie Lithium für Elektrofahrzeuge in der EU benötigt.
Bis zum Jahr 2045 dürfte der Bedarf gegenüber 2020 sogar auf das 11-, 24- beziehungsweise 27-Fache steigen.
Viele Tausend Tonnen Nickel, Kobalt und Lithium in Autobatterien sollen künftig aus dem Recycling kommen – ob es dafür allerdings überhaupt genug Material geben wird, ist fraglich.
Die EU-Batterieverordnung nimmt diese Aussichten zum Anlass, den Herstellern für Elektrofahrzeuge, die Pkw auf dem europäischen Markt absetzen wollen, vorzuschreiben, wie hoch der Anteil recycelten Materials – sogenannter Rezyklate – in den Batterien sein muss. Ab 2036 soll demnach in jeder Batterie Kobalt zu mindestens 26 Prozent aus recyceltem Rohstoff bestehen, für Nickel sind es 15 Prozent, für Lithium 12 Prozent. Das sind beachtliche Mengen (Grafik):
Im Jahr 2036 werden laut Schätzung fast 57.000 Tonnen recyceltes Nickel sowie mehr als 17.000 Tonnen wiederverwertetes Kobalt und 9.400 Tonnen Lithium als Sekundärrohstoff benötigt, um sie gemäß der EU-Vorgaben für E-Auto-Akkus zu nutzen.
Allerdings ist der Blick in die Zukunft bekanntlich immer mit vielen Unsicherheiten verknüpft. Dieser Tatsache tragen die IW-Wissenschaftler Rechnung, indem sie für ihre weiteren Vorausberechnungen vier Szenarien unterscheiden. In diesen variieren sie zwei maßgebliche Einflussfaktoren:
1. die Lebensdauer der aktuell in den E-Autos verbauten Batterien, bis sie recycelt werden;
2. die Frage, ob die Batterien nach ihrem Einsatz in einem E-Auto eine Second-Life-Nutzung haben, also beispielsweise zum Einsatz kommen, um stationär Energie zu speichern.
Sowohl eine längere Lebensdauer der Batterien im Auto als auch eine Second-Life-Nutzung führen dazu, dass das verfügbare Recyclingmaterial aus alten Akkus knapp werden könnte. Für Lithium und Nickel wirken die erwartbaren Engpässe selbst in den Szenarien mit der längsten Nutzungsdauer noch händelbar. Anders verhält es sich bei Kobalt (Grafik):
Im Jahr 2031 könnten deutlich mehr als 4.000 Tonnen recyceltes Kobalt in der EU für neue E-Auto-Batterien fehlen. Fünf Jahre später würden noch immer fast 3.900 Tonnen zusätzlich benötigt, um die EU-Verordnung zu erfüllen.
Diese Handlungsoptionen gibt es
Aus Sicht des IW haben der Markt und die Politik verschiedene Optionen, um auf die erwartbaren Knappheiten zu reagieren:
Andere Akkus nutzen. Schon heute gibt es verschiedenartige Akkumulatoren, die auf unterschiedliche Rohstoffe als Hauptbestandteil setzen. Bleibt recyceltes Kobalt knapp, könnte das dazu führen, dass Hersteller in Europa stattdessen auf andere Akkus ausweichen, die ganz auf Kobalt verzichten oder zumindest merklich weniger davon benötigen, weil sie stattdessen beispielsweise mehr Nickel enthalten.
Effizienter sammeln und wiederverwerten. Im Sinne der Kreislaufwirtschaft sollten Hersteller von Anfang an mitdenken, wie sich Rohstoffe am Ende eines Batterielebens schnell und einfach wiederverwerten lassen. Hier könnte der digitale Batteriepass helfen, den die EU mit der Batterieverordnung ebenfalls in Aussicht gestellt hat. Er kann wichtige Informationen zum Produktdesign und den Rohstoffinhalten der Batterien in digitaler und standardisierter Form bereitstellen und so die notwendige Transparenz für effiziente Recyclingverfahren schaffen.
Die Entwickler des digitalen Standards ECLASS haben eine erste Version für solch einen Pass ausgestaltet und stellen ihn der Industrie zur Verfügung; ECLASS ist in der europäischen Normung zum digitalen Produktpass aktiv vertreten.
Die Politik sollte gleichzeitig sicherstellen, dass Fahrzeuge und ihre Batterien am Ende des Lebenszyklus nicht ins Ausland verfrachtet werden, damit sie in der EU recycelt werden können.