IW-Konjunkturprognose: Wirtschaft in unsicheren Gefilden
Die Lage der deutschen Wirtschaft bleibt schwierig und unsicher – nicht zuletzt aufgrund des erratischen Vorgehens der US-Regierung. Die ersten wirtschaftspolitischen Pläne der neuen Bundesregierung lassen zwar mittelfristig auf einen Aufschwung hoffen. Im laufenden Jahr wird die Wirtschaftsleistung allerdings wohl leicht schrumpfen.
- Für 2025 geht das IW von einem erneuten Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,2 Prozent aus – damit würde sich die Rezession von 2024 fortsetzen.
- Sowohl der Außenhandel als auch die Investitionen gehen laut der Prognose zurück, der private Konsum entwickelt sich nur schwach – all dies hinterlässt zunehmend Spuren auf dem Arbeitsmarkt.
- Die bereits beschlossenen Änderungen bei der Schuldenbremse und das Sondervermögen für Investitionen schaffen aber immerhin neue Gestaltungsspielräume – werden die Konjunktur allerdings wohl erst mittelfristig ankurbeln.
Was schert mich mein Geschwätz von gestern – diesem Motto scheint US-Präsident Donald Trump zu folgen und hat damit das Unsicherheitslevel der Weltwirtschaft auf eine neue Stufe gehoben. Allein das Hin und Her in der Zollpolitik ist Gift für Investoren und Exporteure gleichermaßen – werden aus den Drohungen Trumps endgültig Fakten, würde die Wirtschaft in vielen Ländern deutlich geschwächt (siehe "Wie sich der Zollkonflikt auf die Weltwirtschaft auswirkt").
Für 2025 geht das IW von einem erneuten Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts um 0,2 Prozent aus.
Die Signale aus der deutschen Politik sind da ermutigender: Die bereits beschlossenen Änderungen bei der Schuldenbremse und das Sondervermögen für Investitionen beispielsweise schaffen neue Gestaltungsspielräume – werden die Konjunktur allerdings wohl erst mittelfristig ankurbeln.
Dabei wäre ein baldiger Wachstumsschub dringend erforderlich. Denn seit der Coronapandemie hat die Wirtschaft in Deutschland nicht mehr auf ihren langjährigen Wachstumspfad zurückgefunden. Stattdessen herrschte Stagnation (Grafik):
Im ersten Quartal 2025 lag die gesamtwirtschaftliche Bruttowertschöpfung in realer Rechnung lediglich um 0,5 Prozent über dem Jahresdurchschnitt von 2019.
In der Industrie zeigte der Trend vor dem Hintergrund der weltwirtschaftlichen Turbulenzen zuletzt sogar weiter abwärts. Im von Materialengpässen, Kostensteigerungen und verunsicherten Verbrauchern geplagten Baugewerbe unterschritt die Bruttowertschöpfung Ende 2024 das Niveau von 2019 sogar um fast 20 Prozent.
Auch im laufenden Jahr tut sich die deutsche Wirtschaft schwer, wie die aktuelle IW-Konjunkturprognose verdeutlicht (Grafik):
Für 2025 geht das IW von einem erneuten Rückgang des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 0,2 Prozent aus – damit würde sich die Rezession von 2024 fortsetzen.
Angesichts der sich ständig ändernden globalpolitischen Rahmenbedingungen kann jede Prognose derzeit nur eine Momentaufnahme sein. Dies vorausgeschickt, schätzen die IW-Forscher die konjunkturelle Entwicklung im Einzelnen wie folgt ein:
Außenhandel. Die geopolitischen Konflikte, die daraus resultierende Verunsicherung und der zunehmende Protektionismus belasten Weltwirtschaft und -handel –das bekommt die stark exportorientierte deutsche Industrie in besonderem Maße zu spüren. Hinzu kommt, dass die gestiegenen Energie-, Arbeits- und Regulierungskosten die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der hiesigen Wirtschaft verringert haben. All diese Faktoren prägen auch die Entwicklung im laufenden Jahr:
Die realen deutschen Exporte werden 2025 voraussichtlich um 2 Prozent zurückgehen.
Da die Importe leicht zulegen, bremst der Außenhandel insgesamt die Konjunktur deutlich ab.
Investitionen. Die globalen politischen Verwerfungen haben die Investitionsneigung der Unternehmen hierzulande ebenso verringert wie die Verunsicherungen durch den unsteten Kurs der vorherigen Bundesregierung – etwa mit Blick auf den Umbau zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Die neue schwarz-rote Koalition in Berlin hat zwar bereits, wie erwähnt, erste Weichen für mehr Investitionen gestellt. Doch das belebt die Ausrüstungsinvestitionen – also die Neuanschaffungen von Maschinen, Produktionsanlagen und Nutzfahrzeugen – in diesem Jahr erst in Ansätzen:
Die Ausrüstungsinvestitionen werden 2025 preisbereinigt um 1 Prozent zurückgehen – damit fällt das Minus immerhin deutlich kleiner aus als im vergangenen Jahr (5,5 Prozent).
Die Bauinvestitionen dürften im Jahr 2025 nochmals um 1,7 Prozent schrumpfen, das wäre aber ebenfalls ein flacherer Abwärtstrend als 2024. Hierbei spielt unter anderem der von der Bundesregierung angekündigte „Wohnungsbau-Turbo“ eine Rolle, der sich im zweiten Halbjahr positiv auswirken könnte. Im Nichtwohnungsbau ist mit 0,5 Prozent sogar das erste Investitionsplus seit 2020 drin – unter anderem, weil die Branche von großen Infrastrukturprojekten wie dem Ausbau des Bahnnetzes profitiert.
Privater Konsum. Die schwache Konjunktur trübt weiterhin die Kauflaune der Bundesbürger:
Der private Konsum in Deutschland legt 2025 real gerade mal um 0,5 Prozent zu.
Maßgeblich ist hierfür, dass die Inflation wegen der anhaltenden Verteuerung von Dienstleistungen nicht unter 2 Prozent sinken dürfte und die Einkommen weniger stark zulegen als in den Vorjahren. Dies wiederum ist auch auf die rückläufige Beschäftigung zurückzuführen:
Arbeitsmarkt. Das dritte Jahr ohne nennenswertes Wirtschaftswachstum hinterlässt immer deutlichere Spuren am Arbeitsmarkt. Die Zahl der Erwerbstätigen wird 2025 im Schnitt mit gut 46 Millionen um 0,1 Prozent unter dem Vorjahresniveau liegen. Zugleich steigt die Zahl der Arbeitslosen gegenüber 2024 voraussichtlich um knapp 170.000 auf nahezu 3 Millionen. Mit 6,3 Prozent wäre die Arbeitslosenquote dann so hoch wie seit 2011 nicht mehr. Vor allem unter den 15- bis 24-Jährigen nimmt die Arbeitslosigkeit zu, weil die Unternehmen frei gewordene Stellen häufiger nicht mehr mit Nachwuchskräften neu besetzen.