IW-Konjunkturprognose: Exporte und Investitionen bleiben schwach
Die deutsche Wirtschaft stagniert im Jahr 2024 aller Voraussicht nach ein weiteres Mal. Vor allem die Industrie und die Bauwirtschaft stecken in der Krise. Während der höhere Staatskonsum immerhin einen leichten Wachstumsimpuls gibt, sind die Investitionen stark rückläufig. Und auch vom Arbeitsmarkt kommen ein paar schlechte Nachrichten.
- Die Wirtschaftsleistung in Deutschland war im ersten Halbjahr 2024 weiter rückläufig, vor allem die Industrie und die Bauwirtschaft verzeichneten einen Rückgang der Wertschöpfung.
- Laut aktueller IW-Prognose dürfte das Bruttoinlandsprodukt im gesamten Jahr 2024 allenfalls das Niveau des Vorjahres erreichen.
- Die anhaltende Konjunkturflaute spiegelt sich unter anderem in den erneut sinkenden Exporten und der schwachen Investitionsnachfrage wider.
Seitwärts immer, vorwärts nimmer – bereits im dritten Jahr hintereinander kommt die Konjunktur in Deutschland kaum von der Stelle. Für das laufende Jahr hatten Ökonomen eigentlich auf Besserung gehofft, doch die bisherigen Daten zur wirtschaftlichen Entwicklung enttäuschen (Grafik):
Im ersten Halbjahr 2024 lag das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Deutschland um 0,2 Prozent unter dem Wert des entsprechenden Vorjahreszeitraums.
Gedrückt wurde die Wirtschaftsleistung durch die rückläufige Wertschöpfung im Produzierenden Gewerbe (minus 2,8 Prozent) und in der Bauwirtschaft (minus 3,4 Prozent). Die Industrie leidet unter der schwachen globalen Nachfrage infolge der vielfältigen politischen Konflikte, sie ist aber auch tief verunsichert durch den unklaren Kurs der Wirtschaftspolitik hierzulande. Zur Schwäche der Bauwirtschaft trägt Letzteres ebenso bei wie die gestiegenen Finanzierungs- und Materialkosten.
Das reale Bruttoinlandsprodukt in Deutschland wird im gesamten Jahr 2024 allenfalls das Niveau des Vorjahres erreichen – so die aktuelle Prognose des IW.
Als Konjunkturstütze erweist sich aktuell dagegen der Dienstleistungssektor – und zwar in seiner gesamten Breite: von den Unternehmensdiensten wie Rechtsberatung und Marketing über die konsumnahen Dienstleistungen bis hin zum öffentlichen und sozialen Bereich. Insgesamt übertraf die reale Wertschöpfung des Servicesektors im ersten Halbjahr 2024 das Niveau des Vorjahres um 1,6 Prozent.
Damit verhindern die Dienstleister zwar eine schwere Rezession in Deutschland, ein echter Aufschwung ist aber vorerst nicht in Sicht:
Der aktuellen IW-Konjunkturprognose zufolge wird das reale BIP im gesamten Jahr 2024 allenfalls das Niveau des Vorjahres erreichen.
Die anhaltende Konjunkturflaute spiegelt sich auch in den Nachfrageindikatoren wider:
Außenhandel. Angesichts der geringen weltwirtschaftlichen Dynamik überrascht es wenig, dass die preisbereinigten deutschen Exporte im ersten Halbjahr um 0,9 Prozent unter dem Niveau des entsprechenden Vorjahreszeitraums lagen (Grafik). Die realen Importe sanken aufgrund der schwachen Inlandsnachfrage sogar noch stärker, nämlich um 2,6 Prozent.
Für das Gesamtjahr erwartet das IW ein Minus von 1 Prozent bei den Exporten und von 2 Prozent bei den Importen.
Damit wird der Außenbeitrag – das ist der Saldo von Aus- und Einfuhren – zwar höher sein als noch im Frühjahr erwartet, das ist aber lediglich ein statistischer Erfolg.
Investitionen. Hier sind die Aussichten noch düsterer:
Die gesamten Bruttoanlageinvestitionen fallen gemäß IW-Prognose in diesem Jahr real um 3 Prozent geringer aus als 2023.
Die realen Ausrüstungsinvestitionen – das sind vor allem die Aufwendungen für neue Maschinen und Produktionsanlagen – werden voraussichtlich sogar etwa 5,5 Prozent unter dem Vorjahresniveau liegen, bei den Bauinvestitionen erwartet das IW ein Minus von fast 4 Prozent.
Konsum. Die Verbraucher in Deutschland halten mit Blick auf die unsichere Wirtschaftsentwicklung und die jüngsten Inflationserfahrungen ihre Ausgaben im Zaum – der reale private Konsum stieg im ersten Halbjahr 2024 lediglich um 0,4 Prozent über das Vorjahresniveau. Der Staat erhöhte seine konsumtiven Ausgaben dagegen um 2,2 Prozent. Diese Trends dürften sich auch im weiteren Jahresverlauf fortsetzen – das IW rechnet für das Gesamtjahr 2024 beim privaten Konsum mit einem realen Zuwachs von gut 0,5 Prozent, beim Staatskonsum dürfte das Plus etwas mehr als 1,5 Prozent betragen.
Arbeitsmarkt. Die Zahl der Erwerbstätigen steigt der IW-Prognose zufolge im Jahresdurchschnitt 2024 um gut 0,25 Prozent. Das mag angesichts der schwachen Konjunktur überraschen, liegt aber unter anderem daran, dass die Unternehmen wegen absehbarer Fachkräfteengpässe ihre Mitarbeiter trotz schlechter Geschäfte halten. Zudem gleicht der Beschäftigungsaufbau in einigen staatlichen Bereichen wie der Verwaltung und dem Bildungswesen die Jobverluste in der Industrie mehr als aus.
Dennoch werden 2024 mehr Menschen in Deutschland auf Jobsuche sein als zuvor – das IW erwartet einen Anstieg der Arbeitslosenquote von 5,7 Prozent im vergangenen Jahr auf 6 Prozent. Die Zahl der Arbeitslosen erhöht sich im Jahresdurchschnitt damit auf 2,8 Millionen.