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Unternehmensnachfolge Lesezeit 6 Min.

Interview: „Es ist mir wichtig, den Gedanken des Familienunternehmens weiterzuführen“

In den kommenden Jahren gibt es in Deutschland mehr übergabereife Familienunternehmen als potenzielle Nachfolger. Teresa Schreiner (26), Geschäftsführerin des Sportgeschäfts Wäller Sport in Altenkirchen, erklärt im iwd-Interview, wie ihr der Einstieg ins Familienunternehmen gelungen ist.

Kernaussagen in Kürze:
  • Ein Familienunternehmen zu übernehmen, ist immer mit Herausforderungen verbunden, sagt Teresa Schreiner, die gemeinsam mit Ihrem Vater das Familienunternehmen Wäller Sport führt.
  • Die von Generation zu Generation gewachsenen Strukturen aufzubrechen, sei eine große Aufgabe. Geholfen habe eine offene Kommunikation mit ihrem Vater und gegenseitige Toleranz.
  • Zwei Jahre nach dem Eintritt ins Familienunternehmen arbeitet Schreiner daran, sich mehr Freiraum und Zeit für Ihre Privatsphäre zu nehmen – durchgängig 200 Prozent zu geben, sei keine Option.
Zur detaillierten Fassung

Von der Tochter des Chefs zur Chefin: Ist das ein Traum oder manchmal auch ein Albtraum?

Unterschiedlich (lacht). Natürlich steigt man in bestehende Strukturen ein. Mein Großvater hat das Unternehmen vor 45 Jahren gegründet, vor 20 Jahren übernahm mein Vater, jetzt bin ich seit zwei Jahren dabei. Wenn man sich entscheidet, ein Familienunternehmen zu übernehmen, dann ist das grundsätzlich immer mit Herausforderungen verbunden.

Seit wann wussten Sie denn, dass Sie in das Familienunternehmen einsteigen wollen?

Es war früh für mich eine Option, weil ich mit dem Unternehmen aufgewachsen bin. Während meiner Schulzeit habe ich das erste Mal richtig darüber nachgedacht, mich dann aber zunächst für einen anderen Weg entschieden und Medienwissenschaften studiert. Erst 2020 kam der Gedanke noch mal auf, ins Unternehmen einzusteigen. Nach vielen Gesprächen mit meinem Vater habe ich dann im August 2022 meine vorherige Stelle im Marketing eines Großhandelsunternehmens aufgegeben und im Familienunternehmen angefangen.

Können Sie als Geschäftsführerin im Familienbetrieb Ihr Wissen aus dem Studium anwenden?

Zum Teil auf jeden Fall. Meine vorherige Stelle im Marketingbereich war für mich ebenfalls sehr wertvoll. Das, was ich da gelernt habe, kann ich gut in unserem Unternehmen einbringen. Denn auch hier wollen und müssen wir Werbekampagnen fahren.

Die gewachsenen Strukturen aufzubrechen, ist eine große Aufgabe.

Sie haben die Geschäftsführung gemeinsam mit Ihrem Vater inne. Haben Sie sich das aufgeteilt oder macht jeder alles?

Als ich 2022 eingestiegen bin, wurden gerade noch unsere neuen Verkaufsräume gebaut. In dieser Zeit haben wir sehr intensiv zusammen daran gearbeitet, sodass jeder alles gemacht hat. Dadurch konnte ich vor allem betriebswirtschaftlich noch einiges lernen, wovon ich bis dahin wenig Ahnung hatte. Seit fast einem Jahr sind wir aber dabei, unsere Bereiche ein wenig aufzuteilen. In erster Linie, damit jeder seine Hoheiten und seine Freiheiten hat, Dinge zu entscheiden.

Teresa Schreiner ist Geschäftsführerin des Sportgeschäfts Wäller Sport; Foto: Marcel Kamps

Wie funktioniert das?

Inzwischen ziemlich gut. Anfangs mussten wir uns erst mal reinfinden, mein Vater hat das Unternehmen schließlich die vergangenen zwei Jahrzehnte allein geführt. Die gewachsenen Strukturen aufzubrechen, ist eine große Aufgabe. Aber das haben wir gemeinsam ganz gut gemeistert.

Wer von Ihnen hat welchen Bereich inne?

Meine Bereiche liegen im Marketing, im allgemeinen Sportbereich und im Verkauf. Mein Vater kümmert sich mehr um die administrativen Aufgaben und ist für den Bike-Bereich verantwortlich.

Wie sehen denn die Pläne für die Zukunft aus? Ist eine vollständige Übergabe der Leitung an Sie vorgesehen oder ist Ihr Vater noch so arbeitslustig, dass das zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Rolle für ihn spielt?

Die Gespräche laufen, aber mein Vater kann und möchte auch noch ein paar Jahre arbeiten. Ich schätze mal, in zwei bis drei Jahren wird die Geschäftsführung Schritt für Schritt immer mehr zu mir übergehen. Um genau zu wissen, was eine vollkommene Übergabe für den Betrieb bedeutet, führen wir gerade Gespräche mit unserem Steuerberater.

Welchen Rat würden Sie anderen geben, die ins Familienunternehmen einsteigen möchten?

Was uns am meisten geholfen hat, war und ist immer noch die proaktive Kommunikation. Es gibt meist Probleme, wenn man nicht miteinander oder aneinander vorbeiredet. Ich habe also klar kommuniziert, was ich mir vorstelle für das Unternehmen und wie ich meine Position darin sehe. Und natürlich auch, was ich von meinem Vater und dem Unternehmen erwarte.

Was erwarten Sie denn?

Mir war von Anfang an klar, dass ich einen ganz anderen Führungsstil habe als mein Vater. Aber mir ist wichtig, dass wir das gegenseitig tolerieren und jeder seine Art zu führen auch weiterverfolgen kann. Ich kann schließlich die Strukturen, die mein Vater in seinen 20 Jahren als Geschäftsführer aufgebaut hat, nicht einfach durchbrechen – und das möchte ich auch gar nicht. Dafür bringe ich frischen Wind und eine andere Perspektive rein. Ich werde vermutlich erst mal meine Fehler machen. Und die will ich auch machen, um zu verstehen, was funktioniert und was ich vielleicht an meinem Führungsstil ändern muss. Deshalb ist es mir wichtig, dass wir reden, wenn Probleme auftreten. Dann kann mein Vater mir Tipps geben, aber ich kann ihm auch sagen, wie ich es machen würde. So können wir voneinander lernen.

Wir sind heute alle viel offener, flexibler und vor allem kommunikativer.

Mit welcher Idee eines Führungsstils sind Sie gestartet?

Der Einzelhandel ist nicht der lukrativste Wirtschaftssektor, das fängt schon mit den Arbeitszeiten an. Und wir als Familienunternehmen sind auch nicht in der Lage, so viel zu zahlen, wie es etwa in der Industrie möglich ist. Deshalb ist mir wichtig, den Gedanken des Familienunternehmens weiterzuführen. Wir wollen möglichst familiär sein und mit unseren 20 Mitarbeitenden positiv umgehen. Dass man auch mal eine gemeinsame Frühstückspause macht und jeder mit jedem quatschen kann. Das sind Werte, die ich bei meinem alten Arbeitgeber so nicht kennenlernen durfte. Auch dass es mal Schwierigkeiten gibt, ist klar, aber dann ist es eben wichtig, mit den Mitarbeitenden offen und fair umzugehen und die Probleme anzusprechen.

Wie unterscheidet sich denn Ihr Führungsstil von dem Ihres Vaters?

Ich glaube, dass früher die Werte einer Führungsperson andere waren und Hierarchien klar festgeschrieben waren. Mein Vater versucht das aufzubrechen, aber das sind Werte und Strukturen, die er von seinem Vater gelernt hat. Das war einfach eine andere Generation. Ich glaube, früher hat man einfach viel weniger miteinander gesprochen. Da gab es eine Erwartungshaltung, aber sie wurde nicht offen kommuniziert. Und das hat zu Missmut und Konflikten geführt. Wir sind heute alle viel offener, flexibler und vor allem kommunikativer.

Wie haben denn Ihre Mitarbeiter darauf reagiert, als Sie in das Familienunternehmen eingestiegen sind?

Für unser Team war es schon herausfordernd. Einige sind bereits viele Jahre im Unternehmen und kennen mich noch als Kleinkind. Mich dann als Chefin wahrzunehmen, war für sie schwierig. Aber ich habe viel Zeit und Energie in meine neue Position gesteckt und konnte mir damit ihren Respekt erarbeiten. Zudem haben mein Vater und ich offen über unsere Vision für das Unternehmen gesprochen. Wenn er in Rente geht, dann übernehme ich das Geschäft und die Arbeitsplätze unserer Mitarbeitenden sind sicher.

Was würden Sie denn im Rahmen Ihres Einstiegs ins Familienunternehmen nicht noch mal so machen?

Von Anfang an und durchgängig 200 Prozent geben. Dazu neigt man einfach in einer so intensiven Zeit, wie wir sie in den vergangenen zwei Jahren durch den Neubau und die Umstrukturierung hatten. Ich hätte mich von Anfang an besser abgrenzen müssen, mir mehr Freiraum und Zeit für meine Privatsphäre nehmen müssen. Eigene Grenzen zu ziehen und auch mal zu sagen, heute brauche ich den Nachmittag frei, um morgen wieder mit neuer Energie weiterzumachen – daran arbeite ich noch.

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