Geldpolitik Lesezeit 2 Min.

Kehrtwende bei den Zinsen bleibt aus

Nachdem die Notenbanken sowohl in den USA als auch im Euroraum einige Jahre lang die Leitzinsen immer weiter angehoben haben, um die hohe Inflation zu bekämpfen, hat die Europäische Zentralbank jetzt erstmals wieder die Zinsen gesenkt. Ein Kurswechsel ist das aber nicht.

Kernaussagen in Kürze:
  • Weil die hohe Inflation der vergangenen Jahre in den USA und im Euroraum unterschiedliche Ursachen hatten, fielen auch die geldpolitische Antwort der jeweiligen Zentralbanken unterschiedlich aus – die Leitzinsen stiegen jedoch überall.
  • Die Europäische Zentralbank hat im Juni nun wieder eine erste Zinssenkung vorgenommen, hält aber grundsätzlich an der restriktiven Geldpolitik fest.
  • Die US-amerikanische Federal Reserve wartet dagegen noch ab, wie nachhaltig der Abwärtstrend der Inflation in den Vereinigten Staaten ist.
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Diesseits wie jenseits des Atlantiks hatten Unternehmen und private Haushalte in den vergangenen Jahren mit hohen Teuerungsraten zu kämpfen. In den USA betrug die Inflationsrate im Sommer 2022 kurzfristig gut 9 Prozent, im Euroraum überstieg sie im Herbst 2022 sogar die 10-Prozent-Marke (Grafik).

Leitzinsen und Veränderung der Verbraucherpreise gegenüber Vorjahresmonat in den USA und im Euroraum in Prozent Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Die Ursachen für die Teuerung waren allerdings jeweils andere. In den USA trieb vor allem die nach der Coronapandemie wieder gut laufende Wirtschaft die Güternachfrage und damit die Preise in die Höhe. In Europa waren dagegen Energieprodukte die Preistreiber.

Damit fiel auch die geldpolitische Antwort auf die Inflation unterschiedlich aus. Die Federal Reserve (Fed) musste mithilfe höherer Zinsen lediglich die überhitzte US-Wirtschaft abkühlen und tat dies konsequent:

Zwischen dem zweiten Quartal 2022 und dem dritten Quartal 2023 erhöhte die Fed den Leitzins schrittweise von weniger als 1 auf mehr als 5 Prozent.

Die Europäische Zentralbank (EZB) war gezwungen, der Fed zu folgen, um eine Abwertung des Euro zu verhindern. Denn diese hätte die europäischen Energieimporte weiter verteuert und die Inflation zusätzlich angeheizt. Zugleich musste die EZB vermeiden, die recht schwache Konjunktur im Euroraum abzuwürgen. Sie hob daher die Leitzinsen später und nicht so drastisch an –den Hauptrefinanzierungssatz zum Beispiel erhöhte die EZB nur bis auf maximal 4,5 Prozent ab Oktober 2023.

Die Europäische Zentralbank hat im Juni 2024 ihre Leitzinssätze jeweils um 0,25 Prozentpunkte gesenkt – einen wirklichen Kurswechsel bedeutet das allerdings nicht.

Mit den seit dem vergangenen Jahr wieder deutlich gesunkenen Inflationsraten rückte auch eine Zinswende in den Bereich des Möglichen. Bislang hat aber nur die EZB einen Schritt in diese Richtung getan:

Am 6. Juni 2024 verkündete der Rat der EZB, seine Leitzinssätze mit Wirkung vom 12. Juni jeweils um 0,25 Prozentpunkte zu senken.

Einen wirklichen Kurswechsel bedeutet das allerdings nicht. Denn zugleich baut die EZB Bestände an Staatsanleihen ab, was die längerfristigen Zinsen am Kapitalmarkt tendenziell steigen lässt. Insgesamt hält die EZB damit an der eher restriktiven Geldpolitik fest.

Die Fed hat noch gar keine Zinssenkungen vorgenommen – auch weil Wirtschaftswachstum und Arbeitsmarkt weiterhin robust sind. Die US-Notenbanker warten daher ab, wie nachhaltig der Abwärtstrend der Inflation ist.

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