IW-Konjunkturprognose: Lage der deutschen Wirtschaft bleibt schlecht
Die vielen geopolitischen Konflikte belasten nach wie vor die Weltwirtschaft. Und in Deutschland hat das Regierungsvakuum vor den angesetzten Neuwahlen die Verunsicherung der Unternehmen noch vergrößert. Vor diesem Hintergrund tritt die Konjunktur in Deutschland 2025 voraussichtlich nahezu auf der Stelle.
- Schon seit Längerem belasten die vielen geopolitischen Konflikte sowie der unklare wirtschaftspolitische Kurs hierzulande die Konjunktur.
- Eine Erholung ist nicht erkennbar – auch im kommenden Jahr wird das reale Bruttoinlandsprodukt laut IW-Prognose nur um magere 0,1 Prozent wachsen.
- Sowohl der Außenhandel als auch die Investitionen und der private Konsum entwickeln sich schwach – all dies hinterlässt zunehmend Spuren auf dem Arbeitsmarkt.
Endlich mal gute Nachrichten – das haben wohl alle Unternehmer und Verbraucher auf dem Weihnachts-Wunschzettel. Denn 2024 war für die deutsche Wirtschaft je nach Branche allenfalls mau, teils sogar katastrophal.
Dies gilt etwa für die Bauwirtschaft, auf der die zuletzt hohen Finanzierungs-, Material- und Energiekosten sowie die schwache Investitionstätigkeit in Deutschland lasten. Aber auch die Industrie steckt in einer tiefen Krise. Zu deren Ursachen zählt die infolge der geopolitischen Verwerfungen – der Krieg in der Ukraine und der Nahostkonflikt sind nur zwei Beispiele – geschwächte Weltwirtschaft, die die Nachfrage nach deutschen Exportgütern verringert. Dieser Effekt verstärkt sich dadurch, dass die deutlich gestiegenen Rohstoff-, Material- und Arbeitskosten die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen verschlechtert haben. Hinzu kommt die schwache Inlandsnachfrage, die wiederum mit der Verunsicherung von Firmen und Verbrauchern zusammenhängt.
All dies führt dazu, dass die Konjunktur hierzulande schon seit Jahren auf der Stelle tritt (Grafik):
Im Herbst 2024 lag die reale Wirtschaftsleistung in Deutschland gerade mal auf dem Niveau von 2019.
Drei Ereignisse im November 2024 deuten auf noch turbulentere Zeiten hin: So hat der G20-Gipfel in Brasilien gezeigt, dass sich die geopolitische Blockbildung verfestigt. Hinzu kam der erneute Wahlsieg Donald Trumps, dessen Zollpläne Deutschland bis 2028 im schlimmsten Fall 180 Milliarden Euro an Wirtschaftsleistung kosten könnten (siehe „Die Kosten des amerikanischen Zollkriegs“). Schließlich brach noch die Ampelkoalition auseinander und es bleibt abzuwarten, ob und wann die Wirtschaftspolitik hierzulande wieder für klare und wachstumsfreundliche Rahmenbedingungen sorgt.
Das reale Bruttoinlandsprodukt in Deutschland wird im Jahr 2025 nicht über ein mageres Plus von 0,1 Prozent hinauskommen.
Vor diesem Hintergrund lässt die aktuelle IW-Konjunkturprognose keine Erholung der deutschen Wirtschaft erkennen (Grafik):
Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) wird nach der Rezession der vergangenen beiden Jahre auch 2025 nicht über ein mageres Plus von 0,1 Prozent hinauskommen.
Ein näherer Blick auf die Prognosedaten zeigt die Bandbreite der Probleme:
Außenhandel. Die anhaltenden geopolitischen Spannungen lassen erwarten, dass der Welthandel im kommenden Jahr preisbereinigt nur um moderate 2 Prozent expandiert. Deutschland wird aber selbst an diesem Wachstum nicht in vollem Umfang teilhaben, auch wegen der verschlechterten Wettbewerbsposition:
Die deutschen Exporte werden im Jahr 2025 real lediglich um 0,3 Prozent über dem Niveau von 2024 liegen.
Die Importe dürften mit 1 Prozent etwas stärker zulegen – unter anderem weil Unternehmen vermutlich Einfuhren vorziehen, um höheren Zollschranken seitens der USA zuvorzukommen.
Investitionen. Mit Ausnahme der Ausgaben für Software, Datenbanken sowie Forschung und Entwicklung sind die Investitionen in Deutschland schon seit Längerem rückläufig.
Nach IW-Berechnungen betragen die seit 2020 aufsummierten Investitionsausfälle infolge der Pandemie, der geopolitischen Konflikte und teils auch der Politik in Deutschland rund 210 Milliarden Euro.
Weil die innen- und außenwirtschaftlichen Unwägbarkeiten vorerst bestehen bleiben und allenfalls die rückläufigen Zinsen die Unternehmen entlasten, werden die Ausrüstungsinvestitionen – also die Ausgaben für neue Maschinen und Produktionsanlagen – 2025 lediglich stagnieren.
Die Bauinvestitionen sinken der IW-Prognose zufolge sogar nochmals – um mehr als 2 Prozent –, wobei der Wohnungsbau der größte Schwachpunkt bleibt.
Privater Konsum. Im Frühjahr 2024 hatten Ökonomen noch erwartet, dass die rückläufige Inflation und die steigenden Tariflöhne die Kauflaune der Verbraucher heben würden. Doch offenbar hat die politisch und wirtschaftlich unsichere Lage viele Haushalte von Anschaffungen abgehalten. Stattdessen legten die Bundesbürger in den ersten drei Quartalen gut 20 Milliarden Euro mehr auf die hohe Kante als im gleichen Vorjahreszeitraum. Eine Trendwende ist nicht zu erwarten:
Nach 0,2 Prozent in diesem Jahr wird der private Konsum 2025 mit 0,4 Prozent ebenfalls nur leicht wachsen.
Dabei spielt neben der voraussichtlich nicht weiter sinkenden Inflation auch die rückläufige Beschäftigung eine Rolle.
Arbeitsmarkt. In den vergangenen Jahren sah es so aus, als hätte sich der Arbeitsmarkt in Deutschland von der Konjunktur abgekoppelt. Doch inzwischen schlägt die schwache wirtschaftliche Entwicklung auf die Beschäftigung durch:
Mit durchschnittlich gut 46 Millionen wird die Erwerbstätigenzahl im kommenden Jahr um rund 70.000 unter dem Niveau von 2024 liegen.
Weil die Unternehmen zunehmend auf Neueinstellungen verzichten, finden Jobsuchende immer schwerer eine Stelle. Demzufolge dürfte die Arbeitslosenquote weiter steigen – von 6,0 Prozent in diesem Jahr auf 6,2 Prozent 2025.