Der Informationsdienst
des Instituts der deutschen Wirtschaft

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Hochschulen Lesezeit 4 Min.

Internationale Studenten sind immer ein Gewinn

Deutschland bildet jedes Jahr viele Tausend internationale Studenten aus. Dass sich dies selbst dann rechnet, wenn nur ein Bruchteil von ihnen dauerhaft in der Bundesrepublik bleibt, hat nun das IW herausgefunden.

Kernaussagen in Kürze:
  • Aktuell sind rund 380.000 internationale Studenten in Deutschland immatrikuliert.
  • Dass sich die Ausbildung selbst dann rechnet, wenn nur ein Bruchteil von ihnen dauerhaft in der Bundesrepublik bleibt, hat nun das IW herausgefunden.
  • Allein die knapp 79.000 internationalen Studenten, die 2022 mit Abschlussabsicht nach Deutschland gekommen sind, verhelfen im Laufe ihres Lebens bei mittlerer Bleibequote dem Fiskus zu einem Nettoertrag von knapp 15,5 Milliarden Euro.
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Sie heißen Sunita, Ravi, Bo oder Elif – und sie haben zwar alle unterschiedliche Fächer belegt, doch eines gemeinsam: Sie zählen zu den aktuell rund 380.000 internationalen Studenten in Deutschland. Internationale Studenten sind Personen, die ihre Hochschulzugangsberechtigung im Ausland erworben haben und in der Bundesrepublik studieren oder im Rahmen dessen ein Praktikum, eine Hospitanz oder etwas Vergleichbares absolvieren.

Die Ausbildung internationaler Studenten lohnt sich für Deutschland: So betragen die langfristigen Überschüsse für die öffentliche Hand je 1.000 internationale Studienanfänger bei einer mittleren Bleibequote fast 196 Millionen Euro.

Elif aus Istanbul ist nur für ein Austauschsemester über das Erasmus-Programm an der Uni in Bonn eingeschrieben, die anderen wollen länger bleiben und ihren Hochschulabschluss in Deutschland machen. Die Absicht, den Abschluss im Gastland zu erwerben, haben im Durchschnitt rund 90 Prozent der internationalen Studenten, die sich besonders oft in zukunftsrelevanten Fächergruppen immatrikulieren (Grafik):

Im Wintersemester 2022/23 – dies sind die neuesten Daten – studierten in Deutschland von den rund 340.000 internationalen Studenten mit Bleibeabsicht mehr als 43 Prozent ein ingenieurwissenschaftliches Fach wie Informatik oder Umwelttechnik.

So viele internationale Studenten mit Bleibeabsicht studierten im Wintersemester 2022/23 in Deutschland Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Auch in Kunst, Mathematik und den naturwissenschaftlichen Fächern wie Biologie, Physik oder Geologie sind sie überproportional vertreten. Da ein beträchtlicher Teil der internationalen Studenten mit Abschlussabsicht längerfristig in Deutschland verweilt, stabilisieren sie nicht nur die demografische Entwicklung, sondern tragen aufgrund ihrer Studienwahl auch zur Automatisierung der deutschen Wirtschaft bei, die aufgrund der zunehmend knapperen Fachkräfte erforderlich ist.

Ob sich die Ausbildung internatioaler Studenten für Deutschland unterm Strich rechnet, hat nun das Institut der deutschen Wirtschaft in einer Studie für den Deutschen Akademischen Austauschdienst untersucht. Denn zunächst entstehen ja beträchtliche fiskalische Belastungen für die weitgehend gebührenfreie Bereitstellung von Studienplätzen:

Im Jahr 2022 kostete ein Studienplatz in Deutschland im Schnitt 10.040 Euro – bei einem vollständigen Studium von fünf Jahren kommen so knapp 55.000 Euro je Student zusammen.

Auf der anderen Seite der Rechnung steht die Arbeitsleistung der internationalen Studenten. Etwa die Hälfte von ihnen geht bereits während des Studiums einer Erwerbstätigkeit nach. Im Durchschnitt arbeiten Studenten aus dem Ausland knapp 23 Stunden in der Woche. Bei einem unterstellten Bruttojahreslohn von 16.000 Euro und einer doppelt so hohen Wertschöpfung, wie sie laut volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung angenommen werden kann, ergibt sich je 1.000 internationale Studenten ein Wertschöpfungsbeitrag von rund 15,4 Millionen Euro im Jahr respektive 77,1 Millionen in fünf Jahren.

Noch größer sind die Effekte nach dem Studium, da Hochschulabsolventen erstens ein höheres Einkommen erzielen als Studenten und sie zweitens nun Vollzeit arbeiten können. Bei einem Bruttojahreslohn von 62.000 Euro und einer wiederum unterstellten Wertschöpfung, die doppelt so hoch ist, sind dies je 1.000 internationale Hochschulabsolventen gut 107 Millionen Euro Wertschöpfungsbeitrag im Jahr.

Fast jeder Zweite bricht sein Bachelorstudium ab

Allerdings wird Deutschland nicht für alle Studienanfänger aus dem Ausland zu einer neuen Heimat. So beendet ein Teil von ihnen das Studium in Deutschland vorzeitig: Die Abbrecherquote von internationalen Bachelorstudenten beträgt 49 Prozent, die von internationalen Masterstudenten liegt bei 26 Prozent. Ein weiterer Teil kehrt zudem unmittelbar nach Studienabschluss in sein Heimatland zurück.

Eine OECD-Studie aus dem Jahr 2022 kam zu dem Ergebnis, dass die Bleibequote von mit Visa zur hochschulischen Ausbildung nach Deutschland im Jahr 2010 eingereisten Personen nach zehn Jahren bei 45 Prozent lag. Damit verzeichnet Deutschland unter den 16 betrachteten Ländern die höchste Quote an internationalen Studenten, die längerfristig im Gastland bleiben – auf einen ähnlich hohen Wert kommt nur Kanada.

Je mehr internationale Studenten bleiben, desto besser

Für die Ermittlung langfristiger fiskalischer Effekte der internationalen Studenten hat das IW drei unterschiedliche Varianten bezüglich der Bleibequoten berechnet. Im mittleren und wahrscheinlichsten Szenario gehen die Forscher davon aus, dass von 1.000 mit Abschlussabsicht ins Land kommenden Studienanfängern 400 über den Abschluss hinaus für weitere zehn Jahre in der Bundesrepublik bleiben und 200 davon langfristig, also bis zum Tod. Trotz der Kosten für die Studienplätze und der zu zahlenden Renten rechnet sich die Ausbildung der internationalen Studenten:

Die langfristigen Überschüsse für die öffentliche Hand je 1.000 internationale Studienanfänger betragen bei einer mittleren Bleibequote fast 196 Millionen Euro.

Da jedoch wesentlich mehr Studenten aus dem Ausland ein Studium in Deutschland mit Abschlussabsicht aufnehmen, lohnt ein Blick auf den jüngsten Anfängerjahrgang, für den Zahlen vorliegen (Grafik):

Die knapp 79.000 internationalen Studenten, die 2022 mit Abschlussabsicht nach Deutschland gekommen sind, verhelfen im Laufe ihres Lebens bei mittlerer Bleibequote dem Fiskus zu einem Nettoertrag von knapp 15,5 Milliarden Euro.

So viele Milliarden Euro Nettoerträge bleiben der öffentlichen Hand nach Abzug der Studienkosten aufgrund der knapp 79.000 internationalen Studenten, die 2022 mit der Absicht, ihr Studium in Deutschland zu beenden, in die Bundesrepublik gekommen sind, über deren Lebenslauf Download: Grafik (JPG) herunterladen Grafik (EPS) herunterladen Tabelle (XLSX) herunterladen

Tatsächlich lohnt sich die Ausbildung von Studenten aus dem Ausland unter rein finanziellen Aspekten bereits wesentlich schneller. Selbst bei einer niedrigen Bleibequote, bei der von 1.000 Studienanfängern nur 300 zehn Jahre nach Studienabschluss in Deutschland bleiben und davon wiederum nur 75 langfristig, sind die Gesamtsummen der Zahlungsströme spätestens fünf Jahre nach Studienende positiv. Im mittleren Szenario ist dies bereits drei Jahre nach Studienabschluss der Fall.

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